Büro
Brüssel
Ausgabe
06/2009 02.04.2009
Themen in dieser Ausgabe: - Europäische
Patentgerichtsbarkeit -
EU-Markenschutz Verfahren und Gebühren -
Vorschläge für Rahmenbeschlüsse über die Bekämpfung von Menschenhandel und
von sexuellem Missbrauch, sexueller Ausbeutung von Kindern und
Kinderpornographie -
Schlussanträge zum europäischen Haftbefehl |
-
Abstimmung über kollektiven Rechtsschutz im EG-Wettbewerbsrecht im EP - Ombudsmann-Veranstaltung
bei der BRAK -
ECBA- Frühjahrskonferenz -
Young defenders training programme |
Wirtschaftsrecht
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Europäische
Patentgerichtsbarkeit
Die Kommission legte am 24. März 2009
eine Empfehlung an den Rat
vor für die Schaffung eines einheitlichen Patentgerichtssystems. Dieses
einheitliche Patentgerichtssystem soll durch Abschluss eines Übereinkommens
gemäß Art. 300 EGV geschaffen werden und die Gemeinschaft, die Mitgliedstaaten
und andere Vertragsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ)
einbeziehen. Die Gerichte erster Instanz sollen dezentral organisiert sein,
weiterhin soll ein Berufungsgericht eingerichtet werden. Der EuGH soll über die
von der Vorinstanz vorgelegten Vorabentscheidungsverfahren zur Auslegung des
Gemeinschaftsrechts sowie zur Gültigkeit und Auslegung von Rechtsakten der
Gemeinschaftsorgane urteilen. Gleichzeitig zu den Arbeiten an dem Gerichtssystem
soll auf Basis des Richtlinienvorschlags der Kommission aus dem Jahr 2000 an
einem Gemeinschaftspatent weitergearbeitet werden. Die Einführung eines solchen
Gemeinschaftspatents war 2003 an unüberwindbaren Differenzen bei der
Sprachenfrage und der Gerichtsbarkeit gescheitert. Die BRAK hatte in einer Stellungnahme grundsätzlich
die Initiativen zur Einführung einer europäischen Patentgerichtsbarkeit begrüßt
und dafür plädiert, dass dem Kläger die Wahl verschiedener gesetzlich
zulässiger Gerichtsstände belassen bleibt und diese nicht durch eine Entscheidung
einer zentralen Verteilungsstelle ersetzt werden sollte. Die BRAK setzt sich
weiterhin dafür ein, dass an dem vor den EU-Patentgerichten herrschendem
Anwaltszwang auch in Zukunft festgehalten wird.
Frühere
Berichte:15/2008, 19/2006, 14/2006, 2/2006, 18/2003, 5/2003
EU-Markenschutz Verfahren und
Gebühren
Ab dem 1. Mai gelten geringere Gebühren
für die Anmeldung von Marken beim EU-Markenamt (Harmonisierungsamt für den
Binnenmarkt HABM). Zukünftig fällt für Unternehmen nur noch die Anmeldegebühr
an, die Eintragungsgebühr entfällt. Nach Auskunft der Europäischen Kommission
wird die Anmeldegebühr 1050 EUR, bei
Internet-Anmeldungen 900 EUR betragen. Die individuelle Gebühr für internationale
Markenanmeldungen und -eintragungen, bei denen die Europäische Gemeinschaft
gemäß dem Madrider Protokoll benannt werden soll, wird auf 870 EUR gesenkt.
Mehr Informationen unter http://oami.europa.eu.
Strafrecht
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Vorschläge
für Rahmenbeschlüsse über die Bekämpfung von Menschenhandel und von sexuellem
Missbrauch, sexueller Ausbeutung von Kindern und Kinderpornographie
Am 25.03.2009 legte die Kommission zwei
Vorschläge für Rahmenbeschlüsse des Rates zur verstärkten Bekämpfung von
Menschenhandel, sexuellem Missbrauch und sexueller Ausbeutung von Kindern und
Kinderpornografie vor.
Der Vorschlag für einen Rahmenbeschluss
zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz der Opfer (KOM(2009) 136), der den
Rahmenbeschluss 2002/629 JI ersetzen
soll, enthält neben den Regelungen des materiellen Strafrechts auch Regelungen
zur gerichtlichen Zuständigkeit und Koordinierung der Strafverfolgung.
Sanktionen gegen Opfer sollen nicht verhängt werden. Zur Strafverfolgung sollen
zudem auch Maßnahmen wie das Abhören von Telefonen, elektronische Überwachung
oder Finanzermittlungen gegen den Beschuldigen zulässig sein. Verbesserungen
sollen auch beim Opferschutz vorgenommen werden, z.B. durch Maßnahmen zur
Vermeidung von Sekundärviktimisierung, Zeugenschutz oder Zugang zu unentgeltlicher
Rechtsberatung und vertretung, Entschädigung sowie durch Unterstützung der
Opfer durch medizinische Hilfe, umfassende Übersetzungsleistungen oder sichere
Unterbringung. Besonderer Schutz soll Kindern zuteil werden. Schließlich sind
Präventionsmaßnahmen und die Kontrolle durch nationale Berichterstatter
vorgesehen.
Der Vorschlag für einen Rahmenbeschluss
über die Bekämpfung des sexuellen
Missbrauchs, sexueller Ausbeutung von Kindern und Kinderpornografie (KOM (2009) 135), der den
Rahmenbeschluss 2004/68/JI ersetzen
soll, trifft insbesondere folgende Regelungen: Im materiellen Teil sollen
mittels Informationstechnologien begangene Straftaten wie z.B. der bewusste
Zugriff auf Kinderpornografie, auch ohne diese herunterzuladen oder auf der
eigenen Festplatte zu speichern oder das sog. Grooming (Kontaktaufnahme zu
Kindern zum Zwecke des sexuellen Missbrauchs), und besonders schwere Fälle des
Kindesmissbrauchs, für die eine Höchststrafe von mindestens zehn Jahren
Freiheitsstrafe vorgesehen sein soll, unter Strafe gestellt werden. Ferner
sollen die Strafermittlung und Anklageerhebung erleichtert werden und auch im
Ausland begangene Taten verfolgbar seien. Im Bereich des Opferschutzes sieht
der Vorschlag insbesondere spezielle Regelungen für die Befragung der
kindlichen Opfer vor. Bei der Prävention sind vor allem die Beschränkung des
Zugangs zu Internetseiten kinderpornografischen Inhalts sowie die Maßnahmen zur
Verhinderung von Wiederholungstaten hervorzuheben.
Schlussanträge
zum europäischen Haftbefehl
In der EuGH-Rechtssache
C-128/08 zum europäischen Haftbefehl stellte der Generalanwalt Bot am
24.03.2009 seine Schlussanträge. Die Vorlagefragen befassten sich insbesondere mit dem
Begriff des Aufenthalts im Sinne des Art. 4 Nr. 6 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates über den
europäischen Haftbefehl im Hinblick auf die zeitliche Dauer. Die
Vollstreckungsbehörde kann dann die Vollstreckung eines europäischen
Haftbefehls ablehnen, wenn die gesuchte Person im Vollstreckungsmitgliedstaat
ihren Wohnsitz hat oder sich dort aufhält und dieser Staat sich verpflichtet,
die Strafe nach innerstaatlichem Recht zu vollstrecken. Der Aufenthalt sei
dabei nach objektiven Kriterien zu ermitteln. Eine längere Dauer des
Aufenthalts sei ausreichend, um zu belegen, dass die gesuchte Person zu diesem
Staat Bindungen hinreichender Festigkeit entwickelt habe, die eine
Strafvollstreckung in diesem Mitgliedstaat in Hinblick auf die Resozialisierung
als sinnvoll erscheinen lassen. Der in Art. 4 Nr. 6 des Rahmenbeschlusses
vorgesehene Ablehnungsgrund solle nicht von weiteren verwaltungsrechtlichen
Bedingungen wie z.B. einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung abhängig
gemacht werden. Die Regelung einer zwingenden Ablehnung der Übergabe eigener Staatsangehöriger
im Gegensatz zu einer Kann-Ablehnung anderer Staatsangehöriger mit einer
unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung durch einen Mitgliedstaat stehe zudem Art.
12 EG (Nichtdiskriminierung) in Verbindung mit Art. 4 Nr. 6 des
Rahmenbeschlusses 2002/584/JI entgegen.
Frühere Berichte: 05/2008, 14/2008
Wettbewerb
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Abstimmung
über kollektiven Rechtsschutz im EG-Wettbewerbsrecht im EP
In seiner Sitzung am 26. März 2009 hat
das Europäische Parlament das Weißbuch über
Schadensersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts angenommen. Das
EP begrüßt das Weißbuch, da die Opfer von Verstößen gegen das
EG-Wettbewerbsrecht einen Anspruch auf Entschädigung des erlittenen Schaden
haben müssten. Die in dem Weißbuch angesprochenen Hindernisse für wirksame
Rechtsbehelfe würden jedoch nicht nur im Wettbewerbsrecht auftreten, sondern
auch in Bereichen wie der Produkthaftung und bei anderen verbraucherbezogenen
Klagen. Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene dürften nicht zu einer willkürlichen
oder unnötigen Zersplitterung der einzelstaatlichen Prozessrechtsbestimmungen
führen, sodass deshalb sorgfältig geprüft werden sollte, ob ein horizontaler
und integrierter Ansatz gewählt werden sollte. Damit spricht das EP das
vorliegende Grünbuch an, das sich mit dem kollektiven Rechtsschutz für
Verbraucher befasst. Das EP spricht sich gegen Elemente aus, die eine
Klageindustrie fördern könnten. So sei eine ein für allemal geltende Regelung
für Beklagte wünschenswert, um Unsicherheiten und überzogene wirtschaftliche
Auswirkungen zu vermeiden. Zur Vermeidung missbräuchlicher Klagen solle die
Klagebefugnis für Verbandsklagen in den Mitgliedstaaten staatlichen Stellen wie
dem Bürgerbeauftragen oder qualifizierten Einrichtungen wie den
Verbraucherschutzverbänden eingeräumt werden. Weiterhin spricht sich das EP
gegen die Einführung von Strafschadensersatz aus. Es dürfe nur der tatsächlich
erlittene Schaden ausgeglichen werden. Die BRAK hatte 2008 zu
dem Weißbuch Stellung genommen. Sie teilt die Bedenken des EP.
Frühere Berichte: 20/2008, 16/2008, 10/2008,
Sonstiges
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Ombudsmann-Veranstaltung
bei der BRAK
Am 24. März 2009 fand aufgrund der
großen Nachfrage zum zweiten Mal eine Vortragsveranstaltung der BRAK in
Zusammenarbeit mit dem gemeinsamen Büro der Law Societies of England, Scotland
and Wales zu der Tätigkeit des Europäischen Ombudsmann statt. Den rund 60
Teilnehmern, meist in Brüssel praktizierende Rechtsanwälte, wurde anhand von
konkreten Fällen ein Überblick über die
Aufgaben und Kompetenzen des Europäischen Ombudsmanns gegeben.
ECBA-
Frühjahrskonferenz
Am 24./25. April 2009 hält die European
Criminal Bar Association (ECBA) ihre Frühjahrskonferenz in Madrid ab. Thema in
diesem Jahr sind die Zuständigkeiten im europäischen Strafverfahren und der
europäische Haftbefehl. Anmeldung und weitere Informationen unter: http://www.ecba.org/extdocserv/conferences/madrid2009/MADRIDPROGRdraftMarch09.pdf
Young
defenders training programme
Die
NGO Fair Trials International (FTI) veranstaltet vom 22. bis zum 26. Juni 2009
in Nottingham eine kostenlose anwaltliche Schulung für den menschenrechtlichen
und strafrechtlichen Tätigkeitsbereich. Anmeldefrist ist der 10. April 2009.
Nähere Informationen und die Anmeldung finden Sie unter www.fairtrials.net
Impressum Bundesrechtsanwaltskammer, Büro
Brüssel, Avenue des Nerviens 85, bte 9, B-1040 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86
46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.eu Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher,
RAin Anabel von Preuschen, RAin Tanja Ortel und Natalie Barth |
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