Büro Brüssel

Ausgabe 07/2009                                                                                                                16.04.2009

Themen in dieser Ausgabe:

Zivilrecht

- Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr

- Grünbuch zur Transparenz des Schuldnervermögens

 

Strafrecht

- Entschließung des EP über Überwachungsmaßnahmen als Alternative zur Untersuchungshaft

- Informationsaustausch Strafregister, Europäisches Strafregisterinformationssystem (ECRIS)

- Ergebnisse des Justiz- und Innenministerrats

 

Wettbewerb

- Vertragsverletzungsverfahren wegen Vergabe von öffentlichen Aufträgen an juris GmbH

 

Personalia

- Neuer Leiter der Kommissionsvertretung in Berlin

 

Sonstiges

- tellBarroso

- Seminar der China-EU School of Law „Foreign Investments in China – Secrets of a Boom“

 

 


 

Zivilrecht

 

Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr

Die Kommission hat einen Vorschlag für eine Neufassung der Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (Richtlinie 2000/35/EG) vorgelegt. Der Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen sowie zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen sei nach wie vor ein allgemeines Problem. In verschiedenen Mitgliedstaaten seien die vertraglichen Zahlungsfristen bei Geschäften mit öffentlichen Verwaltungen ungerechtfertigt lang. Außerdem erhöben viele Unternehmen keine Verzugszinsen, obwohl sie dazu berechtigt seien, da der finanzielle Nutzen nicht die Kosten der Maßnahmen gegen Zahlungsverzug aufwiege. Die Grundkonzeption der Richtlinie aus dem Jahr 2000 sei stimmig Die Bestimmungen der Ausgangsrichtlinie über ihren Anwendungsbereich, über Verzugszinsen, über den Eigentumsvorbehalt sowie über das Beitreibungsverfahren für unbestrittene Forderungen bleiben in dem Vorschlag für eine Überarbeitung deshalb im Wesentlichen unberührt. Gleichzeitig müssten zusätzliche Instrument eingeführt werden, um die Zahl der Zahlungsverzüge im Geschäftsverkehr zu verringern, um die Zahlungsfristen für Behörden abzukürzen und um die Anreize für eine rechtzeitige Bezahlung durch öffentliche Verwaltungen deutlich zu vergrößern. Die Frist für die Zahlungen von öffentlichen Stellen an Unternehmen wird angeglichen. Weiterhin ist die Einführung einer pauschalen Entschädigung von 5 % des Rechnungsbetrags geplant, die zusätzlich zu den Verzugszinsen und der Entschädigung für die Beitreibungskosten ab dem ersten Tag des Verzugs zu zahlen sind. Weiterhin wird die Möglichkeit abgeschafft, auf Zinszahlungen von weniger als 5 EUR zu verzichten. Gläubiger sollen ferner im Falle von Zahlungsverzug einen Rechtsanspruch darauf haben, je nach Höhe des verspätet gezahlten Betrags eine Entschädigung für interne Beitreibungskosten zu erhalten.

 

Grünbuch zur Transparenz des Schuldnervermögens

Der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments (JURI) hat am 31. März 2009 den Bericht von Neena Gill zu dem Grünbuch über die effiziente Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in der Europäischen Union: Transparenz des Schuldnervermögens, angenommen. Das Grünbuch zielt darauf ab, Schwierigkeiten bei der Schuldeneintreibung in anderen Mitgliedstaaten, die auf unterschiedlichen nationalen Regelungen und Unkenntnis über die Informationsstruktur in anderen Mitgliedstaaten beruhen, zu beseitigen. Der Ausschuss spricht sich gegen einen willkürlichen Zugang zu Registerdaten ohne Einhaltung von Datenschutz- und Vertraulichkeitsregelungen aus. Die Kommission wird aufgefordert, das Thema vorrangig zu behandeln und eine Durchführbarkeitsstudie möglicher Instrumente durchzuführen. Auch die BRAK hatte in ihrer Stellungnahme dafür plädiert, dass Informationen unter Berücksichtigung des Datenschutzes des Schuldners nur in verhältnismäßigem Umfang erhoben werden dürfen. Das Plenum wird sich am 24. April 2009 mit dem Grünbuch befassen.

 

Frühere Berichte: 20/2008, 5/2008

 

Strafrecht

 

Entschließung des EP über Überwachungsmaßnahmen als Alternative zur Untersuchungshaft

Das Europäische Parlament nahm am 02.04.09 eine Legislative Entschließung über den Entwurf des Rates über die Anwendung – zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union – des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Entscheidungen über Überwachungsmaßnahmen als Alternative zur Untersuchungshaft an. Die darin vorgeschlagenen Änderungen zielen insgesamt auf eine Stärkung der Verfahrensrechte des Beschuldigten, z. B. durch Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die persönliche Freiheit tangierende Maßnahmen nur von Justizbehörden vornehmen zu lassen, oder durch die Einführung von Mindestnormen für Verfahrensgarantien wie die Übersetzung von Überwachungsentscheidungen. Art. 14  des Rahmenbeschlussentwurfs soll gänzlich gestrichen werden. Die Norm enthält einen Katalog besonders schwerwiegender Straftaten. Aus dem Wortlaut des Art. 14 Abs. 1 ließe sich ableiten, dass nicht in diesem Katalog aufgelistete Tatvorwürfe stets in Anordnungs- und Vollstreckungsstaat strafbedroht sein müssten, um Überwachungsmaßnahmen überhaupt anwenden zu dürfen. Da gegen Beschuldigte, die ansonsten wahrscheinlich in Untersuchungshaft genommen würden, die am wenigsten einschneidende Maßnahme ergriffen werden solle, laufe es dem Sinn des Entwurfs zuwider, die Anerkennung und Vollstreckung der Entscheidung über Überwachungsmaßnahmen von einer beiderseitigen Strafbarkeit abhängig zu machen.

 

Frühere Berichte: 21/08

 

Informationsaustausch Strafregister, Europäisches Strafregisterinformationssystem (ECRIS)

Der Rahmenbeschluss 2009/315/JI des Rates vom 26.02.2009 über die Durchführung und den Inhalt des Austausches von Informationen aus dem Strafregister zwischen den Mitgliedstaaten und den Beschluss 2009/316/JI des Rates zur Einrichtung des Europäischen Strafregisterinformationssystems (ECRIS) gemäß Art. 11 desselben Rahmenbeschlusses wurden am 07.04.2009 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Der Rahmenbeschluss regelt die Übermittlung von Informationen aus dem Strafregister über strafrechtliche Verurteilungen und persönlichen Daten an andere Mitgliedstaaten. Er tritt am 27.04.2009 in Kraft und ist von den Mitgliedstaaten bis zum 27.04.2012 umzusetzen. Auf der Grundlage von Art. 11 des Rahmenbeschlusses beschloss der Rat die Einrichtung des Europäischen Strafregisterinformationssystems ECRIS. ECRIS ist ein dezentrales Informationstechnologiesystem, das auf den Strafregisterdatenbanken der einzelnen Mitgliedstaaten beruht. Ein direkter Online-Zugriff eines Mitgliedstaates auf die Strafregisterdatenbanken eines anderen soll nicht erfolgen. Gespeichert werden sollen, teilweise mit speziellen Codes, insbesondere Name, Geburtsdatum –und ort, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Identitätsnummer und Fingerabdrücke des Verurteilten, Datum des Urteils und der Rechtskraft, das Aktenzeichen, das erkennende Gericht,  der verwirklichte Straftatbestand, der Grad der Tatbestandsverwirklichung, Ort der Tatbegehung und die verhängte Sanktion. Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um dem Beschluss bis zum 07.04.2012 nachzukommen.

 

Frühere Berichte: 19/08, 18/08, 12/08, 12/07, 11/06, 01/06, 23/05, 07/05, 04/05, 03/05, 23/04, 21/04, 20/04

 

Ergebnisse des Justiz- und Innenministerrats

Am 06.04.09 traf sich der Rat der Justiz- und Innenminister zu seiner 2936. Sitzung in Luxemburg. Dabei erörterten die Minister in einer ersten Aussprache insbesondere die Vorschläge der Kommission für zwei Rahmenbeschlüsse zum Menschenhandel und zur Kinderpornografie. Ohne Aussprache nahm der Rat die Entscheidung an, die Europäische Polizeibehörde Europol 2010 in eine EU-Agentur, die direkt aus dem EU-Haushalt finanziert wird, umzuwandeln. In der Diskussion über den Rahmenbeschlussentwurf über die Vermeidung und Beilegung von Kompetenzkonflikten in Strafverfahren hat der Rat eine allgemeine Ausrichtung festgelegt, die dem Europäischen Parlament zur Stellungnahme unterbreitet werden soll.

 

Wettbewerb

 

Vertragsverletzungsverfahren wegen Vergabe von öffentlichen Aufträgen an juris GmbH

Die Kommission hat am 14. April 2009 beschlossen, eine förmliche Aufforderung an Deutschland zu richten wegen der Vergabe von öffentlichen Aufträgen über Rechtsinformationsdienste. In Kritik steht die Kooperationsvereinbarung der Bundesregierung mit der juris GmbH, die in Deutschland der führende Anbieter von Rechtsinformationsdiensten ist. Anlässlich der Teilprivatisierung im Jahr 2001 wurde die bereits bestehende Kooperationsvereinbarung überarbeitet, auch hinsichtlich der Vergütungsbestimmungen. Nach Ansicht der Kommission ist diese Überarbeitung als neuer Auftrag zu werten, der nach Richtlinie 92/50/EWG über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen hätte ausgeschrieben werden müssen. Das Vergabeverfahren sei einseitig zugunsten der juris GmbH ausgerichtet gewesen. Die Bundesregierung argumentiert, die Dienste der juris GmbH hätten sich bei einer „wettbewerbsorientierten Marktuntersuchung“ als ideal für die Bedürfnisse der Justizbehörden herausgestellt. Da ohnehin nur die juris GmbH als Dienstleister in Frage gekommen sei, sei es gerechtfertigt gewesen, den Auftrag ohne vorherige Veröffentlichung einer Ausschreibung zu vergeben. Die Bundesregierung hat nun zwei Monate Zeit, um auf die Stellungnahme der Kommission zu antworten. Die Kommission kann bei nicht zufriedenstellender Antwort dann Klage vor dem EuGH erheben.

 

Personalia

 

Neuer Leiter der Kommissionsvertretung in Berlin

Ab 01. Mai 2009 wird Matthias Petschke das Vertretungsbüro der Europäischen Kommission in Berlin leiten. Petschke ist seit 1995 bei der Kommission tätig, seit 2004 ist er Referatsleiter in der Direktion Vergabe­wesen der Generaldirektion Binnenmarkt und Dienstleistungen.

 

Sonstiges

 

tellBarroso

In dem Bestreben, die Politik der EU bürgerfreundlicher zu gestalten, wurde eine Internetumfrage eingerichtet, in der EU-Bürger erläutern können, welche Themen für sie von Bedeutung sind und welche Prioritäten die europäischen Institutionen bei ihren Gesetzgebungsvorhaben setzen sollten. Mehr Informationen unter http://www.tellbarroso.eu/de/.  

 

Seminar der China-EU School of Law „Foreign Investments in China – Secrets of a Boom“

Die im Oktober vergangenen Jahres in Beijing neu gegründete „China-EU School of Law“ (CESL) veranstaltet vom 21. bis zum 23. Mai 2009 in Budapest ein Seminar zum Thema „Foreign Investments in China – Secrets of a Boom“ unter der Leitung von Prof. Dr. Stefan Messmann (Universität Budapest) und Dr. Knut B. Pissler (MPI für IPR, Hamburg). Das Seminar gibt einen grundlegenden Überblick zu Rechtsfragen ausländischer Investitionen in China. Die Themen der einzelnen Vorträge reichen von einer Einführung in das chinesische Recht über Kartellpolitik bis hin zu chinesischem Arbeitsrecht. Weitere Informationen zur CESL erhalten Sie unter www.cesl-beijing.eu, Anmeldung zum Seminar per E-Mail an: messmann@ceu.hu oder pissler@mpipriv.de.

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue des Nerviens 85, bte 9, B-1040 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.eu

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Anabel von Preuschen, RAin Tanja Ortel und Natalie Barth

© Bundesrechtsanwaltskammer

 

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