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Themen in dieser Ausgabe: Zivilrecht Freie
Wählbarkeit
des Scheidungsgerichts bei gemeinsamer doppelter EU-Staatsangehörigkeit Strafrecht Fahrplan
zu den Beschuldigtenrechten Verbraucherrecht Klassifizierungssystem
für Verbraucherbeschwerden Institutionen Personalia
im Europäischen
Parlament Lissabon-Vertrag Urteil
des Bundesverfassungsgerichts Sonstiges Seminar Introduction to Legal
Practice in China Symposium
Der Patentverletzungsprozess in Japan und Deutschland In eigener Sache Nachrichten aus Brüssel-Sommerpause |
Zivilrecht
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Freie
Wählbarkeit des
Scheidungsgerichts bei gemeinsamer doppelter EU-Staatsangehörigkeit
Der EuGH hat am 16. Juli 2009 entschieden,
dass Ehegatten, die eine gemeinsame doppelte Staatsangehörigkeit in der Europäischen Union besitzen, nach Verordnung
(EG) Nr. 2201/2003 frei darüber entscheiden können, in welchem der betroffenen
Mitgliedstaaten sie die Ehescheidung beantragen wollen. Dem Urteil lag ein
Vorabentscheidungsverfahren des Cour de Cassation in Paris zugrunde. Zwei
ungarische Staatsangehörige hatten in Ungarn die Ehe geschlossen und waren 1980
nach Frankreich ausgewandert. Seit 1985 besitzen beide Ehegatten neben der
ungarischen Staatsangehörigkeit auch nach die französische. 2002 erhob der Ehemann
Klage auf Ehescheidung bei Gericht in Pest in Ungarn. Ein Jahr später legte die
Ehefrau Klage auf Ehescheidung in Meaux
ein. Kurz nach Beitritt Ungarns zur EU wurde die Ehe in Pest durch Urteil
geschieden. Das französische Gericht erklärte daraufhin die Klage der Ehefrau
für unzulässig. Die Ehefrau legte hiergegen Rechtsmittel ein. Der Cour dapell
de Paris kam zu dem Ergebnis, dass das ungarische Urteil in Frankreich nicht
anerkannt werden könne, da die Zuständigkeit des Gerichts am in Frankreich
belegenen ehelichen Wohnsitz vergleichsweise «besonderes Gewicht» habe, die
Zuständigkeit des ungarischen Gerichts jedoch in Wirklichkeit auf sehr
schwachen Füßen stehe. Der Ehemann legte hiergegen Kassationsbeschwerde ein.
Der EuGH entschied nun, dass die Ehegatten selbst entscheiden können, bei
welchem Gericht sie die Klage einreichen. Gegen die Zuständigkeit eines
Gerichts eines der Mitgliedstaaten könne nicht eingewandt werden, der
Antragsteller habe keine Berührungspunkte mit dem Mitgliedstaat. Die Verordnung
unterscheide hinsichtlich des Zuständigkeitskriteriums nicht danach, ob ein Ehegatte eine oder
mehrere Staatsangehörigkeiten habe. Mehrfache Zuständigkeiten im Bereich der
Ehescheidung seien durch die Verordnung nicht ausgeschlossen sondern
ausdrücklich vorgesehen. Der EuGH entscheid weiterhin, dass in dem Fall, dass
beide Ehegatten die Staatsangehörigkeit derselben zwei Mitgliedstaaten
besitzen, Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung
Nr. 2201/2003 der Ablehnung der Zuständigkeit der Gerichte eines dieser
Mitgliedstaaten mit der Begründung, dass der Antragsteller keine weiteren
Berührungspunkte mit diesem Staat habe, entgegensteht. Die Gerichte der
Mitgliedstaaten, deren Staatsangehörigkeit die Ehegatten besitzen, seien
vielmehr nach dieser Bestimmung zuständig, und den Ehegatten stehe die Wahl des
Gerichts des Mitgliedstaats, das mit dem Rechtsstreit befasst werden soll,
frei.
Fahrplan zu den Beschuldigtenrechten
Am
01.07.2009 veröffentlichte der Vorsitz des Rates einen Vermerk
zum Fahrplan zur Förderung des Schutzes von Verdächtigen und Beschuldigten im
Rahmen von Strafverfahren. Darin stellt er fest, dass die Auslegung der
EMRK durch den EuGH zwar eine wichtige Grundlage für gegenseitiges Vertrauen in
den Mitgliedstaaten sei, der Schutz der Beschuldigten in Strafverfahren jedoch
durch Festschreibung von Verfahrensgarantien noch verbessert werden könne. Er
schlägt daher vor, die Kommission zu ersuchen, zu den folgenden Verfahrensrechten
Vorschläge zu Maßnahmen in der festgeschriebenen Reihenfolge zu unterbreiten:
Übersetzung und Dolmetschung, Belehrung über Rechte und Unterrichtung über die
Beschuldigung, Prozesskostenhilfe und Rechtsbeistand, Kommunikation mit
Verwandten, Arbeitgebern und Konsularbehörden, besondere Garantien für
schutzbedürftige Personen und schließlich ein Grünbuch über das Recht auf
Überprüfung der Haftgründe. Die BRAK hatte schon frühzeitig das Scheitern der
Bemühungen um die Einführung von Mindestverfahrensgarantien kritisiert und an
alle Beteiligten appelliert,
den Prozess fortzusetzen.
Frühere
Berichte: 11/2006,
7/2006,
5/2006,
1/2006,
8/2009
und 9/2009.
Klassifizierungssystem für
Verbraucherbeschwerden
Die
Kommission hat am 7. Juli 2009 einen Vorschlag
für eine EU-weit einheitliche Klassifizierungsmethode von Verbraucherbeschwerden
vorgelegt, verbunden mit einer Konsultation
bis 5. Oktober 2009. Ziel des Vorschlags ist es, dass die rund 700 nationalen
Beschwerdestellen in Europa eingehende Beschwerden nach einem einheitlichen
Kriterienkatalog einstufen und die Daten an die Kommission weiterleiten. So
könnten nicht nur die nationalen Marktüberwachungsstellen schneller und
effektiver auf Marktstörungen reagieren. Nach entsprechender Analyse gäben die
Daten auch Aufschluss über die Leistung verschiedener Branchen und nationaler
Märkte geben. Über das Verbraucherbarometer
würde die Kommission ihrerseits die Daten allgemein zugänglich machen. Die
Anwendung des Klassifizierungssystems und die Übermittlung der Daten an die
Kommission soll auf freiwilliger Basis erfolgen.
Frühere
Berichte: 2/2009,
5/2004,
20/2004,
23/2004,
17/2005,
18/2005,
1/2006,
6/2006,
11/2006,
17/2006,
3/2007,
6/2007,
9/2007,
11/2007,
21/2007,
3/2008,
7/2008,
10/2008,
21/2008
Personalia im Europäischen Parlament
Nach
den Wahlen im Juni 2009 hat sich das Europäische Parlament im Juli
neukonstitutiert. Die Fraktionsvorsitzenden in der kommenden Legislaturperiode
sind: Joseph Daul (EVP), Martin Schulz (Sozialisten & Demokraten), Guy
Verhofstadt (ALDE), Rebecca Harms und Daniel Cohn-Bendit (Die Grünen/Freie
Europäische Allianz), Michael Kamiński (Europäische Konservative und
Reformisten), Lothar Bisky (Vereinigte Europäische Linke/Nordische Grüne
Linke), Nigel Farrage und Enrico Speroni (Europa der Freiheit und der
Demokratie). Zum Präsidenten des EP wurde der ehemalige Premierminister Polens
Jerzy Buzek gewählt. In der ersten Plenarsitzung des neuen Parlaments am 16.
Juli 2009 wurden die Ausschüsse neu besetzt. Neuer Vorsitzender des
Rechtsausschusses ist MdEP Klaus-Heiner Lehne.
Urteil des Bundesverfassungsgerichts
Am
30. Juni 2009 hat das BVerfG entschieden, dass das deutsche Zustimmungsgesetz
zum Vertrag von Lissabon (BT-Drs.16/8300) und das Gesetz zur Änderung des
Grundgesetzes (BT-Drs.16/8488) mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Das Gesetz
über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates
in Angelegenheiten der Europäischen Union (16/8489) verstößt nach dem Urteil
jedoch insoweit gegen Art. 38 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 23 Abs. 1 GG, als
Bundestag und Bundesrat im Rahmen von europäischen Rechtssetzungs- und
Vertragsänderungsverfahren keine hinreichenden Beteiligungsrechte eingeräumt
wurden. Das BVerfG hob hervor, wie erforderlich bei wachsenden Kompetenzen und
einer weiteren Verselbständigung der Unionsorgane Sicherungen seien, um das
tragende Prinzip der begrenzten und von den Mitgliedstaaten kontrollierten
Einzelermächtigung zu wahren. Auch seien eigene für die Entfaltung der
demokratischen Willensbildung wesentliche Gestaltungsräume der Mitgliedstaaten
bei fortschreitender Integration zu erhalten. Das Gericht betonte in seiner
Urteil weiterhin ausdrücklich seine Wächterrolle. An einer Neufassung des vom
BverfG beanstandeten Gesetzes wird bereits gearbeitet. Der Bundestag wird seine
Sommerpause unterbrechen und am 26. August für die erste Lesung zusammenkommen.
Frühere Berichte: 3/2009,
20/2007,
22/2007,
03/2008,
4/2008,
8/2008
Seminar Introduction to Legal
Practice in China
Die China-EU School of Law
und das Centre of Advanced Studies on Contemporary China (CASCC) sind
Organisatoren eines dreitägigen Seminars,
das europäischen Rechtsanwälten eine Einführung in das chinesische Vertrags-
und Gesellschaftsrecht bietet. Das Seminar findet von 8.-10. Oktober 2009 im
CASCC in Turin statt. Vortragende sind eminente Vertreter aus Forschung und
Praxis aus China und Europa. Anmeldeschluss ist der 31. August 2009. Informationen
zum Seminar erteilt das CASCC, Frau Veronica Regis: veronica.regis@cascc.eu, Tel.: (+39)
011.6704384.
Der Patentverletzungsprozess in Japan und Deutschland
Am 23. September 2009
findet im Europäischen Patentamt in München das Internationale Symposium
"Der Patentverletzungsprozess in Japan und Deutschland" statt. Bei
dem von Deutsch-Japanischer Juristenvereinigung, Japan Intellectual Property
Association, Japan Patent Attorneys Association und International Association
for the Protection of Intellectual Property of Japan veranstalteten Symposium
werden herausragende Experten des Patentverletzungsprozesses über einzelne
Aspekte der Patentpraxis in ihren jeweiligen Ländern berichten. Weitere
Informationen entnehmen Sie bitte dem Programm und
Anmeldeformular.
Nachrichten
aus Brüssel-Sommerpause
Wegen
der Sommerpause in Brüssel erscheint die nächste Ausgabe der Nachrichten aus
Brüssel erst wieder am 3. September 2009.
Impressum Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel,
Avenue des Nerviens 85, bte 9, B-1040 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax:
0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.eu Redaktion und
Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Anabel von Preuschen, RAin Tanja
Ortel und Natalie Barth © Bundesrechtsanwaltskammer |
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