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Themen in dieser Ausgabe: Zivilrecht Digitalisierung
von Büchern Konsultation der Kommission Rechtsschutzversicherungen EuGH
bestätigt freie Anwaltswahl Institutionen Europäisches
Parlament bestätigt Barroso in seinem Amt Lissabon-Vertrag Begleitgesetze
passieren den Bundestag Sonstiges Europäische Konferenz der BRAK |
Zivilrecht
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Digitalisierung
von Büchern Konsultation der Kommission
Vor
dem Hintergrund des in den USA erzielten Vergleichs zur Volltextsuche von
Büchern in Google (Google Book-Search Settlement) trafen sich Anfang
September EU-Kommissarin für Informationsgesellschaft und Medien Viviane Reding
und Charlie McCreevy, Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, mit Vertretern
von Rechteinhabern, Bibliotheken, IT-Unternehmen und Verbraucherorganisationen,
um über die Digitalisierung von Büchern zu diskutieren. Die Kommissare betonten
in einer gemeinsamen Erklärung die bedeutenden kulturellen und wirtschaftlichen
Interessen, die bei der Digitalisierung von Büchern betroffen seien. Bisher sei nur 1%
aller Bücher in Europas Nationalbibliotheken digitalisiert. Es sei bei einer
Digitalisierung unbedingt erforderlich, dass das Urheberrecht uneingeschränkt
beachtet werde, damit die gerechte Vergütung der Autoren gesichert sei. In der
EU seien die Vorschriften zum Urheberrecht noch sehr uneinheitlich. Diese
müssten dem digitalen Zeitalter entsprechend angepasst gelten, vor allem die
Regelungen zu verwaisten und vergriffenen Werken. Die Kommissare stellten die Frage, welchen Beitrag
die europäische digitale Bibiliothek
Europeana leisten könnte bei einer
europäischen Reaktion auf Digitalisierungsbestrebungen auf anderen Kontinenten.
Zu
diesem Zweck hat die Kommission eine Konsultation gestartet. Bis zum 15.
November können Stellungnahmen abgegeben werden zu der zukünftigen Entwicklung
von Europeana. Ein Teil der Fragen bezieht sich auf die Inhalte der Bibliothek.
Gefragt wird z.B., welche Maßnahmen
ergriffen werden sollten, um zu verhindern, dass durch den
Digitalisierungsprozess selbst neue Arten sui generis von Urheberrecht
entstehen, die wiederum zu Hindernissen bei der Verbreitung von digitalisiertem
gemeinfreien Material führen würden;
ob es Mindestkriterien geben sollte;
welche Ansätze es gebe für eine pragmatische Lösung der unterschiedlichen
Voraussetzungen für Digitalisierung und Zugänglichmachung von Werken in Europa
und den USA. Weitere Fragen betreffen die Finanzierung und Verwaltungsstruktur von
Europeana, z.B. eine private Beteiligung an der digitalen Bibliothek. Die Konsultation kann hier
abgerufen werden.
EuGH bestätigt freie Anwaltswahl
Der
EuGH hat am 10. September entschieden (C-199/08),
dass sich ein Rechtsschutzversicherer in dem Fall, dass eine größere Anzahl von
Versicherungsnehmern durch dasselbe Ereignis geschädigt ist, nicht das Recht
vorbehalten kann, selbst den Rechtsvertreter aller betroffenen
Versicherungsnehmer auszuwählen. Dem Urteil lag ein Vorabentscheidungsverfahren
in einem Rechtsstreit zwischen einem österreichischen Staatsangehörigen und der
UNIQA Sachversicherung AG zu Grunde. Der Versicherungsnehmer hatte nach der
Insolvenz eines Wertpapierdienstleisters, durch die auch weitere
Versicherungsnehmer der UNIQA geschädigt wurden, einen Rechtsanwalt mit seiner
Vertretung im Konkursverfahren gegen den Wertpapierdienstleister beauftragt.
Unter Berufung auf die vereinbarten Allgemeinen Bedingungen für
Rechtsschutzversicherer lehnte die UNIQA eine Kostenübernahme ab. Diese sahen
vor, dass in Fällen von Sammelklagen oder Musterprozessen die Versicherung
einen Rechtsvertreter bestimmen kann. Der Versicherungsnehmer wandte dagegen
ein, dass eine solche Klausel nicht mit der Richtlinie
87/344/EWG des Rates vom 22. Juni 1987 zur Koordination der Rechts- und
Verwaltungsvorschriften für die Rechtsschutzversicherungen vereinbar und
deswegen unwirksam sei. Art. 4 Abs. 1 Buchst a der Richtlinie habe allgemeine
Bedeutung und sehe unabhängig von der Vermeidung oder Behebung von
Interessenkollisionen eine besondere Garantie für die Rechtsschutzversicherten
vor. UNIQUA und die Europäische Kommission vertraten die Auffassung, dass nach
der Richtlinie der Versicherungsnehmer nur in den Fällen einer Interessenkollision
das Recht habe, sich seinen Anwalt frei zu wählen. Gegen diese Auffassung
sprechen jedoch nach Ansicht des EuGH vor allem systematische Überlegungen.
Viele Vorgaben der Richtlinie würden, wenn man dieser Ansicht folgte,
bedeutungslos werden. Zudem solle durch die Richtlinie ein umfassender Schutz
des Versicherungsnehmers gewährleistet werden.
Europäisches Parlament bestätigt
Barroso in seinem Amt
Am
16. September wurde der amtierende Kommissionspräsident José Manuel Barroso vom
Europäischen Parlament für eine zweite Amtszeit bestätigt. Er erhielt 382
Stimmen. 219 Abgeordnete stimmten gegen Barroso und 117 enthielten sich ihrer
Stimme. Barrosos Wiederwahl galt nicht als sicher.
Am 3. September hatte er seine
politischen Leitlinien für eine mögliche nächste Amtszeit vorgestellt. Er erklärte die Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise
zum wichtigsten Ziel der kommenden fünf Jahre. Er setze auf eine europaweit
koordinierte Wirtschaftsstrategie. Wichtige Instrumente dabei seien eine
verstärkte Regulierung der Finanzmärkte, eine moderne, soziale
Beschäftigungspolitik sowie der Ausbau der europäischen Vorreiterrolle
in Sachen Klimaschutz. Er betonte dabei auch die weiter zunehmende Bedeutung
des Internets sowie die Notwendigkeit der Entwicklung neuer Technologien. Im Rahmen
der Außenpolitik sei es, so Barroso, wichtig, dass Europa künftig mit einer
Stimme spreche und in Zusammenarbeit mit anderen internationalen Organisationen
gegen Menschenrechtsverletzungen, Armut und Terrorismus vorgehe. In diesem
Zusammenhang sei es notwendig, dass der Vertrag von Lissabon ratifiziert werde.
Nur so könne Europa seiner Bedeutung in einer globalisierten Welt gerecht
werden. Die Prioritäten für Europa sollten nach Auffassung von Barroso in einer
Zehnjahresperspektive entwickelt werden, damit die Arbeit der Kommission in den
nächsten fünf Jahren besser definiert werden könne. Bereits vorhandene
Instrumente und Strategien, z.B. die Lissabon-Strategie oder das Haager bzw.
Stockholmer-Programm, müssten zusammengeführt oder überarbeitet werden, um eine
einheitliche Strategie EU 2020 entwickeln zu können. Barroso sieht die
Kommission als Motor des Projekts Europa, da nur sie über die Autorität, die
Verwaltungskapazität und und die Expertise verfüge, um Vorschläge
auszuarbeiten, die den Interesse aller Mitgliedstaaten und aller Bürger
Rechnung tragen. Regulierung und Rechtsetzung müssten daher auch in Zukunft zu
den Kernaufgaben der Kommission gehören. Er wolle jedoch auch die Partnerschaft
mit dem Europäischen Parlament auf eine höhere Stufe stellen. Hierzu schlägt er
mehrere Maßnahmen vor, z.B. jährliche Treffen der Konferenz der Präsidenten mit
dem Kommissionskollegium vor der Annahme des Legislativ- und Arbeitsprogramms
der Kommission; regelmäßige Teilnahme an einer Fragestunde im Plenum des
Europäischen Parlaments; Überprüfung sämtliche anhängiger Vorschläge zu Beginn
einer neuen Kommissionsamtszeit zwecks politischer Bestätigung oder Rücknahme
der Vorschläge unter Berücksichtigung der vom Parlament geäußerten
Auffassungen; Rechtzeitige Übermittlung aller erforderlichen Informationen über
Maßnahmen im Außenbereich, z.B. über die Aushandlung von internationalen
Übereinkommen, damit das Parlament die wichtigere Funktion wahrnehmen könne,
die ihm nach Ratifizierung des Vertrags von Lissabon obliege.
Umsetzungsgesetze passieren Bundestag
Am
8. September beschloss der Bundestag neben drei anderen Begleitgesetzen zum
Lissabon-Vertrag das Gesetz über die
Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in
Angelegenheiten der Europäischen Union mit 446 von 494 abgegebenen Stimmen.
46 Abgeordnete stimmten dagegen, zwei enthielten sich. Das zuvor verabschiedete
Begleitgesetz war am 30. Juni 2009 vom BVerfG wegen unzureichender
Mitwirkungsrechte von Bundestag und Bundesrat für verfassungswidrig erklärt
worden. Nach Auffassung des BVerfG ist das vereinfachte
Vertragsänderungsverfahren nach Art. 48 Abs. 6 EUV generell wie eine
Übertragung von Hoheitsrechten auf die EU gemäß Art. 23 Abs. 1 Sa. 2 GG zu
behandeln. Daher bedürften auch primärrechtliche Veränderungen im vereinfachten
Vertragsänderungsverfahren eines Zustimmungsgesetzes gemäß Art. 23 Abs. 1 GG.
Gleiches müsse für die verschiedenen, durch den Vertrag von Lissabon
eingeführten Bestimmungen von Vertragsänderungen gelten, z.B. nach Art. 42 Abs.
2 Unterabsatz 1 EUV Beschluss des Rates zur Einführung einer gemeinsamen
Verteidigung, sowie bei allgemeinen Brückenklauseln nach Art. 48 Abs. 7
Unterabsatz 4 EUV. Über die Anwendung einer besonderen, auf bestimmte
Sachbereiche zugeschnittene und damit in ihrem Anwendungsbereich begrenzte
Brückenklausel darf der deutsche Vertreter im Rat nur dann zustimmen, oder sich
bei der Beschlussfassung enthalten, nachdem der Bundestag hierzu einen
Beschluss gefasst hat.
Frühere
Berichte:12/2009,
3/2009,
20/2007,
22/2007,
03/2008,
4/2008,
8/2008
Europäische Konferenz der BRAK
Am
11. September 2009 fand die Europäische Konferenz der BRAK statt. Die Konferenz
ist eine Gelegenheit für die Vertreter der europäischen Anwaltsorganisationen,
über grenzüberschreitende, die Anwaltschaft betreffende Themen zu diskutieren.
Vertreter aus insgesamt 21 Nationen, darunter auch aus den USA, Russland,
Israel und Japan, diskutierten in Berlin über den Rechtsstaat Sache der
Anwaltschaft!. Neben der Frage der Rolle der Selbstverwaltung für die
Rechtsstaatlichkeit, und Berichten über die Arbeit der Anwaltschaft in der
internationalen rechtlichen Zusammenarbeit stand vor allem der Wettbewerb der
Rechtsordnungen im Vordergrund. Die BRAK engagiert sich im Rahmen des Bündnis
für das deutsche Recht mit dem Bundesministerium der Justiz und anderen Berufsorganisationen für Aufbauhilfe von
rechtsstaatlichen Strukturen in Schwellenländern und für eine Verbesserung des
Bekanntheitsgrades des deutschen Rechts. Hierzu wurde im letzten Jahr die
Broschüre Law-made
in Germany veröffentlicht. Bundesjustizministerin Zypries betonte in ihrem
Grußwort anlässlich der Konferenz, dass die Stärkung von Aufbau und Arbeit
einer unabhängigen Anwaltschaft gleichbedeutend sei mit der Stärkung der
Zivilgesellschaft und der Entwicklung eines Landes zu Rechtsstaat und
Demokratie. Als europäisches Thema hob sie die Stärkung der Beschuldigtenrechte
im Strafverfahren hervor. Ein entsprechender Rahmenbeschluss war unter der
deutschen Ratspräsidentschaft 2007 gescheitert. Zypries begrüßte, dass die
schwedische Ratspräsidentschaft das Thema wieder aufgegriffen hat.
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