|
|
|||
Themen in dieser Ausgabe: Zivilrecht Mini-Hearing zur
Neufassung der Zahlungsverzugsrichtlinie Wirtschaftsrecht Grünbuch:
Verknüpfung von Unternehmensregistern Einigung
beim Telekom-Paket Institutionen Stockholm-Programm
- Entschließungsantrag
des Europäischen Parlaments Sondergipfel
der Staats- und Regierungschefs am 19. November 2009 Sonstiges EU-US-Abkommen zur Weitergabe von
Bankdaten an amerikanische Behörden |
|
|||
Zivilrecht
|
Mini-Hearing zur Neufassung der Zahlungsverzugsrichtlinie
In seiner Sitzung am
4. November 2009 hat der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des
Europäischen Parlaments ein Mini-Hearing zur Neufassung
der seit dem 8. August 2002 geltenden Richtlinie 2000/35/EG
zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr durchgeführt. Die Grundlage für die
Anhörung und die Debatte bildete ein Arbeitspapier der
Berichterstatterin Barbara Weiler. Die Berichterstatterin sowie zahlreiche
Abgeordnete und Experten begrüßten den Vorschlag der Kommission, durch den
Wirksamkeit und Effizienz der Gegenmaßnahmen des Zahlungsverzugs erhöht werden
sollen, da hierdurch die Funktionsfähigkeit des Binnenmarktes verbessert werde
und besonders kleine und mittlere Unternehmen in den Blick genommen werden, die
von Zahlungsverzug teils existenziell betroffen sind.
Die
Berichterstatterin weist in ihrem Arbeitsdokument aber auch ausdrücklich
daraufhin, dass mangelnde Gegenmaßnahmen nur eine Ursache des Zahlungsverzugs
im Binnenmarkt darstellten. Daneben seien die Angst vor sich verschlechternden
oder gar abrechenden Geschäftsbeziehungen sowie Unkenntnis der Rechte weitere
relevante Faktoren dafür, dass Unternehmen davon absähen, Verzugszinsen bei Zahlungsverzug
geltend zu machen. Sie schlägt daher ein Paket ergänzender Maßnahmen vor, wie
Informationskampagnen, praktische Maßnahmen wie elektronische Rechnungen sowie
die Veröffentlichung von Auftraggebern mit guter und schlechter Zahlungsmoral
und die Verbreitung bewährter Praktiken. Des Weiteren plädiert die
Berichterstatterin für die Gleichbehandlung von privaten und staatlichen
Krankenhäusern hinsichtlich der Rechtsvorschriften über Zahlungsverzug.
Weiterer Diskussionsbedarf wird bezüglich der Schwellenwerte bei der
Entschädigung für Betreibungskosten, der pauschalen Entschädigung durch
öffentliche Stellen in Höhe von 5 % sowie bezüglich der unterschiedlichen
Behandlung von öffentlichen Stellen und Unternehmen gesehen.
Früherer Bericht: 7/2009
Grünbuch: Verknüpfung von Unternehmensregistern
Am 4. November 2009
hat die Europäische Kommission ein Grünbuch
zur Verknüpfung von Unternehmensregistern vorgelegt, mit dem sie eine
öffentliche Konsultation einleitet, wie die Verknüpfung der
Unternehmensregister verbessert werden könne. Als Zielsetzungen für die
Verknüpfung benennt die Kommission einen verbesserten Zugang zu verlässlichen
Informationen über Unternehmen für Gläubiger, Verbraucher und Geschäftspartner
sowie eine intensivere Zusammenarbeit der nationalen Unternehmensregister bei
grenzüberschreitenden Vorgängen wie Fusionen oder der Verlegung des
Unternehmenssitzes.
Zum 1. Januar 2007
wurden durch die Änderung
der Ersten Gesellschaftsrechtsrichtlinie 68/151/EWG
in allen Europäischen Mitgliedstaaten elektronische Unternehmensregister
eingeführt. Hintergrund der Überlegung, die nationalen Unternehmensregister
miteinander zu verknüpfen, sind die zunehmenden grenzüberschreitenden
Betätigungen von Unternehmen. Informationen für gewerbliche Zwecke oder
Rechtsschutz sind häufig nur am Ort und in der Sprache der Eintragung erhältlich.
Grenzübergreifender Informationsbeschaffung stehen sprachliche oder technische
Hürden im Weg.
Es gibt bereits jetzt freiwillige Formen der
Kooperation wie das Europäische Unternehmensregister (EBR) und die daraus
hervorgegangene Forschungsinitiative zur Förderung der
Verknüpfung der Register BRITE
(Business Register Interoperability Throughout Europe), sowie das
Binnenmarkt-Informationssystem (IMI), durch das die administrative
Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten gefördert und verbessert werden soll. Die Kommission hält diese
freiwillige Zusammenarbeit jedoch für ungenügend, da sie für die
Rechtssicherheit bei grenzübergreifenden Verfahren und für eine Erhöhung der
Transparenz im Binnenmarkt nicht ausreicht. Die freiwilligen Kooperationsformen
könnten für die nun geplante Verknüpfung der Unternehmensregister aber den
Ausgangspunkt und die Grundlage bilden.
Alle
interessierten Akteure werden aufgerufen, bis zum 31. Januar 2010 ihre
Antworten der Kommission zu übermitteln.
Einigung beim Telekom-Paket
Am 5. November 2009 haben sich der Rat und das Parlament im
Vermittlungsverfahren zum Telekom-Paket auf einen Kompromiss zur streitigen
Frage der Internetsperren bei Urheberrechtsverletzungen geeinigt. Das Parlament
hatte bisher verlangt, dass eine Beschränkung des Internetzugangs keinesfalls
ohne vorherige Entscheidung der Justizbehörden erfolgen dürfe. Der nun
gefundene Kompromiss fordert, dass die Mitgliedstaaten ein faires und
unparteiisches Verfahren garantieren und eine effektive und zeitnahe
gerichtliche Überprüfung solcher Maßnahmen stattfinden müsse. Die Forderung,
dass nur ein Richter eine Sperrung des Internetzugangs anordnen könne, wurde
damit vom Parlament aufgegeben. Der Kompromiss muss noch formell von Rat und
Parlament angenommen werden.
Der vorliegende Legislativreformvorschlag zum
Telekom-Paket bezweckt eine Anpassung des Rechtsrahmens für die elektronische
Kommunikation durch Verbesserung seiner Wirksamkeit, Verringerung der
Verwaltungsressourcen für die wirtschaftliche Regulierung
(Marktanalyseverfahren) und einen einfacheren und effizienteren Zugang zu
Funkfrequenzen. Er enthält Änderungen zur Richtlinie
2002/21/EG
über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und
dienste, der Richtlinie 2002/19/EG
über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen
Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung und der Richtlinie 2002/20/EG
über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste (siehe KOM-Vorschlag
vom 13. Novem-ber 2007 und zum Verfahrensablauf).
Stockholm-Programm
Entschließungsantrag des Europäischen Parlaments
Am 12. November 2009 haben die Ausschüsse für bürgerliche
Freiheiten, Justiz und Inneres, für Recht und für konstitutionelle Fragen des
Europaparlaments in einer gemeinsamen Sitzung über eine Entschließung zur
Mitteilung der Kommission zum Stockholm-Programm (KOM(2009)262
hierzu Gemeinsame Stellungnahme
der Bundesrechtsanwaltskammer und des Deutschen Anwaltvereins) abgestimmt (Entschließungsantrag).
Die Abgeordneten sprachen sich für eine verstärkte
Zusammenarbeit im Kampf gegen Terrorismus, organsiertes Verbrechen, illegale
Immigration, Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung aus. Auch forderten sie
eine umfassende
Strategie zur Bekämpfung der Cyberkriminalität auf EU-Ebene sowie die Prüfung,
ob ein Europäisches Gericht für Cyberkriminalität zu errichten sei, das auf
Fragen im Zusammenhang mit der Cyberkriminalität spezialisiert ist. Sie forderten die
Kommission auf, ihre Tätigkeit bezüglich eines Referenzrahmens zum Europäischen
Vertragsrecht zu intensivieren, so dass sich vertragsschließende Parteien für
das europäische Vertragsrecht als geltendes Recht entscheiden könnten. Die
Abgeordneten stimmten darüber hinaus für einen Änderungsantrag, wonach die
Mitgliedstaaten dafür sorgen müssten, dass der Grundsatz der gegenseitigen
Anerkennung auch für gleichgeschlechtliche Partnerschaften in der EU mindestens
im Hinblick auf die Rechte, die die Freizügigkeit betreffen, gelten müsse. Die
Annahme dieses Antrags führte dazu, dass die konservative Fraktion sich bei der
Endabstimmung der Stimme enthielt und diesbezüglich weitere Verhandlungen
ankündigte. Der Entschließungsantrag wird auf der nächsten Plenarsitzung Ende
November abgestimmt. Das endgültige Stockholm-Programm wird dann auf dem
Europäischen Rat am 10./11. Dezember 2009 angenommen.
Frühere
Berichte: 10/2009, 14/2009
Sondergipfel der
Staats- und Regierungschefs am 19. November 2009
Am 19. November 2009 wird ein Sondergipfel in Brüssel
stattfinden, bei dem die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union
eine Entscheidung über die wichtigsten EU-Spitzenposten treffen wollen. Neben
dem Posten des EU-Ratspräsidenten und des Hohen Vertreters für die Außen und
Sicherheitspolitik (EU-Außenminister), geht es auch um die Position des
Generalsekretärs des Rats-Sekretariats. Der derzeitige schwedische
Ratspräsident Fredrik Reinfeldt nannte keine Namen möglicher Kandidaten, machte
jedoch klar, dass das Gleichgewicht von großen und kleinen, östlichen,
westlichen, nördlichen und südlichen Mitgliedstaaten sowie die Berücksichtigung
von Frauen eine Rolle spielen müsse.
Da
Kommissionspräsident Barroso erst nach dem Gipfel mit der Bildung seiner
Kommission beginnen kann, geht das Europaparlament davon aus, dass der
bisherige Zeitplan nicht eingehalten wird und die Anhörung der 27
Kommissionskandidaten erst im Januar 2010 stattfinden wird. Mit der Bestellung
der nächsten Kommission kann daher erst frühestens Ende Januar 2010 gerechnet
werden.
EU-US-Abkommen
zur Weitergabe von Bankdaten an amerikanische Behörden
Die deutsche Bundesregierung zeigt sich sehr distanziert
gegenüber dem derzeit von der schwedischen Ratspräsidentschaft zusammen mit der
Kommission ausgehandelten Abkommen zur Übermittlung von Bankdaten an
amerikanische Behörden. Ziel dieses Abkommens ist es, erstmals eine rechtliche
Grundlage für den Zugriff der Amerikaner auf europäische Bankdaten zu schaffen.
2006 war bekannt geworden, dass die Amerikaner auf in den USA liegende Server
des belgischen Finanzdienstleisters SWIFT zugriffen, auf dem auch die Bankdaten
europäischer Bankkunden gespeichert sind, um Geldquellen von Terroristen
aufzudecken. SWIFT verlegte daraufhin sein Rechenzentrum zur Speicherung
europäischer Daten in die Schweiz.
Dem Entwurf der schwedischen Ratspräsidentschaft stehen nun
aber auch andere EU-Mitgliedstaaten skeptisch gegenüber. Da dem Abkommen alle
EU-Staaten zustimmen müssen, erscheint es daher unwahrscheinlich, dass das
Abkommen wie ursprünglich geplant - noch vor dem 1. Dezember 2009 in Kraft
treten kann. Ab dem 1. Dezember wird dann der Lissabonner Vertrag in Kraft
sein, wodurch das Europäische Parlament ein Mitentscheidungsrecht erhält und
bei der Verhandlung zu dem Abkommen zu beteiligen ist.
Stark kritisiert
wird der derzeitige Entwurf des Abkommens sowohl von Abgeordneten des
Europäischen Parlaments als auch von Datenschützern. Insbesondere bemängeln
sie, dass US-Ermittler künftig nicht nur Daten grenzüberschreitender, sondern
auch nationaler Überweisungen in Europa auswerten könnten und den US-Ermittlern
ausdrücklich das Recht eingeräumt werde, die Daten an Dritte weiterzugeben.
ImpressumBundesrechtsanwaltskammer,
Büro Brüssel, Avenue des Nerviens 85, bte 9, B-1040 Brüssel, Tel: 0032-2-743
86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.eu Redaktion und
Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Anabel von Preuschen, RAin Tanja
Ortel und Natalie Barth © Bundesrechtsanwaltskammer |
Der Newsletter ist im Internet unter www.brak.de abrufbar und kann auch dort be- oder
abbestellt werden.
Wenn
Sie diesen Newsletter zukünftig nicht mehr erhalten möchten, schreiben Sie
bitte eine E-Mail an brak.bxl@brak.eu.