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Ausgabe 08/2010

29.04.2010

 

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Berufsrecht

Schlussanträge der Generalanwältin in der Rechtssache Akzo Nobel (C550/07P)

 

Institutionen

Aktionsplan der Kommission zur Umsetzung des Stockholmprogrammes

Beitritt der EU zur EMRK

 

Zivilrecht

Kommission gibt Pläne zur Vollharmonisierung des Verbraucherschutzes auf

Größerer Schutz für Urlauber

Versandkosten bei Widerruf eines Fernabsatzvertrags unzulässig

Öffentliche Anhörung zum Grünbuch „Effizientere Vollstreckung von Urteilen in der

Europäischen Union: Vorläufige Kontenpfändung“

 

Gewerblicher Rechtsschutz

ACTA - Verhandlungen des Abkommens zur Produktpiraterie veröffentlicht

 

Strafrecht

Europäische Schutzanordnung

 

Sonstiges

Konferenz: Krisenmanagement im Banksektor

 

 

Berufsrecht

 

Schlussanträge der Generalanwältin in der Rechtssache Akzo Nobel (C550/07P)

Die Generalanwältin Juliane Kokott hat am 29. April 2010 in dem Verfahren Akzo Nobel (C-550/07P) ihre Schlussanträge vorgelegt. Nach ihrer Auffassung gilt das Anwaltsgeheimnis nicht für Syndikusanwälte in Kartellverfahren der EU-Kommission. Die unternehmensinterne Kommunikation mit Unternehmensanwälten genieße nicht den auf Unionsebene grundrechtlich garantierten Schutz der Kommunikation zwischen einem Rechtsanwalt und seinen Mandanten. Ein angestellter Unternehmensjurist genieße trotz seiner etwaigen Zulassung als Rechtsanwalt nicht denselben Grad an Unabhängigkeit von seinem Arbeitgeber wie der in einer externen Anwaltskanzlei tätige Rechtsanwalt gegenüber seinen Mandanten. Das unionsrechtliche Anwaltsgeheimnis solle nicht nur die Verteidigungsrechte des Mandanten sichern, sondern erkläre sich auch aus der spezifischen Funktion des Anwalts als „Organ der Rechtspflege“, der dem Mandanten in voller Unabhängigkeit und im vorrangigen Interesse der Rechtspflege rechtliche Unterstützung gewähre.

Bereits das Europäische Gericht erster Instanz (EuG) hatte erstinstanzlich ein Berufsgeheimnis der Syndikusanwälte verneint. Im zugrunde liegenden Fall hatte die Kommission in einem niederländischen Unternehmen auch die Korrespondenz zwischen der Unternehmensführung und dem Syndikus, der zugleich zugelassener Anwalt war, beschlagnahmt. Der europäische Verband der Rechtsanwälte, der CCBE, ist als weiterer Verfahrensbeteiligter am Rechtsmittelverfahren beteiligt und unterstützt das Unternehmen Akzo. Er hat vorgetragen, dass das anwaltliche Berufsgeheimnis auch für Syndikusanwälte gilt, wenn und soweit dieses nach nationalem Recht der Fall ist, so wie im Vereinigten Königreich, in Irland und den Niederlanden. Dieser Auffassung ist die Generalanwältin nicht gefolgt. Sie schlägt dem EuGH vielmehr vor, das Rechtsmittel gegen die erstinstanzliche Entscheidung des EuG zurückzuweisen.

 

Frühere Berichte: 5/2008, 17/2007.

 

Institutionen

 

Aktionsplan der Kommission zur Umsetzung des Stockholmprogrammes

Am 20. April 2010 hat die Europäische Kommission einen Aktionsplan für die nächsten fünf Jahre zur Umsetzung des Stockholmprogramms vorgestellt.

Das Programm ist in sieben Unterabschnitte eingeteilt, die insgesamt 170 Einzelinitiativen vorsehen. Unter dem Abschnitt „Stärkung der Rechte der Bürger“ sieht die Kommission Initiativen zum Strafverfahrensrecht sowie zum Datenschutzrecht vor. Insbesondere soll im Strafverfahrensrecht für 2011 ein Gesetzentwurf zur Rechtsberatung und Rechtshilfe eingebracht werden.

Im Abschnitt „Europa als Raum des Rechts und der Justiz“ sind Initiativen zur Stärkung der gegenseitigen Anerkennung sowohl in Straf- als auch in Zivilsachen sowie zur Stärkung des gegenseitigen Vertrauens vorgesehen. Insbesondere soll im Zivilrecht noch 2010 die Brüssel I Verordnung überarbeitet werden. Zudem soll 2011 ein Vorschlag für eine Überarbeitung der Verordnung über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen in Ehesachen eingebracht werden. Weiter ist für 2013 ein Grünbuch für Mindestanforderungen im Zivilprozess vorgesehen. Als weitere wichtige Initiative will die Kommission noch 2010 eine Mitteilung für ein Europäisches Vertragsrecht herausgeben sowie 2011 einen Gesetzesvorschlag für einen Gemeinsamen Referenzrahmen einbringen.

 

Beitritt der EU zur EMRK

Auf seiner Sitzung vom 23. April 2010 hat der Rat der Justiz- und Innenminister den Stand der Entwicklungen im Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) diskutiert. In diesem Zusammenhang wies der Rat auf einige noch zu klärende Fragen hin, wie den Mechanismus des „Mitbeklagten“, nach dem ein beklagter Mitgliedstaat die Union auffordern kann, als „Mitbeklagte" dem Verfahren beizutreten, und umgekehrt; den Beitritt der EU zu den Protokollen der EMRK, die Kontrolle der Zuständigkeiten des EuGH und die Frage des EU-Verhandlungsführers. Der Rat sprach sich für eine zügige Verabschiedung des Verhandlungsmandats aus, für das die Kommission am 17. März 2010 eine Empfehlung vorgelegt hatte.

 

Früherer Bericht: 6/2010

 

Zivilrecht

 

Kommission gibt Pläne zur Vollharmonisierung des Verbraucherschutzes auf

Im Oktober 2008 hatte die Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie zum Verbraucherschutz eingebracht, der eine komplette Harmonisierung des Verbraucherschutzes vorsah. Diese wurde insbesondere von Interessenvertretern und auch dem EP stark kritisiert. Dieser Kritik Rechnung tragend ist die Kommissarin Viviane Reding nun bereit, die Vollharmonisierung aufzugeben und einen neuen Vorschlag mit einer „gezielten“ Harmonisierung, die von dem jeweiligen Vorteil für den Verbraucher abhängig gemacht wird, einzubringen. MdEP Schwab (Berichterstatter im IMCO - Ausschuss) will noch im April einen Entwurf eines berichtigten ersten Kapitels der Richtlinie vorschlagen und bis zum Sommer 2010 seinen kompletten Berichtsentwurf in den Ausschuss bringen, so dass hierüber im November das EP entscheiden könnte.

 

Früherer Bericht: 5/2010

 

Größerer Schutz für Urlauber

Am 22. April 2010 hat die Europäische Kommission einen Workshop veranstaltet, um die öffentliche Konsultation zur Richtlinie 90/314 EWG über Pauschalreisen auszuwerten. Eine Überarbeitung der Richtlinie ist notwendig, da insbesondere Urlauber, die ihre Reise bei entsprechenden Anbietern selbst im Internet zusammenstellen, nicht von der Richtlinie geschützt werden. Dies liegt insbesondere daran, dass diese Art von Reisebuchung 1990 noch nicht praktiziert wurde. Die Auswertung zeigt acht verschiedene Herangehensweisen auf, die je nach Blickwinkel stark differieren. Es gibt Vorschläge, die Richtlinie zu belassen oder mit einem Leitfaden bezüglich des Anwendungsbereichs und der Haftung zu versehen oder ein Europäisches Logo einzuführen, dass für den Urlauber ersichtlich macht, ob die Pauschalreise unter die Richtlinie fällt. Auch eine Aufhebung der Richtlinie und eine Regelung durch Selbstregulierung wurden vorgeschlagen. Zudem gibt es noch vier Vorschläge zur Anpassung der Richtlinie an heutige Verhältnisse mit verschieden strengen Voraussetzungen. Der Kommissar für Verbraucherpolitik Dalli kündigte an, bis spätestens Anfang 2011 einen Gesetzesvorschlag vorzulegen.

 

Versandkosten bei Widerruf eines Fernabsatzvertrags unzulässig

Mit seinem Urteil vom 15. April 2010 in der Rechtssache C-511/08 (Handelsgesellschaft Heinrich Heine GmbH / Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V.) hat der EuGH die Berechnung von Zusendungskosten zu Lasten des Verbrauchers bei Widerruf eines Fernabsatzvertrags für unzulässig erklärt. Nach den Bestimmungen des Art. 6 der europäischen Fernabsatzrichtlinie (97/7/EG) hat der Verbraucher lediglich die Kosten für die Rücksendung der Ware zu tragen. Der Gerichtshof hat die Auffassung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen bestätigt, die gegen das Versandhaus Heine auf Unterlassung geklagt hatte, nachdem dieses bei Inanspruchnahme des Widerrufrechts durch Verbraucher diesen die Kosten für die Zusendung der Waren auferlegt hatte. Art. 6 ist dahingehend auszulegen, so der EuGH, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der die ursprünglichen Zusendungskosten bei Widerruf durch den Verbraucher diesem auferlegt werden können.

 

Öffentliche Anhörung zum Grünbuch „Effizientere Vollstreckung von Urteilen in der

Europäischen Union: Vorläufige Kontenpfändung“

Die GD Freiheit, Sicherheit und Recht der Europäischen Kommission lädt alle interessierten Kreise am 1. Juni 2010 zu einer öffentlichen Anhörung über das Grünbuch zur Kontenpfändung (2006) ein. Anmeldeschluss ist der 10. Mai 2010. Das Anmeldeformular finden Sie hier.

 

Gewerblicher Rechtsschutz

 

ACTA - Verhandlungen des Abkommens zur Produktpiraterie veröffentlicht

Seit 2007 verhandeln die EU, die USA, Kanada, Schweiz, Japan, Südkorea, Singapur, Mexiko, Marokko, Neuseeland und Australien unter Geheimhaltung über das Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA). Nach langer und intensiver Kritik seitens des EP an den Geheimverhandlungen hat die Kommission den konsolidierten Verhandlungstext nun veröffentlicht. Hierbei kam heraus, dass, obwohl das EP im März entschieden hatte, dass es in dem Abkommen nur um reine Produktpiraterie gehen soll, der Verhandlungstext trotzdem ein Internetkapitel zu Urheberrechtsdurchsetzung beinhaltet.

 

Strafrecht

 

Europäische Schutzanordnung

Auf seiner Sitzung vom 23. April 2010 hat der Rat der Justiz- und Innenminister auch über die jüngsten Entwicklungen der spanischen Initiative für eine Richtlinie für eine Europäische Schutzanordnung debattiert. Die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten begrüßte die jüngsten Ratsarbeitsdokumente (8703/10 und 8703/10 ADD 1). Einige Mitgliedstaaten und auch Justizkommissarin Reding haben jedoch Bedenken in Bezug auf die Rechtsgrundlage der Initiative angemeldet. Nach dem Vertrag von Lissabon kann der Rat Gesetzgebungsinitiativen im Strafrecht starten. Nationale Opferschutzmaßnahmen werden jedoch nicht in allen Mitgliedstaaten in strafrechtlichen Verfahren getroffen, sondern teilweise zivilrechtlich oder verwaltungsrechtlich definiert. Nach Auffassung von Kommissarin Reding vermischt die Initiative Zivil- und Strafrecht. Reding hat vorgeschlagen, Anfang 2011 jeweils einen Vorschlag auf zivilrechtlicher und auf strafrechtlicher Basis vorzulegen.

 

Frühere Berichte: 4/2010, 1/2010.

 

Sonstiges

 

Konferenz: Krisenmanagement im Banksektor

Insol Europe, der europäische Verband für Insolvenzexperten und das Centre for European Company Law, gegründet von den Universitäten Leiden, Utrecht und Maastricht, laden zu einer „Joint Insolvency Conference“ mit dem Thema „Neuer EU-Rahmen für das grenzübergreifende Krisenmanagement auf dem Banksektor“ vom 1. – 2. Juli 2010 an die Universität Leiden (Niederlande) ein. Im Mittelpunkt des Programms stehen die Vorschläge der EU-Kommission zum Umgang mit internationalen Krisen im Banksektor. Informationen zur Anmeldung finden Sie hier: Registration Brochure 2010: Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an: Caroline Taylor, INSOL Europe, T: +44 (0) 115 878 0584, E-mail: CarolineTaylor@insol-europe.org

 

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue des Nerviens 85, bte 9, B-1040 Brüssel, Tel: 0032-2-743 86 46, Fax: 0032-2-743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.eu

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Hanna Petersen und Natalie Barth © Bundesrechtsanwaltskammer

 

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