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Ausgabe 12/2011

09.06.2011

 

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Strafrecht

Richtlinienvorschlag zum Recht auf einen Rechtsbeistand in Strafverfahren

Gesamtkonzept der EU zum Schutz von Steuergeldern

 

Gesellschaftsrecht

Rat lehnt Europäische Privatgesellschaft ab

 

Gewerblicher Rechtsschutz

Beschwerde vor dem EuGH gegen die Verstärkte Zusammenarbeit zur Schaffung eines EU-Patents

 

Bürgerrechte

Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten zum Bewertungsbericht zur Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung

 

Sonstiges

European Law Institute

 

 

Strafrecht

 

Richtlinienvorschlag zum Recht auf einen Rechtsbeistand in Strafverfahren

Am 8. Juni 2011 hat die Europäische Kommission nach der Richtlinie zu Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen und dem Richtlinienvorschlag zum Recht auf Belehrung nun die dritte Maßnahme des sog. Fahrplans der Verfahrensrechte in Strafverfahren veröffentlicht. Der Richtlinienvorschlag zum Recht auf einen Rechtsbeistand in Strafverfahren und das Recht auf Kontaktaufnahme bei der Festnahme soll gewährleisten, dass ein Verdächtiger ab dem Zeitpunkt seiner Festnahme, noch vor einer Vernehmung, bis zum Abschluss des Verfahrens einen Anspruch auf einen Rechtsbeistand hat. Zudem muss der Rechtsbeistand so rechtzeitig gewährt werden, dass der Verdächtige seine Verteidigungsrechte wirksam wahrnehmen kann. Der Rechtsbeistand hat das Recht, bei Vernehmungen anwesend zu sein, Fragen zu stellen, Erläuterungen zu verlangen und Erklärungen abzugeben, die nach innerstaatlichem Recht aufgezeichnet werden. Er hat ebenso das Recht, die Haftbedingungen des Verdächtigen zu prüfen. Der Richtlinienvorschlag sieht zudem vor, dass die Verdächtigen das Recht haben, Angehörige, ihren Arbeitgeber und, wenn sie sich im Ausland befinden, ihr Konsulat zu kontaktieren und von der Festnahme zu benachrichtigen, worin bereits ein Vorgriff auf die vierte Maßnahme liegt, die das Recht auf Kommunikation mit Angehörigen, Arbeitgeber und Konsularbehörden umfassen wird. Ohne diesen Vorgriff – hier den Kontakt - wäre das Recht auf Rechtsbeistand nur unzulänglich wahrnehmbar.

Hervorzuheben ist, dass auch jede andere Person, als der Verdächtigte oder Beschuldigte einen Rechtsbeistand erhält, wenn die Person im Verlauf einer Vernehmung oder Verhandlung zu einem einer Straftat Verdächtigten oder Beschuldigten wird – somit auch ein Recht auf Beistand für Zeugen, die in Wirklichkeit verdächtigt werden.

 

Frühere Berichte: 7/2011, 4/2011, 22/2010.

Gesamtkonzept der EU zum Schutz von Steuergeldern

Am 26. Mai 2011 hat die Europäische Kommission eine Mitteilung mit dem Titel „Für schärfere Regeln zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union durch strafrechtliche Vorschriften und verwaltungsrechtliche Untersuchungen – Gesamtkonzept zum Schutz von Steuergeldern“ veröffentlicht.

Mit der Mitteilung unterbreitet die Kommission eine Reihe von Vorschlägen, die es Staatsanwälten und Gerichten vereinfachen sollen, wirksam gegen Betrugsdelikte in Zusammenhang mit EU-Geldern vorzugehen. Die Kommission plant, strafrechtliche Vorschriften zu vereinheitlichen und Definitionen von Straftatbeständen - wie z.B. Betrug, Veruntreuung und Amtsmissbrauch -, deren Sanktionen sowie deren Verjährungsfristen zu harmonisieren. Des Weiteren soll der Informationsaustausch unter den verschiedenen Akteuren wie Polizei-, Zoll-, Steuer- und Justizbehörden vereinfacht werden. Hierzu wird die Kommission einen Vorschlag über die gegenseitige Amtshilfe zum Schutz der finanziellen Interessen der EU ausarbeiten. Neben der bereits begonnenen Reform des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) soll außerdem die EU-Einrichtung für die Zusammenarbeit der Justizbehörden (EUROJUST) gestärkt und mit Mitteln ausgestattet werden, die es dieser Institution erlauben, schärfer zu ermitteln. Vorgesehen ist auch eine Überprüfung der möglichen Einrichtung einer auf die finanziellen Interessen der EU spezialisierten Europäischen Staatsanwaltschaft.

 

Gesellschaftsrecht

 

Rat lehnt Europäische Privatgesellschaft ab

Der Europäische Rat in der Formation des Wettbewerbsrates hat am 30. Mai 2011 den Kompromissvorschlag der ungarischen Ratspräsidentschaft zur Europäischen Privatgesellschaft aufgrund der Vetos von Deutschland und Schweden abgelehnt. Insbesondere die Regelungen zum Sitz und zum Mindestkapital der Gesellschaft wurden von den deutschen Vertretern abgelehnt. Nach dem Kompromissvorschlag sollen Sitz und Hauptverwaltung der Gesellschaft nur für die ersten drei Jahre ab Inkrafttreten der Verordnung zusammen im gleichen Mitgliedstaat sein. Nach den Vorstellungen der Bundesregierung müssen beide Sitze auf Dauer in demselben Mitgliedstaat liegen. Alternativ soll sich die Sitzregelung nach nationalem Recht richten. Das Mindestkapital soll nach Auffassung der Bundesregierung 8000 EUR betragen, um die Liquidität der Gesellschaft zu gewährleisten. Der im Kompromissvorschlag vorgeschlagene Betrag von einem Euro sei hierfür nicht ausreichend.

 

Gewerblicher Rechtsschutz

 

Beschwerde vor dem EuGH gegen die Verstärkte Zusammenarbeit zur Schaffung eines EU-Patents

Italien und Spanien haben am 30. Mai 2011 vor dem EUGH Beschwerde eingereicht gegen das Verfahren der Verstärkten Zusammenarbeit der anderen 25 Mitgliedstaaten zur Schaffung eines EU-Patents. Besonders in der Sprachenregelung sehen die Beschwerdeführer eine Diskriminierung. Die Patente der 25 beteiligten Mitgliedstaaten sollen nur in den Sprachen Englisch, Französisch und Deutsch verfasst werden. Spanien und Italien verlangen, dass EU-weit geschützte Patente auch in ihren Landessprachen vorliegen müssen.

Nachdem das EP im Februar 2011 seine Zustimmung zur Anwendung des Verfahrens der Verstärkten Zusammenarbeit gegeben hatte, verabschiedete die Europäische Kommission im April 2011 zwei Verordnungsvorschläge zur Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes und den dabei geltenden Übersetzungsregelungen. Die Vorschläge wurden vom Rat am 30. Mai 2011 diskutiert. Die zuständigen Minister der 25 an der Verstärkten Zusammenarbeit teilnehmenden Länder waren sich einig, dass die Anmeldung eines europäischen Patents künftig in einer beliebigen Sprache der EU möglich sein, die Prüfung durch das Europäische Patentamt (EPA) allerdings lediglich in den drei Amtssprachen des Amtes (Deutsch, Englisch, Französisch) erfolgen soll, ebenso wie die Erteilung des Patents. Die Kosten für die Übersetzung in eine der drei EPA-Amtssprachen sollen dem Antragsteller erstattet werden. Patente, die auf Deutsch oder Französisch ausgestellt werden, sollen zunächst in einer Übergangsphase von maximal 12 Monaten ins Englische übersetzt werden, bis es hochwertige maschinelle Übersetzungssysteme gibt. Auf Englisch vorliegende Patente sollen in eine weitere EU-Amtssprache übersetzt werden. Der Patentschutz soll in den 25 teilnehmenden Mitgliedstaaten gleichermaßen gelten.

Die Diskussion soll auf einer Sondersitzung des Ministerrates am 27. Juni 2011 fortgesetzt werden mit dem Ziel, den weiteren gemeinsamen politischen Kurs festzulegen.

 

Frühere Berichte: 9/2011, 6/2011, 4/2011, 3/2011.

 

Bürgerrechte

 

Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten zum Bewertungsbericht der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung

Am 31. Mai 2011 hat der Europäische Datenschutzbeauftrage (EDSB) eine Stellungnahme zum Bewertungsbericht der Europäischen Kommission zur Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung abgegeben. Hierin kritisiert er, dass die Richtlinie die Anforderungen der Grundrechte auf Schutz der Privatsphäre und Datenschutz nicht erfüllt. Zunächst sei die Notwendigkeit einer Vorratsdatenspeicherung nicht ausreichend nachgewiesen worden. Zudem hätte die Vorratsdatenspeicherung so geregelt werden können, dass sie weniger in die Privatsphäre der Bürger eingreift. Insbesondere sei die Richtlinie nicht streng genug bezüglich des Verwendungszwecks und der Zugriffsmöglichkeiten. Der EDSB fordert die Kommission auf, bei der Überarbeitung der Richtlinie auch über die Möglichkeit nachzudenken, diese aufzuheben. In jedem Fall sollte ein überarbeitetes Instrument umfassend, vollständig und verhältnismäßig sein.

 

Frühere Berichte: 9/2011, 22/2010.

 

Sonstiges

 

European Law Institute

Mit einem Gründungskongress in Paris wurde am 1. Juni 2011 das Europäische Rechtsinstitut (ELI) ins Leben gerufen. Die Schaffung des ELI als unabhängige Einrichtung ohne Erwerbszweck nach dem Vorbild des American Law Institute (ALI) wurde bereits im Aktionsplan der Europäischen Kommission zur Umsetzung des Stockholmer Programms (2010 – 2014) angekündigt. Das Institut wird seinen Sitz an der Universität Wien haben. Die europäische Anwaltschaft ist durch den Präsident des CCBE als Mitglied des Beirats vertreten. EU-Justizkommissarin Viviane Reding hat die Gründung des ELI ausdrücklich begrüßt. Das Institut soll auf die Lösung von Problemen in der EU-Rechtspraxis und auf die Weiterentwicklung des Unionsrechts abstellen sowie ein Forum bieten, wo sich Rechtsanwender und Rechtswissenschaftler austauschen können. Dem ELI soll außerdem eine beratende Funktion für politische Entscheidungsträger und Behörden zukommen.

 

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue des Nerviens 85, bte 9, B-1040 Brüssel, Tel: +32 (0)2 743 86 46,

Fax: +32 (0)2 743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.eu

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Hanna Petersen LL.M., Natalie Barth © Bundesrechtsanwaltskammer

 

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