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Themen in
dieser Ausgabe: Zivilrecht Einigung über
Verbraucherrechterichtlinie im Trilog EP
stimmt für optionales Europäisches Vertragsrecht Strafrecht Grünbuch der Europäischen Kommission
zur Untersuchungshaft Rat beschließt Fahrplan für den
Opferschutz Bürgerrechte Bericht des LIBE Ausschuss des EP zum Gesamtkonzept zum
Datenschutz Freizügigkeit Grünbuch
zur Überarbeitung der Richtlinie über Berufsqualifikationen Institutionen Polnische Ratspräsidentschaft Transparenzregister |
Zivilrecht
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Einigung über Verbraucherrechterichtlinie im Trilog
Nach fast dreimonatigen Trilogverhandlungen
fanden die Institutionen eine Einigung über alle vier Kapitel des Richtlinienvorschlags der
Europäischen Kommission über die Rechte der Verbraucher. Der Rat der Europäischen
Union hat in der Formation der ständigen Vertreter (COREPER) dem Kompromisstext am 15. Juni 2011
zugestimmt. Der Binnenmarktausschuss des EP (IMCO) stimmte diesem am 16. Juni
2011 zu und das Plenum des EP am 23. Juni 2011. Der Text zielt auf eine
stärkere Harmonisierung der Verbraucherrechte ab, insbesondere im Bereich der
Informationspflichten und der Ausübung sowie der Folgen des Widerrufsrechts.
Wichtig für die Anwaltschaft sind hierbei
insbesondere die Bestimmungen zum Widerruf bei Verträgen, die außerhalb der
Geschäftsräume geschlossen werden. Die nun verabschiedete Regelung sieht vor,
dass wenn mit einer Dienstleistung noch vor der Widerrufsfrist begonnen wird
und der Verbraucher innerhalb der Frist widerruft, dem Dienstleister seine
bereits erbrachte Leistung entlohnt werden muss.
Dem Vorschlag muss nun noch der Rat formal
zustimmen. Die Mitgliedstaaten haben danach zwei Jahre Zeit die Regelungen in
nationales Recht umzusetzen.
Frühere Berichte: 7/2011, 4/2011, 17/2010.
EP stimmt für optionales Europäisches Vertragsrecht
Das
EP hat am 8. Juni 2011 eine Entschließung zum Europäischen Vertragsrecht
verabschiedet. Das EP spricht sich, wie auch die BRAK (Stllg-Nr. 07/2011), für eine
Verordnung als optionales Instrument aus, wie es die Option 4 des Grünbuchs der Europäischen Kommission
vorsieht. Außerdem schlägt das EP vor, dieses Instrument durch eine „Toolbox“
in Form einer interinstitutionellen Vereinbarung zu ergänzen. Die
Mitgliedstaaten sollen selbst entscheiden können, ob das optionale Instrument
auch auf rein nationale oder nur auf internationale Verträge angewendet werden
soll. Für grenzüberschreitende Geschäfte in Europa sollen standardisierte
Vertragsvorlagen in allen EU-Sprachen entwickelt werden. Das fakultative
Instrument soll außerdem für Unternehmerverträge (B2B) und Verbraucherverträge
(B2C) herangezogen werden.
Frühere
Berichte: 10/2011, 9/2011, 3/2011.
Strafrecht
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Rat beschließt Fahrplan für den
Opferschutz
In
seiner Sitzung vom 10. Juni 2011 hat der Rat für Justiz und Inneres einen Fahrplan für den Schutz der Opfer
von Straftaten verabschiedet. Erst vor wenigen Wochen hat die Europäische
Kommission ihr Opferschutzpaket vorgestellt,
welches zwei Richtlinien und eine Mitteilung beinhaltet, die ebenfalls zum Ziel
haben, die Rechte der Opfer im Strafverfahren zu stärken.
Das
sog. Budapester Programm beinhaltet fünf Maßnahmen:
Mit Maßnahme A soll der Rahmenbeschluss 2001/220/JI des
Rates vom 15. März 2001 über die Stellung des Opfers im Strafverfahren durch
eine Richtlinie ersetzt werden. Zu diesem Zweck will der Rat den Kommissionsvorschlag für eine
Richtlinie über Mindeststandards für die Rechte und den Schutz von Opfern von
Straftaten sowie für die Opferhilfe, die die Kommission im Rahmen ihres
Opferschutzpakets vorgeschlagen hat, vorrangig prüfen.
Maßnahme B sieht die Verabschiedung einer
oder mehrerer Empfehlungen für praktische Maßnahmen und bewährte Verfahren im
Zusammenhang mit der in Maßnahme A genannten Richtlinie vor.
Maßnahme C beinhaltet eine Verordnung über
die gegenseitige Anerkennung von Maßnahmen zum Schutz der Opfer in Zivilsachen.
Dies entspricht dem zweiten Richtlinienvorschlag, die die Kommission im
Zuge des Opferschutzpakets veröffentlicht hat.
Die Überprüfung der Richtlinie 2004/80/EG des Rates
vom 29. April 2004 zur Entschädigung der Opfer von Straftaten sieht der Rat als
Maßnahme D vor.
Schließlich
plant der Rat mit Maßnahme E, auf die spezifischen Bedürfnisse bestimmter
Gruppen von Opfern abzustellen.
Frühere
Berichte: 11/2011, 14/2010.
Grünbuch Untersuchungshaft
Im Juni 2011 hat die Europäische Kommission
ein Grünbuch bezüglich der
Ausgestaltung der Haft und der Untersuchungshaft in den Mitgliedstaaten veröffentlicht.
Es handelt sich hierbei um die vierte Maßnahme, die die Kommission im Rahmen
des Fahrplans der Verfahrensrechte nach der Richtlinie zum Recht auf
Dolmetschleistungen und Übersetzungen, der Richtlinie zum Recht auf
Belehrung und der Richtlinie zum Recht auf einen
Rechtsbeistand erlassen hat. Mit diesem Grünbuch will die Kommission
herausfinden, wie die Bedingungen der Untersuchungshaft in den einzelnen
Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind und inwieweit die unterschiedlichen
Ausgestaltungen des Freiheitsentzugs das gegenseitige Vertrauen und damit die
gegenseitige Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen und generell die
justizielle Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union beeinflussen. Insbesondere
ist die Kommission an Möglichkeiten für einheitlichen europäischen Lösungen zu
diesen Themen interessiert.
Frühere Berichte: 12/2011, 7/2011, 4/2011.
Bürgerrechte
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Bericht
des LIBE-Ausschuss des EP zum Gesamtkonzept zum Datenschutz
Am 15. Juni 2011 hat der Ausschuss für
Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des EP (LIBE) den Bericht zum Gesamtkonzept zum Datenschutz verabschiedet. Hierin
begrüßt der Ausschuss das von der Europäischen Kommission vorgelegte
Gesamtkonzept und fordert die Ausweitung des Anwendungsbereichs der allgemeinen
Datenschutzbestimmungen auf die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit.
Begrüßenswert für die Anwaltschaft ist, dass in dem Bericht explizit darauf
hingewiesen wird, dass die besondere Situation der Anwaltschaft und deren
Schweigepflicht bei einem Instrument berücksichtigt werden muss. Dies entspricht
der Forderung der BRAK (Stlln.-Nr. 5/2011), dass bei
der
von der Kommission angestrebten Stärkung der Rechte des Betroffenen hinsichtlich
der Tätigkeit des Rechtsanwalts die Grenze stets bei der anwaltlichen
Verschwiegenheit gezogen werden muss. Die Verschwiegenheit des Rechtsanwalts
als Vertreter des Rechtssuchenden muss bei Maßnahmen des Datenschutzes
garantiert bleiben.
Frühere Berichte: 8/2011,
2/2011,
20/2010.
Freizügigkeit
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Grünbuch
zur Überarbeitung der Richtlinie über Berufsqualifikationen
Die
Europäische Kommission hat am 22. Juni 2011 ein Grünbuch zur Überarbeitung der
Richtlinie über Berufsqualifikationen vorgestellt. Die Kommission hatte zuvor
um Stellungnahmen der interessierten Kreise im Rahmen einer öffentlichen Konsultation zur Berufsqualifikationsrichtlinie
(2005/36/EG) und dem Europäischen Berufsausweis gebeten. Ziel ist eine
Vereinfachung und Verbesserung der Richtlinie, mit der Berufstätigen die
Stellensuche oder die Ausweitung ihrer Geschäftstätigkeit in den
EU-Mitgliedstaaten erleichtert werden soll.
Mit
dem Grünbuch möchte die Kommission die Meinung der interessierten Kreise zu
verschiedenen Optionen einholen, die in den für Ende des Jahres geplanten
Legislativvorschlag einfließen könnten. So stellt die Kommission u.a. Fragen
zum Europäischen Berufsausweis, über die Aufnahme von Regeln über den
partiellen Zugang zu einem reglementierten Beruf, nach der Umgestaltung der
gemeinsamen Plattformen (Art. 15 der Berufsqualifikationsrichtlinie), zu Berufsqualifikationen
in reglementierten Berufen, nach der Klarstellung von Regeln über die
Sprachanforderungen, der Online-Abwicklung von Anerkennungsverfahren, der
Probleme bei der vorübergehenden Mobilität und der automatischen Anerkennung
von Qualifikationen. Reaktionen auf das Grünbuch sind bis 20. September 2011
bei der Kommission einzureichen.
Für
Anwälte ist die Anerkennung und Zulassung von Diplomen und Berufstätigen durch
die Dienstleistungsrichtlinie für
Rechtsanwälte (77/249/EWG) und die Niederlassungsrichtlinie für
Rechtsanwälte (98/5/EG) gut geregelt. Es besteht derzeit kein Bedarf, dieses
System zu ändern. Für Rechtsanwälte gibt es bereits seit 1978 mit dem
CCBE-Rechtsanwaltsausweis einen europäischen Berufsausweis. Beides hat die BRAK
bereits in ihrer Stellungnahme (Stlln.-Nr. 16/2011) zur Konsultation geltend
gemacht.
Frühere Berichte: 6/2011, 2/2011.
Institutionen
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Polnische Ratspräsidentschaft
Am 1. Juli 2011 wird Polen den Vorsitz im Rat der Europäischen
Union übernehmen. Zentrale Themen der polnischen Agenda sind Wirtschaftswachstum
und Binnenmarkt, Sicherheit sowie die Außen- und Sicherheitspolitik. Unter dem
Titel „Europäische Integration als Wachstumsquelle“ verfolgt die polnische
Präsidentschaft das Ziel, durch die Vertiefung des Binnenmarkts und eine
bessere Nutzung des EU-Budgets das Wirtschaftswachstum zu fördern. Ein
zentraler Punkt des Programms ist der Start der Verhandlungen für den
mehrjährigen Finanzrahmen für 2014-2020. Von besonderer Bedeutung sind die
Weiterentwicklung der elektronischen Dienstleistungen und der Abbau der
Hindernisse für grenzüberschreitende Online-Transaktionen. Unter der polnischen
Präsidentschaft werden auch die Arbeiten an einem 28. Vertragsrechtsregime
beginnen. Im Fokus stehen außerdem die Verbesserung der Konditionen für KMU
(Zugang zu Kapital) sowie die Vollendung der Arbeiten an einem europäischen
Patentsystem.
Unter
dem Motto „Offenes Europa“ möchte Warschau den Erweiterungsprozess
vorantreiben, die „Östliche Partnerschaft“ mit Ländern wie der Ukraine und
Moldau vertiefen und die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien abschließen.
Transparenzregister
Das
gemeinsame Register von EP und Europäischer
Kommission für Interessenvertreter ist ab 23. Juni 2011 einsatzbereit. Organisationen und selbständige
Einzelpersonen, die sich mit der Gestaltung und Umsetzung der EU-Politik
befassen und über einen längeren Zeitraum Zugang zu EP und Kommission erlangen
wollen, sollen damit von einem zentralen Register erfasst werden. Ausgenommen
vom Anwendungsbereich des Registers sind Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Rechtsberatung.
Rechtsanwälte, die Kontakt mit den europäischen Institutionen aufnehmen, um
ihre Mandanten über die allgemeine oder deren spezifische Rechtslage
aufzuklären, müssen sich nicht in das Register eintragen lassen. Etwas anderes
gilt jedoch, wenn der Rechtsanwalt Einfluss auf die Rechtssetzung nehmen
möchte.
Frühere Berichte: 11/2011,
20/2010,
9/2010.
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RAin Dr. |
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