Fußleiste2

 

Ausgabe 13/2011

23.06.2011

 

 

Themen in dieser Ausgabe:

 

Zivilrecht

Einigung über Verbraucherrechterichtlinie im Trilog

EP stimmt für optionales Europäisches Vertragsrecht

 

Strafrecht

Grünbuch der Europäischen Kommission zur Untersuchungshaft

Rat beschließt Fahrplan für den Opferschutz

 

Bürgerrechte

Bericht des LIBE Ausschuss des EP zum Gesamtkonzept zum Datenschutz

 

Freizügigkeit

Grünbuch zur Überarbeitung der Richtlinie über Berufsqualifikationen

 

Institutionen

Polnische Ratspräsidentschaft

Transparenzregister

 

 

Zivilrecht

 

Einigung über Verbraucherrechterichtlinie im Trilog

Nach fast dreimonatigen Trilogverhandlungen fanden die Institutionen eine Einigung über alle vier Kapitel des Richtlinienvorschlags der Europäischen Kommission über die Rechte der Verbraucher. Der Rat der Europäischen Union hat in der Formation der ständigen Vertreter (COREPER) dem Kompromisstext am 15. Juni 2011 zugestimmt. Der Binnenmarktausschuss des EP (IMCO) stimmte diesem am 16. Juni 2011 zu und das Plenum des EP am 23. Juni 2011. Der Text zielt auf eine stärkere Harmonisierung der Verbraucherrechte ab, insbesondere im Bereich der Informationspflichten und der Ausübung sowie der Folgen des Widerrufsrechts.

Wichtig für die Anwaltschaft sind hierbei insbesondere die Bestimmungen zum Widerruf bei Verträgen, die außerhalb der Geschäftsräume geschlossen werden. Die nun verabschiedete Regelung sieht vor, dass wenn mit einer Dienstleistung noch vor der Widerrufsfrist begonnen wird und der Verbraucher innerhalb der Frist widerruft, dem Dienstleister seine bereits erbrachte Leistung entlohnt werden muss.

Dem Vorschlag muss nun noch der Rat formal zustimmen. Die Mitgliedstaaten haben danach zwei Jahre Zeit die Regelungen in nationales Recht umzusetzen.

 

Frühere Berichte: 7/2011, 4/2011, 17/2010.

 


EP stimmt für optionales Europäisches Vertragsrecht

Das EP hat am 8. Juni 2011 eine Entschließung zum Europäischen Vertragsrecht verabschiedet. Das EP spricht sich, wie auch die BRAK (Stllg-Nr. 07/2011), für eine Verordnung als optionales Instrument aus, wie es die Option 4 des Grünbuchs der Europäischen Kommission vorsieht. Außerdem schlägt das EP vor, dieses Instrument durch eine „Toolbox“ in Form einer interinstitutionellen Vereinbarung zu ergänzen. Die Mitgliedstaaten sollen selbst entscheiden können, ob das optionale Instrument auch auf rein nationale oder nur auf internationale Verträge angewendet werden soll. Für grenzüberschreitende Geschäfte in Europa sollen standardisierte Vertragsvorlagen in allen EU-Sprachen entwickelt werden. Das fakultative Instrument soll außerdem für Unternehmerverträge (B2B) und Verbraucherverträge (B2C) herangezogen werden.

 

Frühere Berichte: 10/2011, 9/2011, 3/2011.

 

Strafrecht

 

Rat beschließt Fahrplan für den Opferschutz

In seiner Sitzung vom 10. Juni 2011 hat der Rat für Justiz und Inneres einen Fahrplan für den Schutz der Opfer von Straftaten verabschiedet. Erst vor wenigen Wochen hat die Europäische Kommission ihr Opferschutzpaket vorgestellt, welches zwei Richtlinien und eine Mitteilung beinhaltet, die ebenfalls zum Ziel haben, die Rechte der Opfer im Strafverfahren zu stärken.

Das sog. Budapester Programm beinhaltet fünf Maßnahmen:

Mit Maßnahme A soll der Rahmenbeschluss 2001/220/JI des Rates vom 15. März 2001 über die Stellung des Opfers im Strafverfahren durch eine Richtlinie ersetzt werden. Zu diesem Zweck will der Rat den Kommissionsvorschlag für eine Richtlinie über Mindeststandards für die Rechte und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie für die Opferhilfe, die die Kommission im Rahmen ihres Opferschutzpakets vorgeschlagen hat, vorrangig prüfen.

Maßnahme B sieht die Verabschiedung einer oder mehrerer Empfehlungen für praktische Maßnahmen und bewährte Verfahren im Zusammenhang mit der in Maßnahme A genannten Richtlinie vor.

Maßnahme C beinhaltet eine Verordnung über die gegenseitige Anerkennung von Maßnahmen zum Schutz der Opfer in Zivilsachen. Dies entspricht dem zweiten Richtlinienvorschlag, die die Kommission im Zuge des Opferschutzpakets veröffentlicht hat.

Die Überprüfung der Richtlinie 2004/80/EG des Rates vom 29. April 2004 zur Entschädigung der Opfer von Straftaten sieht der Rat als Maßnahme D vor.

Schließlich plant der Rat mit Maßnahme E, auf die spezifischen Bedürfnisse bestimmter Gruppen von Opfern abzustellen.

 

Frühere Berichte: 11/2011, 14/2010.

 

Grünbuch Untersuchungshaft

Im Juni 2011 hat die Europäische Kommission ein Grünbuch bezüglich der Ausgestaltung der Haft und der Untersuchungshaft in den Mitgliedstaaten veröffentlicht. Es handelt sich hierbei um die vierte Maßnahme, die die Kommission im Rahmen des Fahrplans der Verfahrensrechte nach der Richtlinie zum Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen, der Richtlinie zum Recht auf Belehrung und der Richtlinie zum Recht auf einen Rechtsbeistand erlassen hat. Mit diesem Grünbuch will die Kommission herausfinden, wie die Bedingungen der Untersuchungshaft in den einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind und inwieweit die unterschiedlichen Ausgestaltungen des Freiheitsentzugs das gegenseitige Vertrauen und damit die gegenseitige Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen und generell die justizielle Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union beeinflussen. Insbesondere ist die Kommission an Möglichkeiten für einheitlichen europäischen Lösungen zu diesen Themen interessiert.

 

Frühere Berichte: 12/2011, 7/2011, 4/2011.

 

Bürgerrechte

 

Bericht des LIBE-Ausschuss des EP zum Gesamtkonzept zum Datenschutz

Am 15. Juni 2011 hat der Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des EP (LIBE) den Bericht zum Gesamtkonzept zum Datenschutz verabschiedet. Hierin begrüßt der Ausschuss das von der Europäischen Kommission vorgelegte Gesamtkonzept und fordert die Ausweitung des Anwendungsbereichs der allgemeinen Datenschutzbestimmungen auf die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit. Begrüßenswert für die Anwaltschaft ist, dass in dem Bericht explizit darauf hingewiesen wird, dass die besondere Situation der Anwaltschaft und deren Schweigepflicht bei einem Instrument berücksichtigt werden muss. Dies entspricht der Forderung der BRAK (Stlln.-Nr. 5/2011), dass bei der von der Kommission angestrebten Stärkung der Rechte des Betroffenen hinsichtlich der Tätigkeit des Rechtsanwalts die Grenze stets bei der anwaltlichen Verschwiegenheit gezogen werden muss. Die Verschwiegenheit des Rechtsanwalts als Vertreter des Rechtssuchenden muss bei Maßnahmen des Datenschutzes garantiert bleiben.

 

Frühere Berichte: 8/2011, 2/2011, 20/2010.

 

Freizügigkeit

 

Grünbuch zur Überarbeitung der Richtlinie über Berufsqualifikationen

Die Europäische Kommission hat am 22. Juni 2011 ein Grünbuch zur Überarbeitung der Richtlinie über Berufsqualifikationen vorgestellt. Die Kommission hatte zuvor um Stellungnahmen der interessierten Kreise im Rahmen einer öffentlichen Konsultation zur Berufsqualifikationsrichtlinie (2005/36/EG) und dem Europäischen Berufsausweis gebeten. Ziel ist eine Vereinfachung und Verbesserung der Richtlinie, mit der Berufstätigen die Stellensuche oder die Ausweitung ihrer Geschäftstätigkeit in den EU-Mitgliedstaaten erleichtert werden soll.

Mit dem Grünbuch möchte die Kommission die Meinung der interessierten Kreise zu verschiedenen Optionen einholen, die in den für Ende des Jahres geplanten Legislativvorschlag einfließen könnten. So stellt die Kommission u.a. Fragen zum Europäischen Berufsausweis, über die Aufnahme von Regeln über den partiellen Zugang zu einem reglementierten Beruf, nach der Umgestaltung der gemeinsamen Plattformen (Art. 15 der Berufsqualifikationsrichtlinie), zu Berufsqualifikationen in reglementierten Berufen, nach der Klarstellung von Regeln über die Sprachanforderungen, der Online-Abwicklung von Anerkennungsverfahren, der Probleme bei der vorübergehenden Mobilität und der automatischen Anerkennung von Qualifikationen. Reaktionen auf das Grünbuch sind bis 20. September 2011 bei der Kommission einzureichen.

Für Anwälte ist die Anerkennung und Zulassung von Diplomen und Berufstätigen durch die Dienstleistungsrichtlinie für Rechtsanwälte (77/249/EWG) und die Niederlassungsrichtlinie für Rechtsanwälte (98/5/EG) gut geregelt. Es besteht derzeit kein Bedarf, dieses System zu ändern. Für Rechtsanwälte gibt es bereits seit 1978 mit dem CCBE-Rechtsanwaltsausweis einen europäischen Berufsausweis. Beides hat die BRAK bereits in ihrer Stellungnahme (Stlln.-Nr. 16/2011) zur Konsultation geltend gemacht.

 

Frühere Berichte: 6/2011, 2/2011.

 

Institutionen

 

Polnische Ratspräsidentschaft

Am 1. Juli 2011 wird Polen den Vorsitz im Rat der Europäischen Union übernehmen. Zentrale Themen der polnischen Agenda sind Wirtschaftswachstum und Binnenmarkt, Sicherheit sowie die Außen- und Sicherheitspolitik. Unter dem Titel „Europäische Integration als Wachstumsquelle“ verfolgt die polnische Präsidentschaft das Ziel, durch die Vertiefung des Binnenmarkts und eine bessere Nutzung des EU-Budgets das Wirtschaftswachstum zu fördern. Ein zentraler Punkt des Programms ist der Start der Verhandlungen für den mehrjährigen Finanzrahmen für 2014-2020. Von besonderer Bedeutung sind die Weiterentwicklung der elektronischen Dienstleistungen und der Abbau der Hindernisse für grenzüberschreitende Online-Transaktionen. Unter der polnischen Präsidentschaft werden auch die Arbeiten an einem 28. Vertragsrechtsregime beginnen. Im Fokus stehen außerdem die Verbesserung der Konditionen für KMU (Zugang zu Kapital) sowie die Vollendung der Arbeiten an einem europäischen Patentsystem.

Unter dem Motto „Offenes Europa“ möchte Warschau den Erweiterungsprozess vorantreiben, die „Östliche Partnerschaft“ mit Ländern wie der Ukraine und Moldau vertiefen und die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien abschließen.

 

Transparenzregister

Das gemeinsame Register von EP und Europäischer Kommission für Interessenvertreter ist ab 23. Juni 2011 einsatzbereit. Organisationen und selbständige Einzelpersonen, die sich mit der Gestaltung und Umsetzung der EU-Politik befassen und über einen längeren Zeitraum Zugang zu EP und Kommission erlangen wollen, sollen damit von einem zentralen Register erfasst werden. Ausgenommen vom Anwendungsbereich des Registers sind Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Rechtsberatung. Rechtsanwälte, die Kontakt mit den europäischen Institutionen aufnehmen, um ihre Mandanten über die allgemeine oder deren spezifische Rechtslage aufzuklären, müssen sich nicht in das Register eintragen lassen. Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Rechtsanwalt Einfluss auf die Rechtssetzung nehmen möchte.

 

Frühere Berichte: 11/2011, 20/2010, 9/2010.

 

 

 

Impressum

Bundesrechtsanwaltskammer, Büro Brüssel, Avenue des Nerviens 85, bte 9, B-1040 Brüssel, Tel: +32 (0)2 743 86 46,

Fax: +32 (0)2 743 86 56, E-Mail: brak.bxl@brak.eu

 

Redaktion und Bearbeitung: RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Hanna Petersen LL.M., Natalie Barth © Bundesrechtsanwaltskammer

 

Der Newsletter ist im Internet unter www.brak.de abrufbar und kann auch dort be- oder abbestellt werden.

Wenn Sie diesen Newsletter zukünftig nicht mehr erhalten möchten, schreiben Sie bitte eine E-Mail an brak.bxl@brak.eu.