Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs
Der Stichtag zum 1.1.2018 bedeutet für die Anwaltschaft die nahezu flächendeckende Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten. Das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013 sieht nämlich maßgebliche Änderungen in den einzelnen Prozessordnungen zum 1.1.2018 vor. So ermöglichen z.B. § 130a ZPO, § 14 FamFG, § 46c ArbGG, § 65a SGG, § 55a VwGO und § 52a FGO, dass elektronische Dokumente bei Gericht bundesweit eingereicht werden können. Die Länder haben von der Verordnungsermächtigung, dieses Inkrafttreten für ihren Zuständigkeitsbereich um jeweils ein Jahr bis zum 1.1.2020 in die Zukunft zu verschieben, jedenfalls bislang (bis Redaktionsschluss) keinen Gebrauch gemacht.
Vereinfachte Möglichkeit der Kommunikation
Der elektronische Rechtsverkehr wird für die Anwaltschaft zum 1.1.2018 zusätzlich erleichtert. Denn bislang war in jedem Fall erforderlich, dass ein elektronisches Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) versehen war. Ab 1.1.2018 kann nun grundsätzlich das elektronische Dokument lediglich mit dem Namen des verantwortenden Rechtsanwalts versehen werden (einfache Signatur) und von diesem (selbst) über beA dem Gericht übermittelt werden. Es muss jedoch noch eine qeS angebracht werden, wenn z.B. der Versand an einen Mitarbeiter delegiert wird oder der Schriftsatz Erklärungen enthält, die einem materiell-rechtlichen Schriftformerfordernis unterliegen (und dieses die qeS zulässt).
Sonderfall Straf- und OWi-Sachen
In Straf- und OWi-Sachen sieht es ein wenig anders aus. Die Anbindung an den elektronischen Rechtsverkehr erfolgte erst mit dem Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5.7.2017. Zwar können danach ab 1.1.2018 elektronische Dokumente bei Strafverfolgungsbehörden und Gerichten gem. § 32a StPO ganz generell eingereicht werden. Allerdings werden nach aktuellen Informationen teilweise Bund und Länder von einer Opt-out-Regelung Gebrauch machen (vgl. beA-Newsletter 50/2017). Bitte informieren Sie sich zum aktuellen Stand unter http://bea.brak.de/achtung-opt-out/.
Elektronisches Empfangsbekenntnis
Die Zustellung an das beA wird ab 1.1.2018 (nur) über ein elektronisches Empfangsbekenntnis (eEB) nachgewiesen, indem ein strukturierter Datensatz mittels beA erzeugt und dem Gericht übermittelt wird, § 174 IV 3 ff. ZPO. Und ganz nebenbei: Zum 1.1.2018 tritt zusätzlich die Änderung des § 14 S. 1 BORA in Kraft, wonach der Anwalt auch bei der Zustellung unter Anwaltskollegen gem. § 195 ZPO zur Rücksendung des (ggf. elektronischen) Empfangsbekenntnisses verpflichtet ist.
Passive Nutzungspflicht
Ganz zentral für die Anwaltschaft wird die durch das Gesetz zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe vom 12.5.2017 geschaffene passive Nutzungspflicht sein. Nach § 31a VI BRAO hat der Inhaber des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs ab 1.1.2018 die Pflicht, die für dessen Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das besondere elektronische Anwaltspostfach zur Kenntnis zu nehmen. Stellen Sie sich daher darauf ein, den Eingang von Nachrichten in beA ab nächstem Jahr regelmäßig zu prüfen.
Technische Rahmenbedingungen
Die einzelnen Verfahrensbestimmungen wie z.B. § 130a II 2 ZPO sehen ab 1.1.2018 vor, dass die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen bestimmt. Dementsprechend wurde bereits die Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) verkündet, die ebenfalls ab 1.1.2018 in Kraft treten wird (vgl. beA-Newsletter 49/2017). Die Verordnung sieht insbesondere vor, dass elektronische Dokumente im Format PDF an die Gerichte übermittelt werden sollen.
Weitere Kanzlei
Mit dem genannten Gesetz werden ab 1.1.2018 auch die sog. „weiteren Kanzleien“ eines Rechtsanwalts, die er gegenüber der Kammer angezeigt hat (§ 27 II BRAO), im Gesamtverzeichnis nach § 31 BRAO eingetragen. Nach dem neuen § 31a VII hat dies zur Folge, dass für die weitere Kanzlei auch ein weiteres beA eingerichtet wird. Der Anwalt benötigt hierfür ein gesondertes Sicherungsmittel, das mit der SAFE-ID des neuen Postfachs bei der BNotK bestellt werden muss. Diese SAFE-ID kann über das Gesamtverzeichnis abgerufen werden.
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