Ausgabe 10/2019 v. 14.3.2019
 
 
Wie geht „PKH-Antrag per beA“?

Wenn man schon einmal begonnen hat, elektronisch mit den Gerichten zu kommunizieren, dann möchte man natürlich gleich alles über beA erledigen. Aber kann man denn auch einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung eines Anwalts über beA stellen?

Zwar muss der Antrag auf PKH in der Regel unterschrieben sein (BGH, FamRZ 1994, 1098 und FamRZ 2006, 1269). Aber schriftlich einzureichende Anträge können nach § 130a ZPO als elektronisches Dokument übermittelt werden (Geimer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 117 ZPO Rn. 2). Das wurde im Hinblick auf § 52a I FGO a.F. bereits entschieden (BFH, Beschl. v. 19.2.2016 – X S 38/15).

Dem Antrag ist allerdings u.a. eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beizufügen, § 117 II 1 ZPO. Für diese Erklärung ist gem. § 117 IV ZPO das nach § 117 III ZPO in der Prozesskostenhilfeformularverordnung (PKHFV) bekanntgemachte Formular zu verwenden. Der Antragsteller versichert darin, dass seine Angaben vollständig und wahr sind. Zudem hat das Formular die Partei oder die Person, die sie gesetzlich vertritt, zu unterzeichnen.

In den Ausfüllhinweisen zu dem Formular findet sich unter dem Buchstaben K die Festlegung, dass die Erklärung auch bei anwaltlicher Vertretung von der Partei selbst zu unterschreiben ist. Dabei haben die einzelnen Vorgaben in dem amtlichen Formular nach der Anlage zu § 1 I PKHFV Rechtsnormcharakter und sind rechtsverbindlich, weil dieses Formular als Anlage zu § 1 I PKHFV seinerseits Bestandteil dieser Rechtsverordnung ist. Im Abschnitt K Satz 1 des amtlichen Formulars wird die Form der Erklärung vorgegeben, in welcher ein Prozesskostenhilfeantragsteller seine Vermögensverhältnisse glaubhaft zu machen hat, indem er die vorformulierte Erklärung „Ich versichere hiermit, dass meine Angaben vollständig und wahr sind“ zu unterzeichnen hat (VG Frankfurt/Oder, Beschl. v. 9.3.2017 – 6 K 467/17.A, juris Rn. 2).

Fordert man die persönliche Unterzeichnung des Formulars durch die Partei, stellt sich allerdings schnell die Frage, wie ein Anwalt diese formwahrend an die Gerichte in elektronischer Form übermitteln soll. Zwar lässt sie sich einscannen und im Format PDF abspeichern. Damit geht aber die eigenhändige Unterschrift verloren. Die Verwendung des sicheren Übermittlungswegs über beA ersetzt lediglich die Unterschrift des Anwalts, nicht aber die seines Mandanten.

Da hilft es, dass das LAG Sachsen in einem jüngst bekannt gewordenen Beschluss eine andere Meinung in der Rechtsprechung fortsetzt (Beschl. v. 25.10.2018 – 4 Ta 52/18). Danach könne der vollständig ausgefüllte und vom Antragsteller unterschriebene PKH-Erklärungsvordruck auch in Form eines elektronischen Dokuments mit eingescannter Unterschrift vorgelegt werden, wenn die Erklärung unzweifelhaft vom Antragsteller stammt und er „zu seinen Angaben steht“. § 117 II ZPO verlange auch in der seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts im Jahr 2013 geltenden Fassung nicht, dass die Erklärung, um wirksam zu sein, eigenhändig unterschrieben sein müsse und im Original vorgelegt werde (so schon BGH, Beschl. v. 10.07.1985 – IV b ZB 47/85 und OLG Karlsruhe, Beschl. v. 7.12.1995 – 2 WF 145/95, jeweils zu § 117 II ZPO a.F.).

Ein solches Erfordernis stellt nach Ansicht des LAG auch die PKHVordruckVO v. 22.1.2014 nicht auf (unter Berufung auf LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 17.5.2017 – 6 Ta 67/17, unter 2 c) bb)). In gleicher bzw. ähnlicher Weise hatten zuvor auch schon andere Gerichte entschieden (OLG Dresden, Beschl. v. 04.04.2018 – 4 W 325/18, unter 2.; LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 22.9.2004 – 8 Ta 97/04 Rn. 4 für Fotokopien).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung dürfte es daher vertretbar sein, den Antrag auf PKH formwahrend nach § 130a III ZPO dem Gericht über beA zu übersenden und die vom Mandanten unterzeichnete Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse als eingescanntes Dokument zu übermitteln. Aber Obacht: Trennen Sie (wie üblich) sonstige Schriftsätze vom Antrag auf PKH, damit diese isoliert der Gegenseite zugeleitet werden können (vgl. § 117 II 2 Hs. 1 ZPO).
 
 
Personenbezogene Daten im Journal?

Für viel Diskussionsstoff sorgt immer noch die seit dem 25.5.2018 geltende Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Natürlich haben die relevanten Bestimmungen auch Auswirkungen auf die Datenverarbeitung im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs. Und auch innerhalb des beA findet an mehreren Stellen eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten statt, auch mit jeder einzelnen Nachricht.

Auch im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs müssen Sie darauf achten, die angefallenen personenbezogenen Daten nach Wegfall des Verarbeitungszwecks regelmäßig zu löschen, vgl. etwa Art. 5 I lit. f, Art. 17 DSGVO. Dabei hilft Ihnen das beA schon ein wenig, denn ab dem 1.4.2019 wirken die neuen Löschfristen (beA-Newsletter 8/2019). Das bedeutet, dass Nachrichten in Ihrem Papierkorb, die älter als 90 Tage sind, automatisch gelöscht werden.

Gut zu wissen: Auch über die sogenannten Journale (beA-Newsletter 8/2017) werden personenbezogene Daten, z.B. Ihrer Kollegen und Mitarbeiter, gespeichert. Die Nachrichtenjournale werden regelmäßig mit der Nachricht gelöscht (vgl. beA-Newsletter 24/2018). Kümmern sollten Sie sich aber um die Nutzer- und Postfachjournale. Exportieren Sie diese am besten in regelmäßigen Abständen und löschen Sie sie innerhalb Ihres beA. Anschließend können Sie anhand der exportierten Datei prüfen, ob und welche Einträge Sie noch benötigen.

Und so gehen Sie dabei am besten vor:

Rufen Sie über "Einstellungen" das Nutzerjournal (1) oder alternativ das Postfachjournal (A) auf. Klicken Sie anschließend auf „Löschen“ (2).
Bestätigen Sie die Sicherheitsfrage mit „Ja“ (1).
Geben Sie nun an, dass Sie vor dem Löschvorgang noch einen Export aller Daten wünschen (1). Die Journaleinträge werden anschließend in einer „CSV-Datei“, die durch ein Zertifikat gesichert ist, in einem ZIP-Ordner auf Ihrem System abgelegt (vgl. beA-Newsletter 26/2018). Das Journal wird dann gänzlich gelöscht.
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LAG Hessen: Ignorantia legis non excusat

„Die Unkenntnis von Gesetzen entschuldigt nicht“ oder als Volksweisheit: „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.“ Diesen Grundsatz hat jüngst das LAG Hessen (Beschluss vom 18.10.2018 – 11 Sa 70/18) in einem Wiedereinsetzungsverfahren mit Bezug zu den Vorschriften des elektronischen Rechtsverkehrs bestätigen müssen.

Was war geschehen? Eine Anwältin hatte für ihren Mandanten in einer arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung den Schriftsatz mit der Berufungsbegründung als elektronisches Dokument über den EGVP-Client – also ohne beA – bei Gericht eingereicht. Weil kein sicherer Übermittlungsweg genutzt wurde, musste eine qualifizierte elektronische Signatur an dem Schriftsatz angebracht werden. Signiert hatte die Anwältin allerdings lediglich die gesamte Nachricht. Das wiederum führte zu einer unwirksamen Containersignatur, § 130a II 2, III ZPO  in Verbindung mit § 4 I Nr. 2 ERVV (zur aktuellen Rechtsprechung: beA-Newsletter 1/2019). Es kam, wie es kommen musste: Die Anwältin erfuhr erst nach Fristablauf von dem Malheur.

Sie berief sich in ihrem Wiedereinsetzungsantrag u.a. darauf, weder ihr noch ihrer gewissenhaft arbeitenden Mitarbeiterin sei bekannt gewesen, dass man seit dem 1.1.2018 nach § 4 II ERVV eine sog. Container-Signatur nicht mehr verwenden dürfe. Man sei vielmehr davon ausgegangen, dass die qualifizierte Signatur ausreichend sei, zumal das „System“ auch eine ordnungsgemäße Eingangsbestätigung mit einem gültigen Zertifikat „ausgeworfen“ habe.

Das LAG sah eine schuldhafte Säumnis der Anwältin. Sofern es um die Beurteilung der Rechtslage gehe, werde von Rechtsanwälten grundsätzlich die Kenntnis bundesrechtlicher Normen, die in einer Anwaltspraxis gewöhnlich zur Anwendung kommen, vorausgesetzt. Ebenso werde erwartet, dass Rechtsanwälte sich über Änderungen dieser normativen Regelungen innerhalb angemessener Frist informierten. Bei den formellen Wirksamkeitsvoraussetzungen der Einreichung von Schriftsätzen im elektronischen Rechtsverkehr handele es sich nicht nur um berufsalltäglich relevante, sondern in der forensischen Anwaltspraxis besonders bedeutsame Regelungen. Diese Regelungen müssten auch der Anwältin und nicht (nur) deren Mitarbeitern bekannt sein. Denn schließlich sei die Anwältin für die ordnungsgemäße Unterschrift verantwortlich.

Vor diesem Hintergrund wird allen Anwältinnen und Anwälten dringend empfohlen, den elektronischen Rechtsverkehr zur Chefsache zu erklären und sich selbst mit der neuen Rechtslage und Implementierung in der eigenen Kanzlei zu befassen. Selbstverständlich sollten auch die Mitarbeiter ausreichend geschult sein. Organisation und Kontrolle bleiben aber in den Händen der „verantwortenden Personen“ (vgl. § 130a III ZPO).
  
 
Tipps & Tricks: Schnell Zwischenspeichern mit „Enter“

Wissen Sie noch? Wir haben Ihnen schon mehrfach empfohlen, bei der Erstellung einer neuen Nachricht diese regelmäßig zwischenzuspeichern. Das hat u.a. den Vorteil, dass Sie beim eigentlichen Versand Zeit sparen (dazu schon beA-Newsletter 15/2017). Denn die als Anhang beigefügten elektronischen Dokumente werden beim Speichern sofort auf die Server der BRAK hochgeladen. Lösen Sie dann später den Versand aus, muss die Nachricht nur noch von den BRAK-Servern an den Empfänger weitergeleitet werden.

Natürlich ist zwischenspeichern auch sinnvoll, um bei Problemen am eigenen PC oder mit der Webanwendung Ihr Arbeitsergebnis zu sichern. Und dieses Zwischenspeichern geht eigentlich ganz einfach:

Entweder Sie klicken regelmäßig auf den Button „Speichern“ (1). Oder – noch einfacher – Sie betätigen einfach die Enter- bzw. Return-Taste Ihrer Tastatur an einer beliebigen Stelle in der beA-Nachricht. Die Nachricht wird dann sofort verschlüsselt und auf den Servern der BRAK „geparkt“. Sie können dann entweder weiterarbeiten oder die Nachricht schließen (2) und sie zu einem späteren Zeitpunkt über den Ordner „Entwürfe“ innerhalb Ihrer Nachrichtenübersicht wieder aufrufen.
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Alle Informationen zum beA unter www.bea.brak.de