Ausgabe 14/2019 v. 11.4.2019
 
 
eV und beA – das geht!?

Bei der Arbeit mit dem beA stellen sich nicht nur technische Fragen, sondern zuweilen auch prozessuale. Man ist an ein bestimmtes Verfahren in Papierform gewöhnt – jetzt gilt es umzudenken und das Verfahren in die elektronische Welt zu transferieren. Nicht immer hilft dabei ein Blick ins Gesetz, denn die einzelnen Prozessordnungen gehen größtenteils selbst noch von den Abläufen in der Papierwelt aus.

Beispielsweise ergibt sich in Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes die Frage, wie nun eine eidesstattliche Versicherung des Antragstellers zur Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO) an das Gericht zu übermitteln ist. Bislang hat man sie häufig einfach nur dem Schriftsatz im Original beigefügt. Dabei gab es verbreitet die Meinung, nur dieses Original könne zur Glaubhaftmachung herangezogen werden.

Eine eidesstattliche Versicherung kann allerdings schriftlich, mündlich und somit auch in Form eines Telefaxes abgegeben werden (BayObLG, Urt. v. 23.2.1995 – 5 St RR 79/94). Jedenfalls für die zivilprozessuale Anerkennung kann es ausreichen, wenn der Prozessbevollmächtigte lediglich eine Telefaxkopie weiterreicht, die er selbst vom Mandanten erhalten hat (BGH, Urt. v. 16.4.2002 – KZR 5/01, S. 7). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Zeuge von einer Strafbarkeit bei unrichtiger Erklärung ausgehen musste.

Zwar ist auch denkbar, dass der Anwalt eine von ihm (elektronisch) beglaubigte Abschrift der eidesstattlichen Versicherung fertigt (so Wehlau/Kalbfus, MittPat 2011, 167). Allerdings ist der Anwalt eigentlich nur zur Beglaubigung im Rahmen des § 169 II 2 ZPO befugt (BGH Beschl. v. 5.7.1984 – I ZR 102/8, zu § 170 II ZPO a.F.). Letztlich kommt es aber immer nur darauf an, dass dem Gericht eine ausreichende „Wahrscheinlichkeitsfeststellung“ des vorgetragenen Sachverhalts ermöglicht wird.

Danach ist es nicht ausgeschlossen, im Rahmen eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung die eidesstaatliche Versicherung des Mandanten per beA an das Gericht zu übermitteln. Sie kann als pdf-Dokument entsprechend § 2 I ERVV dem Verfügungsantrag beigefügt werden. Mit Inkrafttreten des § 130d ZPO n.F., also der aktiven Nutzungspflicht, (spätestens) zum 1.1.2022, müssen Sie diesen Weg dann nutzen.
 
 
beA und die Vollmachtsurkunde

Zugegeben, der elektronische Rechtsverkehr hat gelegentlich noch so seine Tücken. Alles kann dann doch nicht elektronisch übermittelt werden – Vollmachtsurkunden zum Beispiel. Sie sind grundsätzlich nach § 80 S. 1 ZPO schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Vorzulegen ist das Original oder zumindest eine beglaubigte Abschrift – auch wenn die Prozessvollmacht eigentlich formlos erteilt werden kann. Rügt der Gegner das Fehlen der Vollmachtsurkunde nach § 88 I ZPO, muss man sie nachreichen.

Im Einzelfall kann es aber mit dem Nachreichen problematisch werden, so nämlich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Das musste eine Verfügungsklägerin vor dem LG Bochum bitter erfahren, die ihre Antragsschrift elektronisch mittels beA eingereicht hatte. In der mündlichen Verhandlung zum Widerspruchsverfahren rügte die Verfügungsbeklagte den Mangel der Prozessvollmacht. Eine Vollmachtsurkunde konnte nicht vorgelegt werden. Das LG Bochum (Urt. v. 4.10.2017 – I-13 O 136/17) hob deswegen die einstweilige Verfügung auf:

Ebenso wenig wie eine Übermittlung per Telefax den Nachweis der ordnungsgemäßen Vollmacht führen könne, gelte dies auch für eine auf elektronischem Weg übermittelte Vollmacht, weil hierdurch nicht festgestellt werden könne, ob der Verfügungskläger die Original-Vollmachtsurkunde unterzeichnet habe. Da die Verfügungsklägerin das Original der Vollmacht bzw. eine öffentlich beglaubigte Urkunde nicht bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorgelegt habe und eine Fristsetzung zur Einreichung im Hinblick auf Sinn und Zweck des Eilverfahrens nicht in Betracht gekommen sei, sei die einstweilige Verfügung aufzuheben.

Ein ähnliches Problem ergibt sich übrigens bei einseitigen Rechtsgeschäften im Sinne des § 174 BGB: Zwar gelten im prozessualen Bereich die §§ 80 ff. ZPO vorrangig. Sobald allerdings außergerichtlich ein einseitiges Rechtsgeschäft gegenüber einer anderen Person ohne Vorlage der Vollmachtsurkunde vorgenommen wird, kann diese das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweisen. Eine Telefaxkopie der Vollmacht genügt hier ebenso wenig (BGH, Urt. v. 10.10.2017 – XI ZR 457/16, Rn. 26) wie eine Übersendung als elektronisches Dokument über beA.

Im Ergebnis sollte daher in kontradiktorischen Verfahren vom Mandanten am besten immer eine Originalvollmacht eingeholt werden. Sofern Sie dem Gericht nur eine Abschrift per beA vorlegen, sollten Sie die Original-Vollmachtsurkunde in jedem Fall zur mündlichen Verhandlung mitnehmen, um sie ggf. vorlegen zu können. Bei einseitigen Rechtsgeschäften bleibt wohl vorerst nur die Übersendung in Papierform zusammen mit der Vollmachtsurkunde.
 
Schrumpfend, aber noch da: der Flickenteppich

Es ist das große Ziel des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs und der Folgereglungen: die bundesweite Öffnung des elektronischen Rechtsverkehrs bei allen Gerichten ohne die Notwendigkeit von landesspezifischen Verordnungen. Dadurch soll nicht nur überhaupt die Möglichkeit zur elektronischen Kommunikation eröffnet, sondern auch der Flickenteppich unterschiedlicher Landesregelungen beseitigt werden – zugunsten einer klaren, bundeseinheitlichen Rechtslage.

Auf dem Weg dahin wurde bereits viel erreicht, ein Rest-Flickenteppich besteht aber noch bei Straf- und Ordnungswidrigkeitensachen. Denn nach § 15a EGStPO können Bund und Länder jeweils für ihren Bereich regeln, dass die Einreichung elektronischer Dokumente abweichend von § 32a StPO erst zum 1.1.2019 oder 2020 möglich ist und § 41a StPO in der bis 31.12.2017 geltenden Fassung bis zum 31.12.2018 oder 2019 weiter Anwendung findet. Für Bayern und Baden-Württemberg sind beispielsweise zum Jahreswechsel alle Opt-Out-Regelungen weggefallen (dazu beA-Newsletter 31/2018 und 50/2017).

Eine dieser Opt-Out-Regelungen ist nun einem Strafverteidiger in Rheinland-Pfalz zum Verhängnis geworden. Denn dort wurde eine entsprechende Verordnung erlassen (vgl. auch die Zusammenstellung auf der beA-Website der BRAK). Sie hat zur Folge, dass zwar frühere Verordnungen fortgelten, wonach die elektronische Kommunikation mit den Gerichten in Strafsachen grundsätzlich möglich ist. Allerdings kann bis zum 31.12.2019 noch nicht von der erleichterten Einreichungsmöglichkeit auf einem sicheren Übermittlungsweg Gebrauch gemacht werden. Elektronische Dokumente müssen also weiterhin mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) versehen sein.

In der Sache ging es um eine Lockerung des Strafvollzugs, die die Vorinstanz versagt hatte. Der Strafverteidiger hatte seine Rechtsbeschwerde mittels beA, aber ohne qeS eingereicht. Das OLG Zweibrücken (Beschl. v. 11.3.2019 – 1 Ws 314/18 Vollz) sah das Schriftformerfordernis nach § 118 III StVollzG nicht gewahrt, weil aufgrund der Rechtsverordnung die alte Fassung des § 41a StPO weitergelte. Danach wäre das Anbringen einer qualifizierten Signatur erforderlich gewesen. Zwar hatte der Strafverteidiger wegen des eingetretenen Fristversäumnisses Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt. Allerdings musste das OLG nicht darüber befinden, ob das Fristversäumnis schuldhaft eingetreten war, denn die Rechtsbeschwerde war hier schon aus anderen Gründen unzulässig.
  
 
Tipps und Tricks: Löschdatum anzeigen lassen

Im beA-Newsletter 12/2019 haben wir ausführlich erläutert, wie die seit 1.4.2019 geltenden Löschregeln für Nachrichten funktionieren. Wenn man die E-Mail-Benachrichtigungen aktiviert hat, erhält man für jede betroffene Nachricht eine E-Mail mit einer Benachrichtigung darüber, dass eine oder mehrere Nachrichten zum Löschen anstehen:

„In dem Postfach [Name, PLZ, Ort] befinden sich [Anzahl] Nachrichten im Papierkorb, deren Aufbewahrungsfrist am [Datum] ablaufen wird.“

Aber wie weiß man, welche Nachrichten von dem jeweiligen Löschzyklus erfasst sind? So können Sie nachsehen:

Melden Sie sich in Ihrem beA an und wechseln Sie innerhalb Ihres Postfachs (1) auf den Unterordner „Papierkorb“ (2). In der rechten Spalte sehen Sie das neue Datenfeld „endgültiges Löschdatum“ (3). Klicken Sie auf den Spaltenkopf (4), um die Nachrichten zu sortieren. So können Sie sich alle zur Löschung anstehenden Nachrichten anzeigen lassen.

Gut zu wissen: Weil die Prozesse für das automatische Verschieben und Löschen von Nachrichten ab dem 1.4.2019 schrittweise beginnen, kann es, bis im Mai 2019 der Regelbetrieb begonnen hat, dazu kommen, dass das angezeigte Löschdatum noch angepasst wird. Nachrichten werden auf keinen Fall vor dem angezeigten Datum gelöscht.
Wenn Sie nicht möchten, dass eine Nachricht automatisch gelöscht wird, dann markieren Sie diese (1) und klicken Sie auf den Button „Verschieben“ (2). Wählen Sie anschließend den Ordner aus, in den Sie die Nachricht bewegen möchten (3). Achtung: Nicht jeder Ordner steht bei jedem Nachrichtentyp zur Verfügung. Eine Entwurfsnachricht kann z.B. nur in den Ordner „Entwürfe“ verschoben werden. Schließen Sie mit „OK“ (4) ab.
Sollten Sie auch in den anderen Ordnern das Datum sehen wollen, zu dem die Nachrichten endgültig gelöscht werden, können Sie sich die entsprechenden Datenfelder jederzeit einblenden. Und das geht so:

Klicken Sie in dem entsprechenden Ordner – z.B. „Posteingang“ (1) – unter „Sonstige Funktion“ auf den Button „Spaltenauswahl“ (2).
Wählen Sie die Datenfelder „Löschdatum“ (1) und „Endgültiges Löschdatum“ (2) in der linken Spalte aus und bewegen Sie diese Datenfelder per Drag-and-Drop oder mittels der Pfeil-Buttons an eine beliebige Stelle in der rechten Spalte (3). Bestätigen Sie die Auswahl mit „Speichern“ (4).
Innerhalb Ihres Posteingangs können Sie nun sehen, dass die Nachrichten über kein endgültiges Löschdatum verfügen (1), da sie sich nicht mehr bzw. noch nicht im Papierkorb befinden. Noch nicht geöffnete („angefasste“) Nachrichten wurden noch nicht mit einem Löschdatum versehen, werden also nicht automatisch in den Papierkorb verschoben (2). Alle anderen Nachrichten tragen ein individuelles Löschdatum (3).
Eins sollten Sie sich in jedem Fall bewusst machen, bevor Sie Nachrichten in Ihrem beA vor dem automatischen Löschen „retten“: Das beA ist ein Kommunikationssystem für den elektronischen Rechtsverkehr – kein Nachrichtenarchiv. beA-Nachrichten, die Sie längerfristig aufheben möchten, sollten Sie dort aufheben, wo sie ohnehin sein sollten, nämlich in der dazugehörigen Mandatsakte (Stichwort: § 50 BRAO). Wie man Nachrichten exportiert, können Sie hier nachlesen.
Alle Informationen zum beA unter www.bea.brak.de