Ausgabe 19/2019 v. 23.5.2019
 
 
OLG Braunschweig: Auch die einfache Signatur muss stimmen!

Die Privilegierung in § 130a III Alt. 2 ZPO ist längst bekannt: Auf die qualifizierte elektronische Signatur (qeS) an einem Schriftsatz kann im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs nur dann verzichtet werden, wenn der Postfachinhaber den Versand des formbedürftigen Schriftsatzes selbst über sein beA veranlasst (s. etwa beA-Newsletter 30/2018). Nur dann bringt das beA-System automatisch einen vertrauenswürdigen Herkunftsnachweis (VHN) an die Nachricht an (dazu beA-Newsletter 22/2018) und die Form nach § 130a III Alt. 2 ZPO (bzw. vergleichbarer prozessualer Bestimmungen) wird gewahrt.

Das OLG Braunschweig hatte sich jüngst mit einer weiteren Anforderung dieser Privilegierung zu befassen, nämlich der einfachen Signatur (Beschl. v. 8.4.2019 – 11 U 164/18). Diese muss nämlich im Sinne eines Namenszusatzes diejenige Anwältin bzw. denjenigen Anwalt ausweisen, die/der den Schriftsatz verantwortet (s. etwa beA-Newsletter 48/2017). Die qeS ist nur dann entbehrlich, wenn der Postfachinhaber, der den Versand selbst aus seinem Postfach ausführt, und die durch die einfache Signatur ausgewiesene verantwortende Person identisch sind.

In dem Fall, den das OLG Braunschweig zu entscheiden hatte, reichte ein Anwalt einen Berufungsschriftsatz über sein beA ein. Der Schriftsatz trug aber unten den maschinenschriftlich wiedergegebenen Namenszug eines anderen Anwalts. Es fehle somit, so das OLG, an einer Identität zwischen der signierenden Person und dem Absender, so dass die Berufungsschrift bereits aus diesem Grund nicht ordnungsgemäß eingereicht worden sei. Nach dem Wortlaut von § 130a III ZPO müsse das elektronische Dokument von der verantwortenden Person signiert und (zu ergänzen: von dieser) auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Die verantwortende Person müsse demnach eine zweiaktige Handlung – Signatur und Einreichung – vornehmen, um das Dokument ordnungsgemäß einzureichen.

Das OLG Braunschweig wies die betroffene Anwaltskanzlei noch rechtzeitig vor Fristablauf auf den Formverstoß hin. Von dort wurde auch sofort per Telefax ein weiterer Schriftsatz nachgereicht – nur leider mit einem weiteren Formverstoß. Es blieb somit nur die Wiedereinsetzung, doch hier war das OLG Braunschweig streng: Der Prozessbevollmächtigte habe die Frist schuldhaft versäumt, denn der Rechtsirrtum eines Rechtsanwalts sei regelmäßig nicht unverschuldet. Ein Rechtsanwalt müsse die Gesetze kennen, die in einer Anwaltspraxis gewöhnlich zur Anwendung kämen. Dazu bestünde umso mehr Veranlassung, wenn es sich um eine vor kurzem geänderte Gesetzeslage handele, die ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit verlange (vgl. auch beA-Newsletter 10/2019). Ganz so neu ist die Gesetzeslage hier freilich nicht mehr: § 130a ZPO gilt in dieser Fassung bereits seit dem 1.1.2018.

Ein kleiner Trick: Achten Sie, wenn Sie ein formbedürftiges Dokument an eine beA-Nachricht anhängen, darauf, dieses als „Schriftsatz“ zu klassifizieren. Dann stellt das beA-System automatisch sicher, dass diese Dokumente nur der Postfachinhaber selbst ohne qeS versenden kann (s. dazu die nachfolgenden Beiträge).
 
 
OLG Braunschweig: Die fortgeschrittene Signatur reicht nicht!

Das OLG Braunschweig hatte in der gerade erwähnten Entscheidung (Beschl. v. 8.4.2019 – 11 U 164/18) noch ein weiteres Problem zu lösen, nämlich die Frage, ob und inwieweit das Anbringen einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur (feS) formwahrend sein kann. Hier stutzt bestimmt der eine oder andere: Die qualifizierte elektronische Signatur (qeS) ist ja mittlerweile bekannt, und auch die einfache Signatur als Namenszug unter einem Dokument wird tagtäglich gesetzt. Aber was ist eine fortgeschrittene elektronische Signatur?

Anders als die qeS (vgl. Art. 25 II eIDAS-VO) steht die feS in rechtlicher Hinsicht nicht der Unterschrift gleich, auch wenn beide jeweils durch ein Zertifikat erzeugt werden. Ausführlich haben wir die verschiedenen Signatur-Arten im beA-Newsletter 14/2017 erläutert (allerdings noch mit Bezug zum ehemaligen SigG, dessen Regelungen im Wesentlichen durch die eIDAS-Verordnung abgelöst wurden; s. nun Art. 3 Nr. 10–12 eIDAS-VO).

Im beA-System dient das fortgeschrittene Zertifikat zur Anmeldung am beA und zur Ent- bzw. Verschlüsselung der Nachrichten. Es ist als „Standardzertifikat“ auf den beA-Karten oder auch im Softwarezertifikat enthalten. Wird im Rahmen des Abonnements „beA-Karte Signatur“ die Ausstellung eines qualifizierten elektronischen Zertifikats beantragt, kann dieses neben das fortgeschrittene auf die Karte geladen werden. Die Anmeldung am beA erfolgt dann mit dem fortgeschrittenen elektronischen Zertifikat, die Unterschrift mit dem qualifizierten.

Das OLG Braunschweig hatte es mit folgender Konstellation zu tun: Ein Anwalt hatte einen Schriftsatz über sein beA bei Gericht eingereicht, der allerdings mit dem Namen eines anderen Anwalts als verantwortende Person versehen war. Obendrein war noch eine feS mit Hilfe eines Softwarezertifikats der Bundesnotarkammer an dem elektronischen Dokument angebracht, und dieses Zertifikat trug als Inhaberbezeichnung die Zeichen „Advo D. .4.“, also noch einer weiteren Person.

Diese feS könne, so stellte das OLG Braunschweig fest, weder eine (fehlende) einfache Signatur ersetzen, noch sei es einer qeS gleichgestellt. Der Signierende sei bei einer feS, deren Autor allein anhand des im Prüfprotokoll ausgewiesenen Zertifikats nicht sicher festgestellt werden könne, gezwungen, seine Identität durch Einreichung von weiteren Belegen gegenüber dem Gericht nachzuweisen. Eine vereinfachte Übermittlung von elektronischen Dokumenten an das Gericht und die Stärkung des Nutzervertrauens, die der Gesetzgeber bei Einführung der Einreichung über den sicheren Übermittlungsweg vor Augen gehabt habe, würden hierdurch gerade nicht erreicht. Kurzum: Weder für § 130a III Alt. 1 ZPO noch für Alt. 2 jener Vorschrift genügt eine feS.

Aber keine Sorge: Wenn Sie mit der Signaturfunktion des beA arbeiten, kann eine feS nicht versehentlich angebracht werden. Denn das beA-System lässt hier nur eine Signaturkarte zu, keine „normale“ beA-Karte (s. den nachfolgenden Beitrag). Wenn Sie versuchen, die mit einem Drittprogramm erzeugte feS zusammen mit einem als „Schriftsatz“ klassifizierten Dokument (1) über die beA-Webanwendung hochzuladen, erhalten Sie eine Fehlermeldung. Klicken Sie also hier im Regelfall auf den Button „Nein“ (2).
Sollten Sie die Signatur mit Drittprogrammen erzeugen müssen (in unserem Beispiel: Governikus Signer; es gibt auch Signaturprogramme anderer Anbieter, s. etwa beA-Newsletter 36/2017), dann achten Sie darauf, das Signaturniveau auf „qualifiziert“ zu setzen (1) und nur das entsprechende qualifizierte elektronische Zertifikat auszuwählen.
 
Signieren mit dem beA – wie ging das nochmal?

Falls Sie als Postfachinhaber Ihre Schriftsätze nicht selbst versenden möchten (und damit die Privilegierung nach § 130a III Alt. 2 ZPO nutzen – s. dazu die beiden vorigen Beiträge), müssen Sie diese mit ihrer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Aber wie ging das nochmal?

In jedem Fall benötigen Sie dazu eine qualifizierte elektronische Signaturkarte. Am einfachsten schließen Sie hierzu das Abonnement „beA-Karte Signatur“ bei der Bundesnotarkammer ab. Sollten Sie bereits eine „beA-Karte Basis“ haben, dann können Sie diese jederzeit mit einer „Nachladesignatur“ zur Signaturkarte erweitern (dazu beA-Newsletter 18/2019).

Zum Unterschreiben reicht allerdings Ihre qualifizierte elektronische Signaturkarte nicht. Natürlich benötigen Sie auch einen Kartenleser und eine Software, die Signaturen erzeugen kann. Signatursoftware gibt es von verschiedenen Anbietern (dazu beA-Newsletter 36/2017), sie ist auch in manche Kanzleisoftware integriert. Ob Ihre Kanzleisoftware diese Funktionalität „kann“, erfahren Sie am besten im Benutzerhandbuch Ihrer Software. Sie können aber auch ganz einfach die Signaturkomponente des beA-Systems nutzen. So stellen Sie sogar sicher, dass nicht am Ende nur eine Signatur mit einem fortgeschrittenen Zertifikat angebracht wird, die die Schriftform nicht ersetzt (so wie oben beim OLG Braunschweig…). Denn das beA-System erlaubt nur das Signieren mit einem qualifizierten elektronischen Zertifikat.

Die qualifizierte elektronische Signatur für ein elektronisches Dokument kann innerhalb des beA an drei Stellen angebracht werden: Beim Anfügen von Dokumenten an eine Nachricht, innerhalb einer Nachricht bei der Übersicht der Anhänge und innerhalb des Entwurfsordners.

Wir zeigen Ihnen einmal die erste Variante:

Wenn Sie in einer neuen Nachricht auf den Button „Anhang hochladen“ klicken (1), öffnet sich die beA Client Security. Wählen Sie über den Dateiexplorer das hochzuladende Dokument aus. Im nachfolgenden Fenster wählen Sie bei schriftformbedürftigen Dokumenten immer den Anhangstyp „Schriftsatz“ aus (2). Damit verhindern Sie, dass ein Dritter dieses Dokument ohne qeS versenden kann. Schließlich verwenden Sie die Option „neue Signatur erstellen“ (3) und fahren mit „OK“ fort (4).
Es öffnet sich nun ein Auswahlfenster. Nur wenn eine Signaturkarte mit einem qualifizierten elektronischen Zertifikat in den Kartenleser eingesteckt ist, können Sie dieses auswählen (1) und den Vorgang mit „OK“ bestätigen (2). Jetzt noch die PIN über den Kartenleser eingeben – fertig.
 
Orts- und Gerichtsverzeichnis

Nicht nur das bundesweite amtliche Anwaltsverzeichnis ist über das Internet abrufbar, sondern auch das bereits seit vielen Jahren bekannte Orts- und Gerichtsverzeichnis. Es ist mittlerweile eingegliedert in das Justizportal des Bundes und der Länder.

Mit Hilfe des Orts- und Gerichtsverzeichnisses lassen sich Adressdaten von Gerichten und Justizbehörden komfortabel recherchieren. Aber nicht nur das: Das Verzeichnis dient auch als erster Einstieg, um das zuständige Gericht für einen bestimmten Ort ausfindig zu machen. Natürlich werden besondere Gerichtszuständigkeiten nicht abgebildet.

Probieren Sie es mal aus. Geben Sie einfach eine beliebige Postleitzahl in die Suchmaske ein (1) und lösen Sie die Suche aus mit einem Mausklick auf den Button „Abschicken“ (2).
In der Ergebnisliste werden Ihnen nun für diesen Ort zuständige Gerichte und Behörden angezeigt. Neben den Kontaktdaten finden Sie seit Neuestem auch Informationen darüber, ob und inwieweit der elektronische Rechtsverkehr (insbesondere in Straf- und Ordnungswidrigkeiten-Sachen, vgl. beA-Newsletter 14/2019) bei dem Gericht bzw. der Behörde bereits eröffnet ist.

Für Technikfreaks: Hier ist auch die XJustiz-ID veröffentlicht, die eine eindeutige Zuordnung des Gerichts über den XJustiz-Datensatz ermöglicht (1). Und schließlich finden sich unter dem jeweiligen Eintrag noch zahlreiche Informationen zu weiteren funktionalen Zuständigkeiten (2).

Fazit: Unbedingt mal reinschauen!
Alle Informationen zum beA unter www.bea.brak.de