Ausgabe 30/2019 v. 2.10.2019
Liebe Leserinnen und Leser,
 
in dieser Ausgabe haben wir Neues für Sie zur Nutzung des beA in Terminalserver-Umgebungen und zu den gesetzgeberischen Vorarbeiten für die Einführung elektronischer Strafakten, die als Blaupause für elektronische Akten in der gesamten Justiz dienen sollen.

Dazu stellen wir Ihnen aktuelle Entscheidungen rund um die Nutzung des beA vor. Interessant ist vor allem die Entscheidung des OLG Dresden: Klappt der Fax-Versand nicht, soll der Anwalt per beA versenden, um die Frist doch noch zu wahren.

Und schließlich haben wir Tipps für Sie zur Nummerierung von Schriftsätzen und dazu, wie Sie Ihren neuen Namen „in Ihr beA“ bekommen, wenn Sie z.B. geheiratet haben sollten.

Eine interessante und vergnügliche Lektüre – und einen schönen Feiertag – wünscht

Ihr Team des beA-Newsletters
 
Wie geht das mit Terminalserverumgebungen?
 
Lange wurde darauf gewartet, dass auch die in Kanzleien häufig verwendeten Umgebungen für Terminalserver für die Arbeit mit der beA Client-Security unterstützt werden. Insbesondere sollte der gleichzeitige Zugriff durch mehrere Nutzer möglich werden. Seit dem Update auf die Version 2.2 Anfang August 2019 kann nun die beA Client-Security auch auf Terminalservern installiert werden.
 
Die beA Client-Security ist nunmehr für die folgende Kombination aus Terminalserver, Serverbetriebssystem und Clientbetriebssystem freigegeben:
  • Client-Betriebssystem: Windows 10
  • Server-Betriebssystem: Windows Server 2016 R2
  • Terminalserver: Citrix Virtual Apps 1811
Zu beachten sind folgende Grundvoraussetzungen:
  • Die für die Nutzung eines Chipkartenlesers erforderlichen Treiber müssen auf dem Anwenderrechner installiert sein, nicht auf dem Terminalserver.
  • Das notwendige Java JRE bringt das Installationsprogramm der beA Client-Security mit. Dieses muss nicht auf dem Server installiert sein.
Die Bereitstellung der Software erfolgt übrigens einheitlich für die lokale Nutzung sowie für die Nutzung in einer Terminalserverumgebung. Also laden Sie die beA Client-Security wie üblich über die beA-Startseite herunter. Anschließend führen Sie die Installation als Administrator des Terminalservers einmalig auf dem Server aus. Damit steht sie allen im System angeschlossenen Benutzern zur Verfügung. Aber Obacht: Als Administrator dürfen Sie nur die Installation ausführen, aber nicht die beA Client-Security starten! Der Start der Anwendung darf ausschließlich durch die lokalen Benutzer erfolgen.

Nach der Freigabe der Anwendung für die Benutzer kann jeder am Terminalserver angemeldete Benutzer innerhalb seiner Session die beA Client-Security unabhängig von anderen Benutzern starten und schließen. Es wird jeweils eine eigene (beA Client-Security)-Instanz innerhalb der Umgebung des jeweils angemeldeten Benutzers gestartet. Jede Instanz der beA Client-Security verwendet einen eigenen Port auf Localhost für die Kommunikation mit dem Browser.

Die Aktualisierung einer bereits installierten beA Client-Security geschieht wie gewohnt automatisch.
 
Elektronische Strafakten: Stellungnahmen zu Rechtsverordnungen
 
Wie bereits im beA-Newsletter 26/2019 angekündigt, hat die BRAK mittlerweile eine Stellungnahme (Nr. 19 von September 2019) zu den Referentenentwürfen für Verordnungen zu dem Führen von elektronischen Strafakten abgegeben. Sie erinnern sich: Die Entwürfe befassen sich mit einzelnen weiteren Umsetzungsschritten, um zu einer einheitlichen elektronischen Aktenführung in Strafsachen zu gelangen. Sie dienen gleichzeitig als Blaupause für andere Verfahrensordnungen.

Die BRAK unterstützt uneingeschränkt die Zielsetzung der drei Verordnungen, gleiche Anforderungen für die elektronische Aktenführung der gem. § 110a IV OWiG, § 110a I 1 StVollzG verpflichteten Verfolgungs- und Vollstreckungsbehörden sowie der Gerichte in Strafvollzugssachen vorzugeben. Um in allen Verfahrensarten und Verfahrensstadien in Straf- und Bußgeldsachen einschließlich der Vollstreckung die Ausübung des Akteneinsichtsrechts zu vereinfachen, seien verpflichtende Vorgaben für die elektronische Aktenführung, für die organisatorischen und dem Stand der Technik entsprechenden technischen Rahmenbedingungen einschließlich der einzuhaltenden Anforderungen des Datenschutzes, der Datensicherheit und der Barrierefreiheit erforderlich.

Sehr kritisch sieht die BRAK allerdings Ausnahmen zu einem einheitlichen elektronischen Aktenformat. Zudem könne mit der Absenkung von Vorgaben an die Inhalte elektronischer Akten (beispielsweise gem. § 2 IV BußAktFV und § 3 I, II BußAktFV) nicht die Erwartung eines Akteneinsichtsberechtigten erfüllt werden, alles in der elektronischen Akte in Bußgeldsachen zu finden, was gem. § 49 OWiG zu dem Aktenbestand zähle.

Weitere Informationen und Verlinkungen finden Sie in den „Nachrichten aus Berlin“ 18/2019 vom 11.9.2019.
 
Namensänderung – auch für Ihr beA?

Es kommt nicht selten vor, dass sich die persönlichen oder geschäftlichen Daten einer Anwältin oder eines Anwalts im Laufe des Berufslebens ändern. Sie wechselt die Kanzlei, er nimmt bei der Eheschließung den Namen seiner Partnerin oder seines Partners an, die Kanzlei an sich zieht um,… In allen diesen Fällen gilt: Anzeige bei der regionalen Kammer nicht vergessen!

Der gelegentlich übersehene § 24 I BORA regelt dazu: „Der Rechtsanwalt hat dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer unaufgefordert und unverzüglich anzuzeigen:
  1. die Änderung des Namens,
  2. Begründung und Wechsel der Anschrift von Kanzlei, Zweigstelle und Wohnung,
  3. die jeweiligen Telekommunikationsmittel der Kanzlei und Zweigstelle nebst Nummern,
  4. die Eingehung oder Auflösung einer Sozietät, Partnerschaftsgesellschaft oder sonstigen Verbindung zur gemeinschaftlichen Berufsausübung,
  5. die Eingehung und Beendigung von Beschäftigungsverhältnissen mit Rechtsanwälten.“
Aber welche Auswirkung hat nun eine Änderung dieser Daten auf Ihr beA? Sie werden es nicht glauben: überhaupt keine!

Denn Ihnen wurde als natürliche Person ein beA eineindeutig (nur) über eine SAFE-ID zugewiesen. Das bedeutet, Sie behalten auch bei einer Änderung Ihrer Kanzlei oder Ihres Namens immer Ihr beA. Die geänderten Daten werden – sofern mitgeteilt – von der zuständigen Kammer lediglich in die Verzeichnisse übernommen, auf die auch Ihr beA zugreift. Somit sind Änderungen auch automatisch in den Verzeichnisdiensten (also in den „Telefonbüchern“) enthalten, so dass man Sie unter Ihrem neuen Namen oder Ihrer neuen Kanzleiadresse finden wird. Gut zu wissen: Die BRAK brauchen Sie über eine Namens- oder Adressänderung nicht gesondert zu informieren.

Bei den beA-Karten muss man differenzieren:

Die beA-Karte Basis enthält im Zertifikat und im Aufdruck zwar Ihren Namen. Aber bei einer Namensänderung muss in rechtlicher wie technischer Hinsicht grundsätzlich keine neue beA-Karte Basis ausgestellt werden. Der Zugriff auf Ihr beA erfolgt quasi über Ihre unveränderliche SAFE-ID. Selbstverständlich können Sie aber Ihre alte Karte sperren lassen und eine Ersatzkarte beantragen. Geben Sie dann bitte den Vermerk „Namensänderung“ als Sperrgrund an (dazu beA-Newsletter 23/2018). Bei der Erstellung der Ersatzkarte werden die Daten mit dem Eintrag im Rechtsanwaltsverzeichnis abgeglichen – hier muss die Namensänderung daher bereits eingetragen worden sein, Sie müssen also zuerst Ihre Rechtsanwaltskammer informieren. Bedenken Sie zudem, dass im Rahmen der Ersatzkarte eine gesonderte Registrierung erforderlich wird (s. auch beA-Newsletter 6/2019).

Die beA Karte Signatur enthält, wenn Sie das qualifizierte elektronische Zertifikat bereits aufgeladen haben, Ihren alten Namen auch in dem qualifizierten elektronischen Zertifikat. Ändert sich der Name, bevor der signaturrechtliche Antrag beglaubigt bei der BNotK eingereicht wurde, kann die Änderung im Antrag erfasst werden. Das qualifizierte Zertifikat wird dann auf den aktuellen Namen ausgestellt.

Wurde das qualifizierte Zertifikat bereits produziert, ist keine Änderung mehr möglich. Wenn Sie also mit diesem Zertifikat eine qualifizierte elektronische Signatur setzen, unterschreiben Sie mit dem alten Namen in diesem Zertifikat. Bei einer Namensänderung müssen Sie daher die alte Karte vollständig kündigen (mit Vermerk „Namensänderung“) und – nach Änderung der Daten im Rechtsanwaltsverzeichnis – die Ausstellung einer neuen beA Karte Signatur beantragen. Eine „Ersatzkarte“ kann in solchen Fällen nicht ausgestellt werden. Sie müssen dann auch den Antragsprozess inklusive notarieller Beglaubigung der Unterschrift bzw. Kammer-Ident-Verfahren neu durchführen.
 
Nicht jede Datei ist ein elektronisches Dokument

Zugegeben, die Formvorschriften für elektronische Dokumente etwa in § 130a ZPO in Verbindung mit der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) und den Bekanntmachungen zu § 5 ERVV (ERVB 2018 und ERVB 2019) sind für alle am gerichtlichen Verfahren Beteiligten noch ein wenig ungewohnt. Das beginnt bereits mit der Frage nach dem Anwendungsbereich (dazu beA-Newsletter 48/2017 und beA-Newsletter 4/2019). Beispielsweise werden vorbereitende Schriftsätze ausdrücklich in Bezug genommen. Nach herrschender Meinung gelten die Regelungen aber natürlich auch bzw. erst recht für bestimmende Schriftsätze (völlig richtig Leuering, NJW 2019, 2739).

Einen umgekehrten Fall hatte nun das OLG Brandenburg (Beschluss v. 24.6.2019 ­ 13 WF 122/19) in einer Familiensache zu entscheiden. In der Sache ging es um die Festsetzung der Vergütung für die Bestellung als Umgangspfleger sowie die Erstattung von Auslagen. Der zugrundeliegende Antrag wurde postalisch übermittelt. Im Nachgang wurden zahlreiche Fragen des Gerichts per E-Mail beantwortet. Belege wurden in Form von PDF-Dokumenten der E-Mail beigefügt. Die ebenfalls durch das Gericht angeforderte Handakte wurde – wohl wegen der Datengröße – durch Verlinkung auf einen Clouddienst („WeTransfer“) zum Download zur Verfügung gestellt. Das AG Neuruppin vertrat die Ansicht, jedenfalls die über den Downloadlink zur Verfügung gestellte Handakte erfülle nicht die Formvorschriften von § 14 FamFG und § 130a ZPO.

Das OLG Brandenburg statuierte, die angeforderte Handakte sei dem Anwendungsbereich der § 14 FamFG, §§ 130a, 131 ZPO entzogen. Auf deren Einhaltung komme es also für die dort genannten Anträge, schriftformbedürftigen Erklärungen der Beteiligten, schriftlich einzureichenden Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter nicht an. Vielmehr dürfe die als Nachweis für den zeitlichen Aufwand verlangte Handakte in Textform (§ 126b BGB), mithin auch als einfaches elektronisches Dokument eingereicht werden. Denn die in den Vorschriften § 14 FamFG, § 130a ZPO festgelegte Formstrenge bezieht sich nur auf die von diesen Regelungen erfassten Erklärungen und über §§ 253 IV, 519 IV, 520 V, 549 II, 551 IV, 575 IV 1 ZPO auch auf bestimmende Schriftsätze.
 
 
beA als Retter in der Not

Die Kommunikation per beA kann auch Probleme lösen – das zeigt eine aktuelle Entscheidung des OLG Dresden (Beschluss vom 29.7.2019 – 4 U 879/19). Freilich muss man diese Möglichkeit dann trotz fehlender „aktiver Nutzungspflicht“ auch ergreifen.

In der Sache ging es einmal – wieder mal – um ein Fristversäumnis. Die Berufungsbegründung ging erst einen Tag nach Fristablauf per Telefax bei Gericht ein. Beigefügt war ein Sendebericht vom Vortag, der eine nicht erfolgte Versendung mit einer Fehlermeldung wie folgt aufwies: „keine Antwort Gegenseite prüfen“. Erst auf richterlichen Hinweis wurde Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragt. Beigefügt war eine eidesstattliche Versicherung der Kanzleikraft, am Tag des Fristablaufs sei am frühen Nachmittag mit dem Faxversand begonnen worden. Nach „unzähligen“ Versuchen sei um 18:30 Uhr abgebrochen worden.

Das OLG gewährte keine Wiedereinsetzung. Unter anderem hätte die Prozessvertreterin nicht vorgetragen hat, wieso ihr eine Fristwahrung nicht auf anderem Wege möglich gewesen sein solle. Wenn sich herausstelle, dass eine Telefax-Verbindung aus unvorhersehbaren, nicht zu vertretenden Gründen nicht zustande komme, bleibe der Rechtsuchende nämlich verpflichtet, alle dann noch möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um eine Frist einzuhalten (unter Verweis auf BGH, Beschluss vom 26.6.1996 – IV ZB 5/96).

Insbesondere müsse ein Versand über das beA erwogen werden. Zwar sehe das Gesetz eine aktive Nutzungspflicht derzeit noch nicht vor. Mit erfolgreicher Anmeldung zum beA sei jedoch die Schaltfläche „Nachrichtenentwurf erstellen“ freigeschaltet und damit bestehe grundsätzlich auch die Möglichkeit, aus dem beA heraus auch Nachrichten zu versenden. Eine qualifizierte elektronische Signatur sei hierzu nicht erforderlich, wenn die Nachricht aus dem Postfach des Rechtsanwalts von diesem selbst versendet werde. Stelle der Kanzleimitarbeiter fest, dass der Versand per Telefax nicht möglich sei, müsse eine organisatorische Anweisung daher vorsehen, den Anwalt umgehend zu kontaktieren, damit dieser selbst noch einen Versand versuche.
 
Bates? Wer war denn das nochmal?

Es ist schon manchmal seltsam, für was Menschen ihre Namen hergeben müssen. Edwin G. Bates war Schatzmeister und Geschäftsführer der Bates Manufacturing Co., die am 13.9.1890 im Bundesstaat New York gegründet wurde. Diese stellte automatische Handnummeriermaschinen her. Noch heute kennen die gängigen PDF-Programme die sogenannte Bates-Nummerierung als fortlaufende Nummerierung auch über mehrere PDF-Dateien hinweg. Sie erinnern sich vielleicht ... im beA-Newsletter 29/2018  haben wir bereits einmal darauf hingewiesen.

Die fortlaufende Paginierung kennen Sie aus den Gerichtsakten. Sie ermöglicht, dass man auf einzelne „Blätter“ in der Verhandlung oder im Urteil Bezug nehmen kann. Zudem bleibt so die Reihenfolge auch bei der kurzfristigen Entnahme erhalten und vor allem bleibt die Vollständigkeit der Akte sichergestellt.

Gerade wenn der digitale Dokumentenaustausch neben die Führung von Papierakten tritt, kann eine fortlaufende Nummerierung digitaler Dokumente sehr sinnvoll sein. Denn nach einem Ausdruck digitaler Dateien fehlen notwenige Informationen, nämlich welcher Datei die ausgedruckten Seiten zuzuordnen sind und in welche Reihenfolge sie gehören. Würde in einer Geschäftsstelle der ausgedruckte Stapel versehentlich herunterfallen, wäre es unmöglich oder zumindest sehr zeitaufwendig, ihn wieder zusammenzusetzen. Dabei entstehende Fehler in Sortierung könnten sich nachteilig auswirken.

So kann es schon im eigenen Interesse sinnvoll sein, alle Seiten eines Sendevorgangs für den Fall des Ausdrucks durch das Gericht fortlaufend zu nummerieren. Dazu kann man sich der oben genannten Funktion „Bates-Nummerierung“ bedienen. Eine Verpflichtung dazu haben Sie freilich nicht. Wollen Sie es vielleicht einmal ausprobieren? Es dauert nur wenige Minuten. Suchen Sie in Ihrem PDF-Bearbeitungsprogramm die Bates-Nummerierung (1) (hier am Beispiel Adobe Acrobat Pro XI). Fügen Sie die benötigten Dateien von Ihrer Festplatte hinzu (2). Bringen Sie die Dateien ggf. in die richtige Reihenfolge (3). Schließen Sie mit „OK“ ab (4).
Legen Sie die Position der Paginierung fest und geben Sie vielleicht eine kurzen Text dazu ein (1). Legen Sie die Länge der fortlaufenden Ziffer fest (2) und die Startnummer (3). Schließen Sie jeweils mit „OK“ das Unter- (4) und das Hauptfenster (5) ab. Alternativ speichern Sie die Einstellungen für die nächsten Male in einem Profil (A).
Nun werden innerhalb kürzester Zeit alle Seiten in allen Dateien fortlaufendend durchnummeriert (1); Sie können den Vorgang mit „OK“ abschließen. Nun versenden Sie die Dateien über Ihr beA. Den Ausdruck bei Gericht bringt ab jetzt niemand mehr durcheinander.
Alle Informationen zum beA unter www.bea.brak.de