Ausgabe 33/2019 v. 14.11.2019
Liebe Leserinnen und Leser,

brandaktuell haben wir für Sie das heute verkündete Urteil des AGH Berlin, das sich mit der Frage beschäftigt (und sie im Ergebnis verneint), ob einzelne Anwälte einen Anspruch darauf haben, dass das beA mit einer ganz bestimmten Verschlüsselungstechnologie betrieben wird.

Außerdem werfen wir einen Blick auf die Entwicklung des elektronischen Rechtsverkehrs. Die nordrhein-westfälische Finanzgerichtsbarkeit und vom OLG Koblenz nutzen seit Kurzem die führende elektronische Akte; was das mit sich bringt und wie der Stand in den übrigen Ländern ist, berichten wir ebenfalls. Wir stellen Ihnen außerdem eine Entscheidung des LG Krefeld vor, das der Auffassung ist, wenn eine Faxübertragung scheitere, müsse der Anwalt den Schriftsatz per beA übermitteln – haftungs- und wiedereinsetzungsrechtlich ist dieser Beschluss durchaus pikant!

Hiermit und mit den weiteren Beiträgen der heutigen Ausgabe wünschen wir Ihnen viel Vergnügen und eine aufschlussreiche Lektüre!

Ihr Team des beA-Newsletters
 
 
Software-Update mit Downtime am 19.11.2019
 
Am 19.11.2019 wird ein Software-Update des beA-Systems erfolgen. Aus technischen Gründen wird deshalb das beA an diesem Tag in der Zeit von 00:30 bis voraussichtlich 07:00 Uhr nicht verfügbar sein.
 
 
Umstellung des Verschlüsselungsverfahrens am 20.11.2019
 
Wie bereits im beA-Newsletter 32/2019 vom 31.10.2019 mitgeteilt, hat die BRAK aufgrund der Empfehlungen der Koordinierungsstelle für IT-Standards des IT-Planungsrats eine Anpassung der kryptographischen Algorithmen von im beA zum Einsatz kommenden Verschlüsselungsverfahren vorgenommen. Die Umstellung des Verschlüsselungsverfahrens erfolgt am 20.11.2019.
 
Nach dieser Anpassung können die Signaturkarten der folgenden Hersteller nicht mehr für eine Anmeldung (Authentisierung) am beA verwendet werden, da sie die angepassten kryptographischen Algorithmen nicht unterstützen:
  • T-Systems International GmbH (Telesec)
  • D-Trust GmbH (Bundesdruckerei)
  • DGN Deutsches Gesundheitsnetz GmbH
Nach (anderweitiger) Anmeldung am beA (z.B. mit einer beA-Karte Basis) können Karten dieser Hersteller aber weiterhin für das Anbringen einer qualifizierten elektronischen Signatur im beA genutzt werden.
 
Wichtig: Die beA-Karten und Signaturkarten der Bundesnotarkammer (BNotK) unterstützen die Umstellung der Verschlüsselungsverfahren. Sie können ohne Einschränkung weiter verwendet werden.
 
eAkte in der nordrhein-westfälischen Finanzgerichtbarkeit und am OLG Koblenz
 
Der Minister der Justiz in Nordrhein-Westfalen, Peter Biesenbach, gab am 29.10.2019 in einem Festakt beim FG Düsseldorf die flächendeckende Einführung der führenden elektronischen Akte (eAkte) in der Finanzgerichtsbarkeit in Nordrhein-Westfalen bekannt (s. Pressemitteilung v. 29.10.19). Zum Einsatz komme dabei das durch die nordrhein-westfälische Justiz federführend entwickelte Fachverfahren VG/FG.

Auch in der FGO gibt es seit dem 1.1.2018 – wie in den übrigen Prozessordnungen – die Möglichkeit, elektronische Dokumente bei Gericht einzureichen. Diese müssen nun jedenfalls bei den Finanzgerichten in Nordrhein-Westfalen nicht mehr erst umständlich ausgedruckt werden. Damit ist die Digitalisierung der Aktenführung in dem ersten von fünf Gerichtszweigen in Nordrhein-Westfalen abgeschlossen. In den kommenden Jahren soll die eAkte schrittweise bei allen 226 Gerichten und Staatsanwaltschaften des Landes eingeführt werden.

Die Einführung der eAkte ist in allen Prozessordnungen verbindlich bis 1.1.2026 vorgeschrieben, so etwa in § 298a Ia ZPO. Die Einführung erfolgt auch in den anderen Ländern schrittweise, auch dort gibt es Pilotgerichte, um die führende eAkte zu erproben – wir haben bereits verschiedentlich darüber berichtet, zuletzt beispielsweise über die baden-württembergische Arbeitsgerichtsbarkeit (s. beA-Newsletter 17/2019). Auch das OLG Koblenz arbeitet seit Kurzem mit der eAkte und nutzt diese in der Fachanwendung eIP (elektronisches Integrationsportal). Seit Anfang Oktober 2019 werden alle eingehenden Zivilverfahren nur noch als elektronische Akte geführt. Im Frühjahr 2020 soll dann die Einführung der elektronischen Akte in den Familienverfahren folgen (s. Pressemitteilung v. 18.9.2019).

Die neuesten Entwicklungen können Sie sehr gut anhand der Länderberichte nachvollziehen – s. dazu den nachfolgenden Beitrag. Und natürlich werden wir ebenfalls über interessante Entwicklungen im Bereich des elektronischen Rechtsverkehrs in den Ländern berichten.
 
 
EDV-Länderberichte aktualisiert

Die Bund-Länder-Kommission für Informationstechnik in der Justiz (BLK) ist der Motor für den elektronischen Rechtsverkehr in Deutschland. Ihre Anfänge reichen bis in das Jahr 1969 zurück. Mittlerweile ist sie als ständige Arbeitsgruppe des E-Justice-Rats tätig, der wiederum die übergreifenden Aufgaben der Informationstechnik in der Justiz auf Grundlage des Art. 91c GG koordiniert.

Die BLK stellt einmal im Jahr Berichte der Länder für den Deutschen EDV-Gerichtstag  zusammen, aus denen die Entwicklung des Einsatzes der Informationstechnik in der Justiz hervorgeht. Diese mittlerweile sehr umfassenden Berichte sind nunmehr für das Jahr 2019 vollständig über das Justizportal des Bundes und der Länder abrufbar.

Über die Länderberichte können Sie sich schnell einen Überblick für Ihren „Gerichtssprengel“ dahingehend verschaffen, ob und inwieweit die Entwicklung des elektronischen Rechtsverkehrs bereits fortgeschritten ist.
 
Werden Sie gefunden: Verzeichnisdatenpflege
 
Vielleicht ist Ihnen in den Einstellungen Ihres beA – und zwar in der Postfachverwaltung – schon einmal der Bereich „Verzeichnisdatenpflege“ begegnet. Was es damit auf sich hat, erklären wir Ihnen einmal:

Gemeint ist nicht das Gesamtverzeichnis der BRAK, sondern das europaweite Anwaltsverzeichnis „Find a Lawyer“. Die Funktion „Verzeichnisdatenpflege“ ermöglicht es Ihnen, in „Find a Lawyer“ mit Tätigkeitsschwerpunkten und Sprachkenntnissen besser gefunden zu werden.

 „Find A Lawyer“ wird von der EU-Kommission im Rahmen ihres e-Justice-Portals betrieben und listet alle Anwältinnen und Anwälte in der EU. Es wird von dem bundesweiten Gesamtverzeichnis gespeist. Die zusätzlichen Datenfelder zu Tätigkeitsschwerpunkten und Sprachkenntnissen können Sie auf freiwilliger Basis selbst pflegen (vgl. § 31 IV 3 BRAO).

Bei den Tätigkeitsschwerpunkten sieht die EU-Kommission eine Beschränkung auf 20 fest vorgegebene Rechtsbereiche vor, die in § 11 III 2 RAVPV abschließend aufgezählt werden. Die Angabe der Sprachkenntnisse beschränkt sich auf die Amtssprachen der EU. Der Grund für die Beschränkungen liegt darin, eine sinnvolle Suche nach vorgegebenen Einträgen zu ermöglichen. Eine Überprüfung dieser „Selbstbenennungen“ findet nicht statt. Aber Obacht: Was Sie dort angeben, hat natürlich trotzdem wettbewerbsrechtliche Relevanz!

Und wie pflegen Sie Ihre Tätigkeitsschwerpunkte und Sprachkenntnisse für „Find a Lawyer“?
 
1. Loggen Sie sich im beA ein. Für die Verzeichnispflege benötigen Sie das Recht „21 Verzeichnisdatenpflege persönlicher Postfächer“. Als Anwältin oder Anwalt (also: Postfachinhaber) haben Sie dieses Recht automatisch.

2. Wechseln Sie auf den Reiter Einstellungen (1). Wählen Sie in der Postfachverwaltung (2) den Menüpunkt „Verzeichnisdatenpflege“ (3). Wählen Sie das Postfach des Anwalts aus, dessen Daten Sie im Europäischen Anwaltsverzeichnis pflegen wollen (4). Wählen Sie im Dropdown-Menü, die für den Anwalt zutreffenden Angaben aus (5). Schließen Sie mit „Speichern“ ab (6). Die Übertragung ins Europäische Anwaltsverzeichnis kann einige Zeit in Anspruch nehmen.
3. Wollen Sie die Einträge wieder ändern? Kein Problem: Gehen Sie wie bei der Neueinrichtung vor und löschen bzw. ändern Sie die angebrachten Haken an den jeweiligen Angaben.
 
4. Probieren Sie eine Suche gleich mal aus: Suchen Sie unter allen Anwälten in Deutschland. Wählen Sie als Sprache bspw. „Bulgarisch“ (1). Geben Sie den Captcha-Code ein (2) und bestätigen Sie die Nutzungsbedingungen (3). Sie finden nun die Anwälte, die ihren Verzeichniseintrag bereits mit der Sprachkenntnis „Bulgarisch“ gepflegt haben (4).
 
Ende-zu-Ende-Verschlüsselung im beA – Klage abgewiesen
 
Anwältinnen und Anwälte können nicht verlangen, dass das besondere elektronische Anwaltspostfach (ausschließlich) mit einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung betrieben wird. Aus diesem Grund bestehe auch kein Anspruch darauf, dass die BRAK es unterlasse, das beA ohne Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zu betreiben. Das ist die Kernaussage des heute verkündeten Urteils des AGH Berlin (Urt. v. 14.11.2019 – I AGH 6/18) in dem durch die Gesellschaft für Freiheitsrechte e. V. unterstützten Verfahren gegen die BRAK.

Zur Begründung führte der AGH Berlin aus, die Kläger hätten keinen gegen die BRAK gerichteten Anspruch darauf, dass diese das beA in einer bestimmten Weise konzipiert und betreibt. Das positive Recht erfordere es zurzeit nicht, das beA mit einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zu konzipieren und zu betreiben.

Das Urteil ist (noch) nicht rechtskräftig. Der AGH Berlin hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Berufung zugelassen.
 
 
LG Krefeld zieht nach: Wenn Fax nicht geht, muss beA ran

Erinnern Sie sich? Jüngst musste sich das OLG Dresden mit einem Fall befassen, in dem eine Frist versäumt wurde, weil das Fax (wohl der Anwaltskanzlei) nicht ordnungsgemäß funktionierte. Nach mehreren vergeblichen Sendeversuchen wurde gegen 18:30 Uhr aufgegeben. Der Senat vertrat die Auffassung, es hätte auch ein Versuch unternommen werden müssen, den Schriftsatz per beA zu versenden (s. dazu beA-Newsletter 30/2019).

Diese Ansicht vertritt nun auch das LG Krefeld (Beschl. v. 10.09.2019 – 2 S 14/19, BeckRS 2019, 26304). Im zu entscheidenden Fall war die Berufungsfrist versäumt worden. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründete die anwaltliche Vertreterin so: Sie habe am Abend des Fristablaufs versucht, die Berufungsschrift per Fax zu übermitteln. Das Faxgerät des Gerichts sei jedoch nicht empfangsbereit gewesen und andere Übertragungsmöglichkeiten hätten ihr nicht zur Verfügung gestanden. Sie halte zwar das beA bereit, jedoch habe sie die qualifizierte elektronische Signatur (qeS) noch nicht erhalten und deswegen sei eine Übertragung nicht möglich gewesen.

Anders als das OLG Dresden lässt es das LG Krefeld von vornherein dahinstehen, ob ein technischer Defekt auf Seiten des Gerichts vorlag. Denn die Anwältin wäre in jedem Fall verpflichtet gewesen, eine Übersendung per beA vorzunehmen. Anwälte seien seit 1.1.2018 verpflichtet, „das beA bereit zu halten und zu betreiben“. Eine Übersendung wäre nach § 130a III Alt. 2 ZPO auch ohne qeS möglich gewesen.

Das LG Krefeld zitiert in seiner relativ knappen Begründung § 31a VI BRAO und damit die Handlungspflichten der Anwälte seit 1.1.2018; allerdings lohnt ein genauer Blick in den Gesetzestext: Danach sind die Inhaber von beA verpflichtet, die für dessen Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das besondere elektronische Anwaltspostfach zur Kenntnis zu nehmen. Eine aktive Nutzungspflicht ergibt sich (sofern die Länder dies nicht vorziehen) erst zum 1.1.2022 aufgrund der ab dann geltenden Fassung des § 130d ZPO. Es erscheint daher fraglich, ob das beA in einer Kanzlei, die fristgebundene Schriftsätze noch nicht über beA versendet, als „anderweitige zumutbare Möglichkeit“ der Übersendung gesehen werden kann.
 
Selbsttest
 
Gerade in der Anfangszeit des elektronischen Rechtsverkehrs will man vielleicht ein wenig mit dem beA üben, bevor man sich mit einer Nachricht gleich an ein Gericht wendet. Man bekommt nämlich erst dann ein Gefühl für den elektronischen Rechtsverkehr, wenn man ein paar Nachrichten versandt und empfangen hat. Und außerdem will man ja auch wissen: Wie kommt meine Nachricht bei dem Empfänger eigentlich an?

Nun gibt es für Anwältinnen und Anwälte zwar keinen „Testmodus“ innerhalb des beA, mit dem man erst einmal Testnachrichten verschicken könnte. Aber mit einem kleinen Trick kann man sich schon ganz gut weiterhelfen. Er ist so einfach, dass er meist übersehen wird: Schicken Sie einfach eine Nachricht an sich selbst. Sogar ein elektronisches Empfangsbekenntnis können Sie von sich selbst anfordern.

Und so geht der „Selbsttest“:

Öffnen Sie eine Nachricht, suchen Sie sich selbst über das Gesamtverzeichnis (1) und tragen Sie sich dann als Empfänger ein (2). Fordern Sie z.B. ein elektronisches Empfangsbekenntnis (eEB) an (3). Tragen Sie einen kurzen Betreff ein (4). Laden Sie einen Anhang hoch (5), den Sie zum Üben auch gleich noch mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen (6). Und dann ab die Post… mit dem Befehl „Senden“ (7).

 

Wechseln Sie nun in Ihren Posteingang (1), freuen Sie sich über Ihre neue Nachricht und öffnen Sie diese mittels Doppelklick (2). Innerhalb der Nachricht können Sie nun z.B. die Signaturen prüfen (3) oder Sie geben ein eEB ab (4), das letztlich wieder eine Nachricht produziert, die Sie an sich selbst senden. So können Sie auch gleich ausprobieren, wie der Eingang eines eEB aussieht.
Alle Informationen zum beA unter www.bea.brak.de