Mit dem Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs (BGBl. 2017 I 2208) wurden die Regelungen der StPO weitgehend an die der anderen Prozessordnungen (wie etwa § 130a ZPO) für die Zeit ab 1.1.2018 angeglichen (vgl. beA-Newsletter 34/2017). Das bedeutet, dass ab diesem Zeitpunkt ganz generell elektronische Dokumente bei Strafverfolgungsbehörden und Gerichten nach dem neuen § 32a StPO eingereicht werden können.
Dies gilt grundsätzlich auch für Verfahren nach dem OWiG (vgl. den Verweis in § 110c OWiG n.F.). Allerdings sieht § 134 OWiG in der bereits seit dem 13.7.2017 geltenden Fassung (übrigens ebenso wie § 15 EGStPO für Strafverfahren) vor, dass die Bundesregierung und die Landesregierungen jeweils für ihren Bereich durch Rechtsverordnung bestimmen können, dass die Einreichung elektronischer Dokumente abweichend von § 32a StPO erst zum 1.1.2019 oder 1.1.2020 möglich ist. Sie können diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die zuständigen Bundes- oder Landesministerien übertragen.
Mit der Verordnung zur Übertragung der Verordnungsermächtigung zur Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs mit Bußgeldbehörden (Elektronischer-Rechtsverkehr-Bußgeld-Subdelegationsverordnung – ERVBußSubV) vom 24.11.2017 (BGBl. 2017 I 3806) hat die Bundesregierung von dieser Übertragungsmöglichkeit bereits Gebrauch gemacht. Danach wurde die in § 134 S. 1 OWiG enthaltene Ermächtigung auf die zuständigen Bundesministerien übertragen.
Das Bundesministerium für Gesundheit hat bereits einen Referentenentwurf vorgelegt, mit dem die Einreichung elektronischer Dokumente beim Bundesministerium für Gesundheit, beim Robert Koch Institut, beim Paul-Ehrlich-Institut, beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und bei den gesetzlichen Krankenkassen als Bußgeldbehörde abweichend von § 110c S. 1 OWiG erst zum 1.1.2019 möglich sein wird.
Die BRAK hat in Ihrer Stellungnahme 41/2017 zu dem Verordnungsentwurf deutlich gemacht, dass von den Opt-out-Regelungen nur in Fällen Gebrauch gemacht werden sollte, wenn und soweit dies unbedingt erforderlich ist. Uneinheitliche Regelungen sind eine Hauptursache für die in der Vergangenheit eher zögerliche Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr. Wünschenswert wäre es aus Sicht der BRAK außerdem, wenn sämtliche Regelungen über einen „Opt-out“ von Bund und Ländern an zentraler Stelle (z.B. auf der Webseite http://www.justiz.de/) zusammengefasst dargestellt würden.
Mehrere Bundesländer planen nämlich ebenfalls, die Opt-out-Möglichkeit im Bereich des Ordnungswidrigkeitenverfahrens zu nutzen; einzelne Bundesländer zudem für den Bereich des Strafverfahrens. Kolleginnen und Kollegen, die in diesen Rechtsgebieten tätig sind, ist daher zu raten, sich vor Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs über die aktuelle Rechtslage zu informieren. Einen ersten Überblick hat die BRAK unter http://bea.brak.de/achtung-opt-out/ bereitgestellt.
Eine ähnliche Möglichkeit, das Inkrafttreten der neuen Vorschriften zu verschieben, sieht das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten für die anderen wesentlichen Verfahrensordnungen vor. Pläne für ein Opt-out außerhalb des Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahrens sind bislang allerdings nicht bekannt geworden.
Und was bedeutet es, wenn ein Bundesministerium bzw. ein Land die „Opt-out“-Karte zieht? Ganz schlicht: Die derzeitigen Vorschriften zum ERV gelten dann weiterhin. Die Eröffnung des ERV für bestimmte Gerichte bzw. Verfahrensarten hängt dann also weiterhin von der Zulassung durch eine Rechtsverordnung ab (vgl. §§ 110a II, 41a II StPO), und für den Versand auf dem „sicheren Übermittlungsweg“ (vgl. § 32a III und IV StPO n.F.) gelten (noch) keine gesetzlichen Regelungen.
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