Ausgabe 2/2021 v. 12.2.2021
Liebe Leserinnen und Leser,

in dieser Ausgabe des beA-Newsletters beschäftigen wir uns mit einer Entscheidung des BGH zu der Frage, ob im Falle drohenden Fristablaufs und eines Defekts des Faxgeräts der Geschäftsstelle das beA als Übermittlungsweg zu nutzen ist, auch wenn noch keine aktive beA-Nutzungspflicht besteht. Zudem geben wir Hinweise zu verschiedenen Windows-Versionen und dem hierzu geleisteten, spezifischen beA-Support.

Wir stellen Ihnen darüber hinaus eine neue Funktionalität des Bundesweiten Amtlichen Anwaltsverzeichnisses vor. Dort kann jetzt vermerkt werden, ob ein Kollege an Pflichtverteidigungen interessiert ist. Außerdem beschäftigen wir uns mit der Antragstellung für Corona-Überbrückungshilfen. Hierfür ist es nämlich notwendig, dass sogenannte prüfende Dritte für die Unternehmen den Antrag stellen. Dies können auch Rechtsanwälte sein, die sich mit der beA-Karte auf der Online-Plattform des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie identifizieren können.

Und in eigener Sache stellen wir Ihnen unsere Online-Umfrage vor, die ab sofort für Sie eröffnet ist. Darin erkundigen wir uns z. B. nach dem Nachrichtenaufkommen in Ihrer Kanzlei sowie der täglichen Verwendung des beA.

Ihr beA-Team

 
Zugunsten einer besseren Lesbarkeit wird im beA-Newsletter auf die Verwendung geschlechtsspezifischer Sprachformen verzichtet, sofern es nicht explizit auf eine Unterscheidung ankommt. Der Bericht verwendet die männliche Bezeichnung, die für alle Geschlechter gilt.
 
Die Online-Umfrage der BRAK startet!
 
Es geht los: Wie bereits im beA-Newsletter 1/2021 angekündigt, führt die BRAK eine Online-Umfrage durch, um weitere Anhaltspunkte zur Prognose der Datenmengen bei Einführung der aktiven beA-Nutzungspflicht am 1.1.2022 zu erhalten. Alle Anwälte sind herzlich dazu eingeladen, an der Umfrage teilzunehmen. Sie leisten damit einen wertvollen Beitrag zur Weiterentwicklung des elektronischen Rechtsverkehrs (ERV) und zur Gestaltung eines reibungslosen Überganges zur aktiven beA-Nutzungspflicht. Wir sind gespannt auf Ihre Antworten! Hier geht´s zur Umfrage. Vielen Dank im Voraus für Ihre Teilnahme!
 
Keine IT-Tests mehr mit den Windows-Versionen 8 und 8.1
 
Aktuell bereitet Wesroc, der technische Dienstleister der BRAK, ein neues beA-Release vor, mit dem eine Aktualisierung der beA-Client-Security auf die Java Version 11 verbunden sein wird. Mit Bereitstellung dieses Releases sind Änderungen hinsichtlich der unterstützten Betriebssysteme verbunden. Es werden dann keine Tests mehr für Windows 8, 8.1 (32 und 64 Bit) ausgeführt. Der reguläre Support des Softwareherstellers Microsoft für Windows 8 ist ohnehin bereits 2016 und für die Version 8.1 im Jahre 2018 ausgelaufen. Ein spezifischer beA-Support wird für diese Betriebssystem-Versionen ab dem nächsten beA-Release dann ebenfalls nicht mehr geleistet werden.

Bitte prüfen Sie eine Aktualisierung, falls Sie auf Ihrer IT diese Betriebssystem-Versionen noch für den Zugang zur beA-Webanwendung einsetzen. Die diesbezügliche Online-Hilfe-Seite wiki.bea-brak.de/xwiki/bin/view/BRAK/%2300002 wird in Kürze entsprechend aktualisiert werden.

Zu der neuen Java-Version und dem damit verbundenen Aktualisierungsvorgang für Benutzer der beA-Webanwendung werden wir Sie im nächsten Newsletter informieren.

Übrigens: Die Online-Hilfe können Sie von der beA-Webanwendung aus sowie auch auf der Startseite www.bea-brak.de mit F1 öffnen. Es wird dann automatisch eine zu Ihrer jeweiligen Tätigkeit passende Seite der Anwenderhilfe aufgerufen.
 
 
Rechtsanwälte als prüfende Dritte für Corona-Überbrückungshilfen

Die Corona-Pandemie und der monatelange Lockdown stellen viele Unternehmen auf eine harte Belastungsprobe. Daher hat die Bundesregierung beschlossen, Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen die sog. Corona-Überbrückungshilfen I bis III zur Verfügung zu stellen. Zudem gibt es die Corona-November- und Dezemberhilfe als außerordentliche Wirtschaftshilfe des Bundes für Unternehmen, die von einer Schließung aufgrund des Lockdowns betroffen sind. Antragsberechtigt für die Überbrückungshilfe II können beispielsweise Unternehmen sein, bei denen der Umsatz in zwei zusammenhängenden Monaten im Zeitraum April bis August 2020 mindestens um 50 Prozent gegenüber den jeweiligen Vorjahresmonaten eingebrochen ist oder ein Umsatzeinbruch von mindestens 30 Prozent im Durchschnitt in den Monaten April bis August 2020 gegenüber dem Vorjahreszeitraum vorliegt. Die Überbrückungshilfe III ist demgegenüber auf die Monate November 2020 bis Juni 2021 gerichtet und setzt einen Umsatzeinbruch um durchschnittlich mindestens 30 Prozent gegenüber den entsprechenden Vorjahresmonaten voraus.

Die Überbrückungshilfe kann nicht von den Unternehmen selbst beantragt werden. Vielmehr ist für jeden Antrag ein sog. prüfender Dritter hinzuziehen. Das können Steuerberater einschließlich Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer sowie Rechtsanwälte sein. Um einen Antrag zu stellen, registriert sich der prüfende Dritte auf der bundesweiten Online-Plattform des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi). Das BMWi bietet Rechtsanwälten auf dieser Website die Möglichkeit, die beA-Karte zur Identifizierung und Anmeldung als prüfender Dritte zu nutzen. Auf diese Weise brauchen Anwälte kein Nutzerkonto bei id.bund.de oder eine BayernID beim Bürgerserviceportal, um für notleidende Unternehmen bei der Antragstellung tätig zu werden. Hierfür muss die beA-Karte zur Anmeldung im Antragsportal eingerichtet werden. Sollten hierbei Probleme auftreten, leistet das BMWi technischen Support unter 030 530199322.
 
Pflichtverteidigersuche im Anwaltsverzeichnis
 
Das Bundesweite Amtliche Anwaltsverzeichnis gehört ebenfalls zur beA-Infrastruktur und wird von der BRAK betrieben. Die darin enthaltenen Daten sind stets aktuell und entsprechen denjenigen, welche die Mitgliederverwaltungen der RAKn in die Anwaltsverzeichnisse einpflegen. So können Kanzleianschrift, Kommunikationsdaten und Fachanwaltsbezeichnungen über das Anwaltsverzeichnis schnell von jedem herausgesucht werden.

Um rechtsuchenden Bürgern und der Justiz auch die Suche nach Pflichtverteidigern über das Bundesweite Amtliche Anwaltsverzeichnis zu ermöglichen, hat die BRAK kürzlich ein weiteres Feld in die Datenübersicht des Anwaltsverzeichnisses eingefügt, nämlich das „Interesse an Pflichtverteidigungen“ (§ 31 Abs. 3 Nr. 10 BRAO). Bei den allermeisten Kollegen steht dort noch „Keine Angabe“, was immer dann der Fall ist, wenn den RAKn keine anderslautende Angabe mitgeteilt wurde. Wer Interesse an der Übernahme von Pflichtverteidigungen hat, sollte dies seiner RAK also melden, damit dies dann auch im Anwaltsverzeichnis ersichtlich ist und auch den Gerichten eine zusätzliche Möglichkeit an die Hand gegeben wird, schnell und unkompliziert eruieren zu können, ob ein Anwalt Interesse an Pflichtverteidigungen hat oder nicht.
 
beA-Nutzungspflicht bei gescheitertem Fax-Versand?
 
Das Fax ist ein häufig genutzter Weg, um auf konventionelle Weise Schriftsätze fristwahrend bei Gericht einzureichen (vgl. § 130 Nr. 6 ZPO sowie den Beschl. des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 05.04.2000 - GmS-OGB 1/98). Wenn nun aber ein Kollege am Tag des Fristablaufs einen Schriftsatz an ein Gericht, für das die aktive Nutzungspflicht noch nicht gilt, senden möchte und das Fax der Geschäftsstelle defekt ist, besteht dann auch schon vor dem 1.1.2022 die Verpflichtung, über das beA zu senden? Die allgemeine aktive beA-Nutzungspflicht wird ja bekanntlich erst ab dem 1.1.2022 gelten, wobei die Länder Schleswig-Holstein und Bremen durch ein sogenanntes Opt-in die aktive Nutzungspflicht für professionelle Einreicher bei Gerichten mehrerer Fachgerichtsbarkeiten vorgezogen haben (s. beA-Newsletter 34/2019 und beA-Sondernewsletter 4/2020).

Die Rechtsprechung hat sich bereits mit dieser Konstellation beschäftigt (s. beA-Newsletter 4/2020). So hat das LG Mannheim eine Pflicht des Anwalts, beim Scheitern der Faxübermittlung über das beA zu senden, verneint und ausgeführt, dass keine übersteigerten Anforderungen an das, was ein Prozessvertreter zur Fristwahrung veranlassen müsse, gestellt werden dürften. Wer sich bislang nicht mit dem Versenden von Nachrichten über beA beschäftigt habe, müsse sich nun nicht innerhalb kürzester Zeit in die aktive beA-Nutzung einarbeiten. Demgegenüber sind das OLG Dresden (Beschl. v. 29.07.2019 – 4 U 879/19 – hier abrufbar) sowie das LG Krefeld (Beschl. v. 10.09.2019 – 2 S 14/19) der Auffassung, dass angesichts der passiven beA-Nutzungspflicht der Anwalt bei fehlgeschlagenem Faxversand auf das beA umsteigen müsse. Demzufolge gewährten beide Gerichte keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Der BGH hat sich nun der Auffassung des LG Mannheim angeschlossen und ausgeführt, dass der Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) den Gerichten verbiete, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (Beschl. v. 17.12.2020 – III ZB 31/20). Die Anforderungen an das, was der Betroffene veranlasst haben muss, um den Schriftsatz rechtzeitig bei Gericht einzureichen, dürften nicht überspannt werden. Wenn die Ursache für die fehlgeschlagene Faxübermittlung bei einem Defekt des Faxgeräts in der Geschäftsstelle zu suchen sei, so liege der ausschlaggebende Grund für das Fristversäumnis in der Sphäre des Gerichts. Ein Anwalt, der bislang das beA nicht aktiv genutzt habe, müsse sich nicht in kürzester Zeit in das Procedere zum Versenden von Nachrichten über beA einarbeiten.
Alle Informationen zum beA unter https://portal.beasupport.de/external/