OLG Stuttgart zum Zivilprozess: Wer in die Akte reinsehen darf, darf auch in die Akte reinhören

Parteien im Zivilprozess dürfen jederzeit Einsicht in die Prozessakte des laufenden Verfahrens nehmen. Das berechtigt sie laut dem OLG Stuttgart auch dazu, sich die vorläufige Aufzeichnung des Protokolls der mündlichen Verhandlung anzuhören.

12.05.2021Rechtsprechung

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart schließt sich mit seinem Beschluss vom 8. April 2021 (Az. 10 W 11/21) der wohl herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur an: Während eines laufenden Zivilverfahrens können die Parteien jederzeit die Prozessakten einsehen (§ 299 Abs. 1 Zivilprozessordnung, ZPO). Damit können sie, das stellt das OLG Stuttgart klar, sich auch die sog. vorläufige Aufzeichnung der vom Gericht gem. § 160a Abs. 1 ZPO protokollierten mündlichen Verhandlung anhören. Irgendwelcher weiteren Voraussetzungen bedarf es dafür nicht, so die Stuttgarter Richter, die mit dem Beschluss einer Klägerin gestatteten, sich die Tonträgeraufzeichnung auf der Geschäftsstelle der Kammer anzuhören. Sie hatte moniert, im schriftlichen Protokoll sei etwas falsch festgehalten worden und wollte dieses berichtigen lassen.

Anders als das OLG Frankfurt a.M. (Urt. v. 14.10.2016, Az. 10 U 64/16) halten die Stuttgarter Richter es nicht für nötig, dass die Partei ein besonderes berechtigtes Interesse darlegen müsste, sich die Aufzeichnung anzuhören. Die vorläufige Aufzeichnung sei vielmehr Bestandteil der Akte, in welche die Parteien Einsicht nehmen können. Das Einsichtsrecht der Parteien diene deren Prozessführung und bestehe so lange, bis das betreffende Verfahren endgültig abgeschlossen ist (BGH, Beschl. v. 29.04.2015, Az. XII ZB 214/14).

Die Revision hat das OLG Stuttgart trotz Abweichung von der Rechtsprechung der Frankfurter Kollegen nicht zugelassen. Denn auch das dort geforderte besondere Interesse hätte die Klägerin hinreichend dargelegt. Diese hatte vorgetragen, ihr Prozessbevollmächtigter habe entgegen dem schriftlichen Protokoll im Termin nicht erklärt, vom Urkundsprozess Abstand zu nehmen, sodass eine Protokollberichtigung notwendig werde.