Rechtsanwaltsvergütung
Gebühren und Honorare - ein kurzer Überblick
Das deutsche Gebührensystem gewährleistet durch seine besondere, flexible Gestaltung in den meisten Fällen eine angemessene und leistungsgerechte Vergütung für den Anwalt. Eine im Auftrag der BRAK durchgeführte Studie des renommierten Institutes der deutschen Wirtschaft in Köln kommt zu dem Ergebnis, dass aufgrund der geltenden Vergütungsstruktur die anwaltlichen Kosten besonders transparent im internationalen Vergleich sind.
Dennoch ist es eine der Aufgaben der Bundesrechtsanwaltskammer, sich dafür einzusetzen, dass die Angemessenheit der anwaltlichen Vergütung auch weiterhin für alle Kollegen erhalten bleibt.
Grundlagen der Anwaltsvergütung
Die Höhe der anwaltlichen Vergütung ergibt sich entweder aus dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) oder aus einer Vergütungsvereinbarung. Vergütungsvereinbarungen sind statt der Abrechnung der gesetzlichen Gebühren immer möglich. Es sind jedoch die Regelungen der §§ 49b BRAO und 3a ff. RVG zu beachten.
In gerichtlichen Verfahren können die gesetzlichen Gebühren jedoch nicht durch Vereinbarungen unterschritten werden. Die Vereinbarung einer höheren als der gesetzlichen Vergütung ist jederzeit möglich.
Vergütungsvereinbarungen
Vergütungsvereinbarungen haben seit dem Inkrafttreten des RVG erheblich an Bedeutung gewonnen. Sie sind unter Beachtung bestimmter gesetzlicher Vorschriften grundsätzlich zulässig. Es sollte darauf geachtet werden, dass in jedem Einzelfall überlegt wird, welche Art von Vergütungsvereinbarung für den konkreten Fall am besten geeignet ist und welche Gebühr im konkreten Fall angemessen ist.
Gesetzliche Gebühren
Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz besteht zunächst aus dem Gesetzestext und zusätzlich dem Vergütungsverzeichnis. Der Gesetzestext enthält die allgemeinen gebührenrechtlichen Vorschriften, das Vergütungsverzeichnis die einzelnen Gebührentatbestände.
Im zivil- und verwaltungsrechtlichen Bereich berechnen sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert. Durch dieses System aufwandsunabhängiger Vergütung soll die so genannte Quersubventionierung gewährleistet werden. Mandate mit hohem Gegenstandswert sollen finanziell den im Verhältnis hohen Arbeitsaufwand bei Mandaten mit geringem Gegenstandswert ausgleichen.
Das anwaltliche Gebührenrecht ist durch die gesetzlich vorgesehenen weiten Gebührenrahmen sehr flexibel. Es ist leistungsgerecht, da es die einzelnen Tätigkeiten des Rechtsanwalts entweder durch ausdrückliche Vorschriften oder durch weite Gebührenrahmen berücksichtigt. Feste Gebühren sind nur dort vorgesehen, wo sie aus Gründen der Kostenerstattung oder wegen der gesonderten Regelung für Prozesskostenhilfe oder Pflichtverteidigung notwendig sind.
Gebührenarten
Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz sieht mehrere Gebührenarten vor: Fest- und Rahmengebühren. Die Rahmengebühren sind entweder gegenstandswertabhängig, sogenannte Satzrahmengebühren, oder es werden ein Mindest- und ein Höchstbetrag vorgegeben, sogenannte Betragsrahmengebühren. Die Höhe der gegenstandswertabhängigen Gebühr ist der Gebührentabelle als Anlage zu § 13 RVG zu entnehmen.
Angemessenheit der Gebühr
Die jeweils angemessene Gebühr innerhalb der vorgegebenen Gebührenrahmen ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 14 Abs. 1 RVG). Zusätzlich kann ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts bei der Bemessung herangezogen werden.
Soweit die Höhe der Gebühr streitig ist, hat das Gericht im Rechtsstreit über die Angemessenheit der Gebühr nach § 14 Abs. 2 RVG ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.
Abrechnung der außergerichtlichen Beratung
Für den Bereich der außergerichtlichen Beratung sind seit dem 1. Juli 2006 keine gesetzlichen Gebühren mehr vorgesehen. Stattdessen legte der Gesetzgeber in § 34 RVG fest, dass für die außergerichtliche Beratung, für die Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens und für die Tätigkeit als Mediator die Rechtsanwältin bzw. der Rechtsanwalt auf eine Gebührenvereinbarung hinwirken soll. Wird keine Vereinbarung getroffen, erhält der Anwalt Gebühren nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts. Ist der Mandant Verbraucher, erhält der Anwalt für diese Beratung oder für die Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens eine Gebühr in Höhe von jeweils höchstens 250 Euro sowie für das Erstberatungsgespräch eine Gebühr in Höhe von höchstens 190 Euro, wenn keine Vergütungsvereinbarung geschlossen wurde.
Zu beachten ist, dass die Formvorschriften nach § 3a Abs. 1 Satz 4 RVG für alle Gebührenvereinbarungen nach § 34 RVG nur eingeschränkt gelten.
Arten von Vergütungsvereinbarungen
Folgende Varianten kommen beispielsweise als Vergütungsvereinbarungen in Betracht:
- Vereinbarung des Gebührenrechts, z. B. für den Bereich der außergerichtlichen Beratung
- Modifizierung des geltenden Gebührenrechts, z. B. durch die Vereinbarung eines Vielfachen der gesetzlichen Gebühren oder des mehrfachen Anfalls einer Gebühr
- Vereinbarung des Gegenstandswertes, nach dem abgerechnet werden soll
- Zeit- und Pauschalhonorarvereinbarungen
Form der Vergütungsvereinbarung
Vergütungsvereinbarungen bedürfen nach § 3a Abs. 1 RVG der Textform. Sie müssen als Vergütungsvereinbarung oder in vergleichbarer Weise bezeichnet werden, von anderen Vereinbarungen, mit Ausnahme der Auftragserteilung, deutlich abgesetzt sein und dürfen nicht in der Vollmacht enthalten sein. Sie haben einen Hinweis darauf zu enthalten, dass die gegnerische Partei, ein Verfahrensbeteiligter oder die Staatskasse im Falle der Kostenerstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss.
Entspricht die Vergütungsvereinbarung nicht den Formvorschriften, kann der Rechtsanwalt nach § 4b RVG keine höhere als die gesetzliche Vergütung fordern.
Inhalt von Vergütungsvereinbarungen
Beim Inhalt ist zu beachten, dass eine höhere als die gesetzliche Vergütung grundsätzlich immer vereinbart werden kann. Grenzen sind hier Sittenwidrigkeit oder Unangemessenheit der Vergütungsvereinbarungen. Die gesetzliche Vergütung darf jedoch in gerichtlichen Verfahren nicht unterschritten werden. Die Vereinbarung einer niedrigeren als der gesetzlichen Vergütung ist gem. § 49b Abs. 1 Satz 1 BRAO in Verbindung mit § 4 Abs. 1 RVG nur für außergerichtliche Angelegenheiten und unter bestimmten Voraussetzungen für das gerichtliche Mahnverfahren sowie für einen Teil des Zwangsvollstreckungsverfahrens zulässig.
Sie muss in einem angemessenen Verhältnis zu Leistung, Verantwortung und Haftungsrisiko des Rechtsanwalts stehen. Dies ist für jeden Einzelfall gesondert zu prüfen.
Wird z. B. eine Zeitvergütung oder eine Pauschalvergütung vereinbart, ohne dass vorher klar ist, ob die gesetzlichen Gebühren möglicherweise höher ausfallen könnten, sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass in die Vereinbarung ein Hinweis aufgenommen wird, dass mindestens die gesetzlichen Gebühren geschuldet werden.
Bei der Verwendung von Mustern oder vorformulierten Vergütungsvereinbarungen sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass dann das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Anwendung findet. Bei Verbraucherverträgen gilt nach § 310 Abs. 3 BGB die Vermutung dafür, dass die Vertragsbedingungen vom Rechtsanwalt gestellt worden sind. Ist der Mandant Unternehmer, finden die einzelnen Klauselverbote zwar keine Anwendung. Häufig wird sich dieselbe Rechtsfolge aber aus dem Verbot der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 BGB ergeben, der auch für die Unternehmerverträge gilt.
Angemessenheit der vereinbarten Vergütung
Die Frage über die angemessene Höhe einer vereinbarten Vergütung beschäftigt die Gerichte seit langem. Grundsätzlich wird eine unangemessene Höhe von der Rechtsprechung dann angenommen, wenn zwischen der vereinbarten Vergütung und der Tätigkeit des Anwalts ein nicht zu überbrückender Zwiespalt besteht, so dass es schlechthin unerträglich ist, den Auftraggeber an seinem Honorarversprechen festzuhalten. Problematisch ist, dass generell nicht festzulegen ist, wann diese Voraussetzungen vorliegen. Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalls an.
Als Anhaltspunkt kann der Beschluss der 51. Tagung der Gebührenreferenten der Rechtsanwaltskammern vom 24.09.2005 dienen:
- Eine Vereinbarung, die beinhaltet, dass das 5 bis 6fache der gesetzlichen Höchstgebühr nicht überschritten wird, ist nicht unangemessen.
- Bei Vergütungsvereinbarungen, die das Fünf- bis Sechsfache der gesetzlichen Höchstgebühren überschreiten, muss der Maßstab der Aufwandsbezogenheit (so etwa der Zeitaufwand) herangezogen werden.
- Die vereinbarte Zeitvergütung ist dann angemessen, wenn der Stundensatz angemessen ist und der Zeitaufwand nachvollziehbar dargelegt wird.
Anlässlich der 60. Tagung der Gebührenreferenten am 24.4.2010 wurde dieser Beschluss im vollen Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung bestätigt.
Sollte ein Gericht zu dem Ergebnis kommen, dass die vereinbarte Vergütung unangemessen hoch ist, bedeutet dies jedoch keineswegs, dass der Anwalt überhaupt keine Vergütung erhält. § 3a Abs. 2 RVG sieht vor, dass eine unangemessen hohe Vergütung im Rechtsstreit auf den angemessenen Betrag bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung herabgesetzt werden kann.
Vor der Herabsetzung hat das Gericht nach § 3a Abs.2 RVG ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.
Besondere Fälle
Für die vorzeitige Beendigung des Mandates sowie bei staatlicher Beihilfe, wie Beratungshilfe, Prozesskostenhilfe und Pflichtverteidigung, sind einige Besonderheiten zu beachten. Hier sind die genauen gesetzlichen Voraussetzungen zu berücksichtigen, unter denen in den Sonderfällen Vergütungsvereinbarungen überhaupt abgeschlossen werden können.
Sonderfall Erfolgshonorar
Die Vereinbarung von Erfolgshonoraren ist grundsätzlich nicht gestattet, siehe § 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO:
Vereinbarungen, durch die eine Vergütung oder ihre Höhe vom Ausgang der Sache oder vom Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit abhängig gemacht wird oder nach denen der Rechtsanwalt einen Teil des erstrittenen Betrages als Honorar erhält (Erfolgshonorar), sind unzulässig, soweit das Rechtsanwaltsvergütungs-gesetz nichts anderes bestimmt.
Die Ausnahme von diesem grundsätzlichen Verbot ist in § 4a RVG geregelt:
Nach § 4a Abs. 1 Satz 1 RVG darf ein Erfolgshonorar (§ 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO) nur vereinbart werden, wenn
- sich der Auftrag auf eine Geldforderung von höchstens 2.000 Euro bezieht,
- eine Inkassodienstleistung außergerichtlich oder in einem der in § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ZPO genannten Verfahren erbracht wird oder
- der Auftraggeber im Einzelfall bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde.
Zu beachten ist, dass eine Vereinbarung nach § 4a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 RVG unzulässig ist, soweit sich der Auftrag auf eine unpfändbare Forderung bezieht; für die Beurteilung nach § 4a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVG bleibt die Möglichkeit, Beratungs- oder Prozesskostenhilfe in Anspruch zu nehmen, außer Betracht (§ 4a Abs. 1 Satz 2 RVG).
Liegen die Voraussetzungen nach § 4a Abs. 1 RVG vor, muss die Vereinbarung folgende Angaben enthalten (§ 4a Abs. 3 RVG):
- Die Angabe, welche Vergütung bei Eintritt welcher Bedingungen verdient sein soll,
- die Angabe, ob und ggf. welchen Einfluss die Vereinbarung auf die gegebenenfalls vom Auftraggeber zu zahlenden Gerichtskosten, Verwaltungskosten und die von diesem zu erstattenden Kosten anderer Beteiligter haben soll,
- die wesentlichen Gründe, die für die Bemessung des Erfolgshonorars bestimmend sind, und
- im Fall des § 4a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVG die voraussichtliche gesetzliche Vergütung und ggf. die erfolgsunabhängige vertragliche Vergütung, zu der der Rechtsanwalt bereit wäre, den Auftrag zu übernehmen.