Grußwort
Grußwort des Parlamentarischen Staatsekretärs im Bundesministerium der Justiz Dr. Benjamin Strasser anlässlich der Verleihung des 14. Karikaturpreises der deutschen Anwaltschaft am 11. September 2024 in Berlin.
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Dr. Remmers,
sehr geehrte Mitglieder der Jury,
sehr geehrte Frau Meurisse,
liebe Anwesende,
die Verleihung des Karikaturpreises der deutschen Anwaltschaft ist auch in diesem Jahr wieder ein besonders freudiger Anlass, die Kunstform der Karikatur und zugleich ihre Künstlerinnen und Künstler zu feiern. Im 75. Jahr des Grundgesetzes bietet dieser Rahmen zugleich Gelegenheit, die Meinungs- und Kunstfreiheit zu würdigen.
Bei der letzten Verleihung des Preises im Jahr 2022 hat Herr Bundesminister Dr. Buschmann an dieser Stelle gesprochen. Da er heute leider nicht persönlich hier sein kann, hat er mich gebeten, ein paar Worte an Sie zu richten. Dieser Bitte komme ich sehr gerne nach. Und ich freue mich, Sie alle heute hier persönlich begrüßen zu können.
Heute Abend wollen wir gemeinsam die Kunst der Karikatur feiern!
In einer Welt, die oft von ernsten Themen und komplexen Herausforderungen geprägt ist, bietet die Karikatur einen erfrischenden Blickwinkel. Sie hat die Fähigkeit, uns zu amüsieren, während sie gleichzeitig wichtige politische, gesellschaftliche, kulturelle und einstweilen auch rechtliche Fragen aufwirft. Karikaturen sind nicht nur Kunstwerke; sie sind auch Kommentare zu unserem Zeitgeschehen, die uns durch Übertreibung und Ironie dazu anregen, über die Dinge nachzudenken, die uns umgeben. Sie wirken nicht selten als Spiegel unserer Gesellschaft, der uns zeigt, wie wir uns selbst und unsere Institutionen wahrnehmen.
Karikaturistinnen und Karikaturisten erwecken mit ihren Arbeiten nicht nur unser Lachen, sondern greifen auch wichtige gesellschaftliche Themen auf. Sie verstehen es, mit ihren Zeichnungen oder cleveren Wortspielen komplexe Sachverhalte zu entblättern und uns zum Nachdenken anzuregen. Ihre Kunstwerke sind nicht nur unterhaltsam, sondern auch lehrreich und regen zur Diskussion an. Sie führen uns vor Augen, dass Humor eine mächtige Waffe sein kann – gegen Ignoranz, Vorurteile und Ungerechtigkeiten.
Kunst und freie Meinungsäußerung sind für freiheitliche Demokratien – bei uns in Deutschland, in Europa und in der ganzen Welt – von unverzichtbarem Wert. Die Freiheit, Gedanken, Ideen und Meinungen durch Kunst auszudrücken, ist ein grundlegendes Menschenrecht. Sie ermöglicht es Künstlerinnen und Künstlern, ihre Perspektiven zu teilen und die Vielfalt der Meinungen in einer demokratischen Gesellschaft zu fördern.
Leider ist die Kunstfreiheit heutzutage weltweit wieder verstärkt Angriffen ausgesetzt. Bezeichnenderweise verläuft dies nahezu immer parallel zu sonstigen Beschränkungen der Meinungs- und Handlungsfreiheiten der Einzelnen. Diejenigen, die die Freiheiten der Bürgerinnen und Bürger über Gebühr einschränken, mögen daran auch nicht in humorvoller Weise erinnert werden.
In Deutschland steht die Freiheit der Meinungsäußerung und der Kunst unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes. Beide Freiheitsrechte werden seit 75 Jahren durch Artikel 5 unserer Verfassung garantiert: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern.“ Und: „Die Kunst ist frei.“
Eine Institution, die sich seit Ihrer Gründung schützend vor diese Grundrechte stellt, ist das Bundesverfassungsgericht.
Besondere Bedeutung misst das Bundesverfassungsgericht dem Umstand bei, dass die Gewährleistung der Freiheit der Kunst unter dem Eindruck der leidvollen Erfahrungen in das Grundgesetz aufgenommen worden ist, die Künstlerinnen und Künstler während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft haben hinnehmen müssen. Auch aus dieser Erkenntnis heraus ist jedem Versuch entgegenzutreten, die Kunstfreiheitsgarantie einzuschränken.
Obwohl wir also gewiss sein können, dass die Freiheit der Meinung und der Kunst in der Bundesrepublik Deutschland mit dem Bundesverfassungsgericht einen kraftvollen Verbündeten hat, dürfen wir uns auf dieser Erkenntnis nicht ausruhen! Wir können und wir dürfen die Verteidigung der freien Meinung und der freien Kunst nicht allein staatlichen Institutionen überlassen. Jeder und jede Einzelne, dem diese grundlegenden Freiheiten am Herzen liegen, ist gefordert.
Und so ist die Verleihung des Karikaturpreises der deutschen Anwaltschaft nicht nur eine Ehrung für künstlerisches Talent, sondern auch ein Symbol für die Verteidigung der Meinungs- und Kunstfreiheit. Er erinnert uns daran, wie wichtig es ist, die Stimmen der Künstlerinnen und Künstler zu hören und den Dialog über gesellschaftliche Themen zu fördern – auch wenn dies manchmal durch provokante und herausfordernde Darstellungen geschieht.
Erstmals im Jahr 1998 verliehen, hat sich der Karikaturpreis der deutschen Anwaltschaft mittlerweile ein hohes Ansehen erworben. Ausgezeichnet wurde eine ganze Reihe namhafter Künstlerinnen und Künstler, ich erinnere nur an Tomi Ungerer, Marie Marcks und Gerhard Haderer. Zuletzt wurden im Jahr 2022 aufgrund besonderer Umstände gleich drei Preise verliehen: Camila de la Fuente erhielt nachträglich den Karikaturpreis 2020, nachdem die Preisverleihung in den Jahren 2021 und 2022 pandemiebedingt nicht stattfinden konnte. Paweł Kuczyński wurde der Karikaturpreis 2022 verliehen. Und Philipp Heinisch wurde mit dem Sonderpreis für sein Lebenswerk als rechtspolitischer Karikaturist ausgezeichnet.
In diesem Jahr wird der Karikaturpreis der deutschen Anwaltschaft Frau Catherine Meurisse verliehen.
Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, Ihnen, liebe Frau Meurisse, besonders zu danken. Ihre Kunstwerke sind ein Spiegelbild unserer Zeit und Ihrer Persönlichkeit. Sie zeigen, dass wir auch in ernsten Angelegenheiten und im Angesicht schicksalhafter Erlebnisse unseren Sinn für Humor bewahren können. Mit Ihrer Kreativität und Ihrem Engagement sind Sie eine Bereicherung für unseren gesellschaftlichen Diskurs.
Lassen Sie uns gemeinsam weiterhin die Stimmen der Künstlerinnen und Künstler unterstützen und die Vielfalt der Meinungen schätzen, die unsere Welt so bunt und lebendig macht.
Herzlichen Dank!