Zustellung ohne notiertes Datum

BGH stellt auf tatsächlichen Zugang ab

Ohne Zustelldatum auf dem Umschlag gilt ein Dokument laut dem Anwaltssenat erst als zugestellt, wenn der Empfänger es tatsächlich erhalten hat.

30.08.2022Rechtsprechung

Mit einer ausführlichen Entscheidung hat der Anwaltssenat des Bundesgerichtshofs (BGH) begründet, warum er auf den tatsächlichen Zugang abstellt, wenn der Zusteller auf dem Umschlag das Datum der Zustellung nicht notiert hat (BGH, Beschl. v. 29.07.2022, Az. AnwZ (Brfg) 28/20).

Die Karlsruher Anwaltsrichter und -richterinnen gaben damit einem Anwalt aus Berlin Recht, dessen Klage vom Anwaltsgerichtshof als unzulässig abgewiesen worden war. Der AGH Berlin war davon ausgegangen, dass der Anwalt seine Klage verspätet eingereicht hatte und damit nicht mehr postulationsfähig gewesen sei: Der Widerruf seiner Zulassung wegen Vermögensverfalls war in den Briefkasten seiner Büroräume eingelegt worden, auf dem Umschlag der Sendung war das Datum der Zustellung aber nicht vermerkt. Die Zustellungsurkunde wies den 17. Februar 2016 aus, der Kläger aber nahm krankheitsbedingt erst am 19. Februar Kenntnis von dem Widerruf.

Nach Ansicht des AGH war die Klage am 16. zugestellt worden, bei Klageerhebung am 21. März 2016 (einem Montag) war die Monatsfrist zur Anfechtung des Verwaltungsakts der Anwaltskammer damit abgelaufen. Dieser Annahme hat der BGH jetzt eine Absage erteilt und die Sache zur Entscheidung nach Berlin zurückverwiesen.

BGH: Unterschrift ist notwendiger Teil der Zustellung

Normalerweise gilt auch ein per Ersatzzustellung in den Geschäftsräumen zugestelltes Schriftstück mit der Einlegung in den Briefkasten als zugestellt (§ 180 Abs. 2 Zivilprozessordnung, ZPO). Was allerdings geschieht, wenn der Zusteller auf dem Umschlag des Schriftstücks das Datum der Zustellung entgegen § 180 S. 3 ZPO nicht vermerkt, war seit Jahren umstritten.

Der Anwaltssenat folgt nun der u.a. vom Bundesfinanzhof vertretenen Auffassung, dass es sich bei § 180 S. 3 ZPO um eine zwingende Zustellungsvorschrift handele. Wird der Empfänger nicht persönlich angetroffen und weiß deshalb auch nicht, wann das Schriftstück angekommen ist, sei auch die Unterschrift ein teilweiser Ersatz für die körperliche Übergabe, so der Senat, und deshalb notwendiger Bestandteil der Zustellung. Bei einem Verstoß gelte das Schriftstück damit gemäß § 289 ZPO, § 8 Verwaltungszustellungsgesetz erst dann als zugestellt, wenn es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist.

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