Wiedereinsetzung

BGH zur Fristversäumnis: Letzter Faxversuch um 15:05 Uhr reicht nicht

Wenn das Gerichtsfax den Empfang verweigert, liegt das grundsätzlich zwar nicht am Anwalt, der versucht, einen Schriftsatz zu sehen. Wenn er aber vorschnell aufgibt, handelt der Anwalt doch wieder schuldhaft, bestätigt der BGH in einem aktuellen Urteil.

05.10.2021Rechtsprechung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Rechtsbeschwerde eines Klägers verworfen, dessen Berufung wegen Verfristung als unzulässig verworfen wurde, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lehnt das Oberlandesgericht ab.

Die Berufungsbegründung war einen Tag verspätet beim OLG eingegangen. Der III. Zivilsenat des BGH bejaht dabei ein Verschulden des damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers.

Der hatte vorgetragen, nach Eingang der Deckungsschutzzusagen kurz vor mittags am Tag des Fristablaufs habe eine seiner Mitarbeiterinnen zwischen 14 und 15:05 Uhr viermal erfolglos versucht, die Berufungsschrift per Telefax an das OLG unter der ihnen bekannten Nummer zu übermitteln. Das Gerät habe im Sendebericht ausgeworfen „Keine Antwort“, er sei daher davon ausgegangen, dass das Faxgerät nicht erreichbar gewesen sei. Der diensthabende Justizbedienstete habe ihr weder eine andere Telefaxnummer am OLG gegeben noch einen telefonischen Kontakt zu einer Geschäftsstelle des OLG mitgeteilt, so dass die Anwälte die Berufungsschrift daher noch am selben Tag per Post ans OLG geschickt hätten. Dem BGH reicht das nicht aus.

Der letzte Versuch um 15:05 Uhr reicht jedenfalls nicht

Das OLG habe den Wiedereinsetzungsantrag des Klägers mit Recht zurückgewiesen, so der III. Zivilsenat, weil seine Prozessbevollmächtigten, deren Verschulden ihm zuzurechnen ist, ihre Versuche, die Berufungsschrift per Telefax zu übermitteln, am Tag des Fristablaufs bereits um 15.05 Uhr und damit vorschnell aufgegeben hätten (BGH, Besch. v. 26.08.2021, Az. III ZB 9/21, im Anschluss an BGH, Beschl. v. 19.08.2019, Az. VIII ZB 19/18).

Zwar liege bei einem gestörten Empfangsgerät bei Gericht, auch bei den wie hier geltend gemachten Leitungsstörungen, die entscheidende Ursache für die versäumte Frist in der Sphäre des Gerichts. Trotzdem muss ein Anwalt alle noch möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Fristwahrung ergreifen, wenn wegen einer technischen Störung eine Telefaxverbindung zunächst nicht zustande kommt. Und auch wenn er nicht innerhalb kürzester Zeit unter Aufbietung aller nur denkbaren Anstrengungen eine andere Zugangsart sicherstellen muss, muss er doch bis zum Fristablauf weitere Übermittlungsversuche unternehmen und so ausschließen, dass die Übermittlungsschwierigkeiten in seinem Bereich liegen, so der Senat. Vor allem, wenn es auch sein könnte, dass nur eine zeitlich beschränkte und bis zum Fristablauf behobene Störung vorliegt, dürfe ein Anwalt seine Übermittlungsversuche also nicht vorschnell weit vor Fristablauf aufgeben und die Probleme dem Empfangsgericht zuschreiben.

Es war also nicht auszuschließen, dass die Anwälte die Berufungsschrift noch fristgerecht an das Berufungsgericht hätten übermitteln können, wenn sie es nach 15:05 Uhr noch weiter versucht hätten. Das galt in diesem Fall umso mehr, in dem das OLG den Eingang von mehreren Telefaxen über den gesamten Tag des Fristablaufs, eines davon um kurz vor Mitternacht, bestätigt hatte. Wie oft und wie lange die Anwälte das Faxen noch hätten versuchen müssen, vor allem, ob sie das bis um 24 Uhr hätten versuchen müssen, lässt der BGH offen. Um 15:05 Uhr aufzugeben, sei jedenfalls zu früh: ein vorschnelles und damit schuldhaftes Aufgeben im Sinne der Rechtsprechung des BGH.