Kostentragung

Verteidiger legt eigenmächtig Beschwerde ein, Mandant muss zahlen

Ohne sich vorher mit dem Mandanten abzusprechen, legte ein Pflichtverteidiger Beschwerde ein. Nun muss der Mandant zahlen, so das OLG Hamm.

24.06.2025Rechtsprechung

Legt ein Pflichtverteidiger ohne Rücksprache mit seinem Mandanten Rechtsmittel ein, trifft Letzteren dennoch grundsätzlich die Kostenlast. Selbst bei späterer Rücknahme bleibe das Rechtsmittel dem Verurteilten zurechenbar, so das OLG Hamm. Etwas anderes könne allerdings gelten, wenn ein ausdrücklicher entgegenstehender Wille zum Zeitpunkt der Einlegung vorliege oder der Verteidiger das Rechtsmittel gegen den erst nach Einlegung geäußerten Gegenwillen des Verurteilten weiterverfolge (Beschl. v. 08.04.2025, Az. 3 Ws 51/25).

Der Mandant war im Jahr 2018 wegen zweifachen Mordes in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub sowie wegen besonders schwerer Brandstiftung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Zudem war die Anordnung einer Sicherungsverwahrung vorbehalten und der Vollzug in einer sozialtherapeutischen Einrichtung bestimmt worden. Allerdings befand er sich entgegen der ursprünglichen Entscheidung in der JVA, in der sog. Motivationsabteilung für Strafgefangene. In einem erneuten Verfahren entschied die zuständige Strafvollstreckungskammer, dass eine Verlegung in eine sozialtherapeutische Einrichtung weiterhin entbehrlich sei. Der Pflichtverteidiger des Verurteilten, der ihm im Zuge des Verfahrens beigeordnet worden war, legte ohne vorherige Rücksprache mit seinem Mandanten sofortige Beschwerde ein. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Verurteilte allerdings schon einen Rechtsmittelverzicht erklärt, der nur noch nicht zu den Akten gelangt war. Das Rechtsmittel wurde daraufhin zurückgenommen.

Pflichtverteidiger handelt eigenmächtig, Mandant muss zahlen

Das OLG Hamm stellte klar, dass der Verurteilte dennoch gemäß § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen habe. Danach sind die Kosten eines zurückgenommenen Rechtsmittels demjenigen aufzuerlegen, der es veranlasst hat. Nach § 297 StPO seien Verteidigerinnen und Verteidiger – unabhängig von Wahl- oder Pflichtverteidigung – grundsätzlich zur Einlegung von Rechtsmitteln für Mandantinnen und Mandanten befugt. Letztere gälten damit weiter als Veranlasser, auch wenn die Einlegung ohne ihre Zustimmung geschehen sei.

Anders sehe dies daher aus, wenn ein Verteidiger gegen den noch vor Einlegung des Rechtsmittels ausdrücklich erklärten Willen des Mandanten handele oder gar ohne jegliche Bevollmächtigung ein Rechtsmittel einlege. Entscheidend sei hier der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels. In diesen Fällen könne das Rechtsmittel nicht mehr dem Mandanten zugerechnet werden. Gleiches gelte, wenn der Verteidiger das eingelegte Rechtsmittel trotz eines nach Einlegung erklärten Gegenwillens des Mandanten weiterverfolge.

Im vorliegenden Fall habe der Verteidiger zwar ohne Wissen und Zustimmung des Verurteilten gehandelt, jedoch nicht gegen seinen ausdrücklich erklärten entgegenstehenden Willen. Der Wille, auf das Rechtsmittel zu verzichten, sei erst nachträglich – und nach Ablauf der Rechtsmittelfrist – gegenüber dem Gericht geäußert worden. Diese sei daher nicht mehr geeignet, die Kostentragungspflicht zu beeinflussen.

Womöglich muss nun allerdings der Anwalt im Innenverhältnis gegenüber dem Mandanten selbst die Kosten für sein eigenmächtiges Handeln tragen. Darüber hatte der Senat aber nicht zu entscheiden.