Die Ausstellung

Blick in den Ausstellungsraum in der Leipziger Messehalle

Eröffnungsveranstaltung am 27.09.2000 im Rahmen des 63. DJT in der Leipziger Messehalle

Die Wanderausstellung besteht aus einer Grundausstellung mit 20 Übersichtstafeln, den sogenannten Panels, und ca. 20 weiteren regionalen Panels, die sich teilweise im Besitz der Bundesrechtsanwaltskammer und teilweise im Besitz der regionalen Rechtsanwaltskammern befinden.

Die Panels stellen in Bildern und Texten jeweils ein Einzelschicksal vor und werden ergänzt durch Informationspanels für die historische Einordnung. Die Informationspanels folgen einer chronologischen Ordnung beginnend mit der Anwaltschaft der Weimarer Republik. Den Abschluss bildet das Ende der Verfolgung nach 1945.

Die Wanderausstellung ist auch auf englischer und französischer Sprache verfügbar.

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Exemplarische Beispiele des Inhalts einiger Panels

Portrait: Otto Dix: Rechtsanwalt Dr. Fritz Glaser mit Familie, 1932

Otto Dix: Rechtsanwalt Dr. Fritz Glaser mit Familie, 1932

Anwaltschaft bis zum Ende der Weimarer Republik

Anfang des 20. Jahrhunderts war der Anteil der Anwälte, die Juden oder jüdischer Herkunft waren, relativ hoch. Diese Entwicklung beruhte auf der jahrhundertlangen juristischen Sonderstellung von Juden in Deutschland. Über lange Zeit galten für sie unzählige Sondergesetze, waren sie in ihrer Berufsausübung eingeschränkt. Auch nach ihrer vollständigen rechtlichen Gleichstellung in ganz Deutschland nach 1871 hatten sie zunächst keinen ungehinderten Zugang zu Funktionen im Staatsdienst. Nahezu zeitgleich mit der Reichsgründung hatte sich die freie Advokatur entwickelt. Die Auseinandersetzung mit dem Recht als einer der zentralen Säulen der jüdischen Kultur lag traditionell sehr nahe. Nun ergriffen viele Juden die Möglichkeit, freiberuflich im juristischen Sektor zu arbeiten, ohne auf das Wohlwollen von einstellenden Institutionen, sei es an den Gerichten, sei es in der Bürokratie oder an den Universitäten, angewiesen zu sein.

Die Zahl jüdischer Rechtsanwälte nahm bis in die zwanziger Jahre stetig zu. Nachfolgende Generationen traten in die Kanzleien der Väter ein oder eröffneten eigene. In den Großstädten war der Anteil jüdischer Anwälte höher als an kleineren Gerichtsorten. In Berlin z.B. waren am 1.Januar 1933 von 3.400 Rechtanwälten über die Hälfte jüdischer Herkunft. Bedingt durch den starken Anstieg der Anwaltszahlen - auch Frauen konnten seit den Zwanziger Jahren den Beruf ergreifen -, verschlechterte sich allgemein die Einkommenssituation. Wenn auch noch der größte Teil der Anwaltschaft dem bürgerlichen Mittelstand angehörte, war er doch nicht homogen strukturiert: Es gab Anwälte, die sich politisch stark für die Linke engagierten, wie Alfred Apfel, Kurt Rosenfeld, Rudolf Olden, die u.a. Carl von Ossietzky verteidigten. Andere waren eher liberal eingestellt, wie Max Alsberg oder Ludwig Bendix, und wieder andere vertraten eindeutig deutschnationale Ziele, wie Max Naumann. Auch sozial gab es große Unterschiede: Einige, wie die „Staranwälte" Alsberg und Erich Frey, verfügten über zahlreiche lukrative Mandate, während andere mit ihren Einnahmen gerade einen bescheidenen Lebensstandard finanzieren konnten.

Zum Bild von Otto Dix "Rechtsanwalt Dr. Fritz Glaser mit Familie" (1925): Glaser war Anwalt in Dresden; er wurde nach 1933 wegen seiner Religion und verschiedner Vertretungen mit einem Berufsverbot belegt. Er überlebte. Nach 1945 wurde er wieder als Anwalt zugelassen. Auch in der DDR wurde er ausgegrenzt, weil er einen Nazi-Richter vertrat. (Staatl. Kunstsammlungen Dresden, Galerie Neue Meister)

Ein Paar schauen am 1. April 1933 auf rote Handzettel, die auf Kanzleischilder geklebt wurden. Plakaten geklebt sind. SA-Posten fordern: „Geht nicht zu jüdischen Rechtsanwälten“; an die Kanzleischilder wurden rote Handzettel geklebt: „Besuch verboten! Jude!“

1. April 1933. SA-Posten fordern: „Geht nicht zu jüdischen Rechtsanwälten“; an die Kanzleischilder wurden rote Handzettel geklebt: „Besuch verboten! Jude!“, München, Stachus

Wenngleich Hitlers Ernennung zum Reichskanzler zu keiner Neubesetzung des Reichsjustizministeriums (seit 1932 geführt von Franz Gürtner, DNVP) führte, markierte die sogenannte Machtergreifung – eher eine Machtübergabe – im Januar 1933 einen Einschnitt. Die paramilitärisch organisierten Verbände der SA entfalteten im ersten Vierteljahr 1933 einen derart starken Terror, dass der demokratische Rechtsstaat aufhörte zu existieren. In der Folge des Reichstagsbrandes am 27. Februar 1933 wurde rückwirkend eine strafverschärfende Regelung erlassen – nach rechtsstaatlichen Maßstäben ein unhaltbarer Vorgang. Durch Einführung der sogenannten Schutzhaft wurden politisch unliebsame Gegner willkürlich und ohne Befristung in Gewahrsam genommen. In Berlin wurden in der Folge des Reichstagsbrandgesetzes die Anwälte Alfred Apfel, Ludwig Barbasch und Hans Litten verhaftet.

Das Jahr 1933 war gekennzeichnet von Einzelaktionen individuellen Terrors. So brutal die Gewalt im konkreten Fall war, so wenig effektiv erwies sie sich doch aus nationalsozialistischer Sicht im Hinblick auf die Ausgrenzung von Juden. Die Macht der Nationalsozialisten sollte auf allen Ebenen gefestigt, Juden sollten aus allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt werden. Auch in der Rechtspflege sollte nun nach „Jude“ und „Nicht-Jude“ differenziert werden, wobei die Herkunft der Großeltern maßgeblich war und nur nachrangig die aktuelle Religionszugehörigkeit. Die Ausgrenzung aus der Anwaltschaft versprach auch eine Verbesserung der Einkommenslage der nicht-jüdischen Anwälte.

Bis zur sukzessiven Auflösung der Länderjustizministerien hatten diese größere Kompetenzen. In Preußen wurde Ende März der fanatische Nationalsozialist Hanns Kerrl als Reichskommissar für das Preußische Justizwesen eingesetzt, in Bayern der „alte Kämpfer“ der NSDAP und spätere „Generalgouverneur von Polen“, Hans Frank. Beide versuchten sich zu profilieren.

Am 31. März 1933 wurde der Kerrl’sche Erlass bekannt gegeben, auf dessen Grundlage den jüdischen Richtern, Staatsanwälten und Rechtsanwälten der Zugang zu Gerichten in Preußen ab dem nächsten Tag verwehrt werden sollte. Für den 1. April war ein reichsweiter Boykott gegen jüdische Geschäfte und Warenhäuser, Ärzte und Rechtsanwälte angesetzt worden. An diesem Sonnabend – damals ein normaler Arbeitstag – stürmten SA-Trupps in vielen Städten Deutschlands die Gerichtsgebäude und versuchten, Juden zu „entfernen“. Die gesetzliche Grundlage für diesen Vorgang wurde nachträglich geschaffen: Für die in Preußen zugelassenen Notare jüdischer Herkunft, die Beamte waren, wurde das reichsweit geltende „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7.4.1933 rigide angewendet: Die meisten verloren ihre Zulassung.

Prof. Dr. Max Alsberg

war seit 1906 Rechtsanwalt in Berlin, später auch Notar und Honorarprofessor. Er war ein prominenter Verteidiger, u.a des Industriellen Stinnes und von Mitgliedern des Ringvereins „Immertreu ". Seine Mandanten gehörten meist der wirtschaftlichen und politischen Elite an. Er trat auch in politischen Prozessen auf, so Anfang der Zwanziger Jahre als Vertreter des Deutschnationalen Karl Helfferich im von Martin Erzberger angestrengten Beleidigungsprozeß. 1931 übernahm Alsberg als einer von vier Anwälten die Verteidigung von Carl von Ossietzky. Bei dieser Gelegenheit war er, der keinerlei Erfahrungen mit Prozessen gegen die politische Linke besaß, von der negativen Stimmung überrascht, die ihm beim Reichsgericht in Leipzig entgegenschlug - und erst recht von dem harten Urteil über anderthalb Jahre Haft. Alsbergs Fähigkeiten in der Analyse, Konzeption und Rhetorik wurden gerühmt. Sein 1930 erschienenes Buch „Der Beweisantrag im Strafprozeß" war bahnbrechend und wurde nach dem Krieg wieder aufgegriffen und fortgeschrieben. Er überbrückte damit den Graben zwischen anwaltlicher Praxis und juristischer Wissenschaft. Immer wieder beschäftigte er sich mit den zentralen Fragestellungen des Rechts: der Wahrheit und der Gerechtigkeit. Er setzte diese Themen auch auf künstlerischem Gebiet um, so schrieb er die beiden Dramen „Die Voruntersuchung" (auch verfilmt) und „ Konflikt ". 

Im Zuge des Boykott-Tages (1. April 1933) hatten sich die nicht-jüdischen Soziien von Alsberg bei der SA-Kreisleitung dafür eingesetzt, dass kein roter Handzettel mit der Aufschrift: „Betreten verboten! Jude!" an das gemeinsame Kanzleischild geklebt wird. Tags darauf war das ganze Schild herausgerissen und schwamm im nahen Landwehrkanal. Alsberg sollte mit Hinweis auf die Verteidigung Ossietzkys die Zulassung entzogen werden. Berechtigterweise fühlte er sich aus antisemitischen und politischen Gründen bedroht und floh Ende März erst nach Baden-Baden, wenig später in die Schweiz. Er hatte alles verloren, was ihm wichtig gewesen war. In einem Sanatorium in Samaden erschoss er sich am 11. September.

Eine vollständige Übersicht der verfügbaren Panels senden wir Ihnen auf Anfrage zu.

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Vor den Ausstellungstafeln stehen Betrachter

Ausleihinformationen

Die Wanderausstellung „Anwalt ohne Recht“ steht in den nächsten Jahren als Leihgabe zur Verfügung.

Mit einer Breite von jeweils 90 cm und einer Höhe von 219 cm, lassen sich die Panels nach Bedarf frei im Raum anordnen. Gerade die Panels mit den Einzelschicksalen bilden eine flexible Ergänzung zu den Informationspanels. Damit kann die Ausstellung optimal an jede Raumgröße angepasst werden indem Panels nach Bedarf hinzugefügt oder weggelassen werden können. Es bestehen keine Anforderungen an die Mindestgröße des Ausstellungsraumes, allerdings sollten bei öffentlichen Räumen die geltenden Vorschriften für Fluchtwege und Brandschutz beachtet werden.

Die Informationspanels, Panels mit Einzelschicksalen und regionalen Panels können nach Bedarf einzeln angefordert werden. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, eigene historische Erkenntnisse in die Ausstellung einfließen zu lassen und neue Panels zu gestalten und zu drucken. Die Kosten für die Neuanfertigungen von Panels sind dabei vom Veranstalter selbst zu tragen.

Für den Auf- und Abbau sollte jeweils ein Tag mit ca. 2-3 Personen vor Ort eingeplant werden. Die Ausstellung wird von der Bundesrechtsanwaltskammer nach Terminabstimmung mittels eines Transportunternehmens angeliefert und wieder abgeholt. Für die Zwischenlagerung der Transportkiste muss eine Unterstellmöglichkeit zur Verfügung gestellt werden. Versichert ist die Ausstellung dabei über die Bundesrechtsanwaltskammer. Auf Anfrage können Plakate und Flyer für die Bewerbung gedruckt werden.

Die Ausstellungsdauer sollte dabei 3 bis 4 Wochen betragen und sollte möglichst frei zugänglich sein.


Kontakt

Rechtsanwältin Swetlana Schaworonkowa
LL.M. (Singapur/Shanghai) | Referentin
Tel. +493028493928
Mail schaworonkowa(at)brak(dot)de

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Maria D. Ghetti
Sekretariat
Tel. +493028493921
Mail ghetti(at)brak(dot)de