Steuerrecht
Berufungsperiode 01.01.2024 bis 31.12.2027
Teilen
Zur Lohnversteuerung von Beiträgen an Berufshaftpflichtversicherungen, Rechtsanwaltskammern und Vereine sowie von Kosten der beA-Karte | Handlungshinweise des Ausschusses Steuerrecht – Stand: Mai 2021
DAC-6 Handlungshinweise: Die Handlungspflichten gelten. Was ist wann zu tun? Stand: April 2021
Betriebsprüfungen in Rechtsanwaltskanzleien | Handlungshinweise des Ausschusses Steuerrecht – Stand: April 2021
Podcast (R)ECHT INTERESSANT! Folge 7: Rechtsstaatliche Schieflage im Steuerrecht?
Ergänzung der umsatzsteuerlichen Hinweise für die Rechnungslegung durch und an Rechtsanwälte im Hinblick auf die Absenkung der Umsatzsteuersätze durch das Konjunkturpaket der Bundesregierung (Stand: Dezember 2020)
Umsatzsteuerliche Hinweise für die Rechnungslegung durch und an Rechtsanwälte, Handlungshinweise des Ausschusses Steuerrecht (Stand: Mai 2020)
Handlungshinweise des Ausschusses Steuerrecht zur umsatzsteuerlichen Behandlung anwaltlicher Dienstleistungen mit Auslandsbezug – Zusammenfassende Meldung gem. § 18a UStG (Stand: August 2020)
Gefahr der Gewerblichkeit für Kanzleien – Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (Stand: Dezember 2020)
Teilung von und Ausscheiden aus Rechtsanwaltssozietäten, Möglichkeiten nach dem Realteilungserlass des BMF vom 19.12.2018, Einführung in die Thematik (Stand: Okt. 2019)
Gemeinsame Eingabe von BStBK und BRAK – Ort der Leistung bei der Erbringung juristischer Dienstleistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück – Neuregelungen seit dem 1. Januar 2017
List, Sparfeld, "Das häusliche Arbeitszimmer des Anwalts - steuerliche Auswirkungen in Zeiten von Corona", (BRAK-Mitt. 3/2021, 138ff.)
Paul, "Vorsicht, Prüfung! - Mitwirkungspflicht und Verschwiegenheit bei Betriebsprüfungen in Kanzleien", (BRAK-Magazin 3/2021, S. 6)
Mehren, Anmerkung zu BFH, Urt. v. 1.10.2020 – VI R 11/18 "Arbeitslohn bei Übernahme der Beiträge zu einer Berufshaftpflichtversicherung", (BRAK-Mitt. 2021, 203)
Stange, Anmerkung zu BFH Urt. v. 4.8.2020 – VIII R 24/17 "Anerkennung mehrstöckiger Freiberufler-Personengesellschaften", (BRAK-Mitt. 2021, 53)
Stange, "Kanzleigründung – Rechtsformwahl aus steuerlicher Sicht", (BRAK-Mitt 2020, 319)
Lusche, „Steuerliche Hinweise zu Zusammenschlüssen zu und von Rechtsanwaltssozitäten", (BRAK-Magazin 3/2020, S. 16)
Curdt, „Steuerliche Aspekte bei der Rechtsformwahl von Anwaltssozietäten“, (BRAK-Magazin 2/2020, S. 12)
Mehren, "Lohnsteuerpflicht für Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung“, (BRAK-Magazin 1/2020, S. 9)
Sparfeld, „Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen“, (BRAK-Mitt. 2020, 11)
Paul, "Anwaltliche Verschwiegenheit vs. Meldepflicht von Steuergestaltungsmodellen", (Editorial BRAK-Magazin 6/2019, S. 3)
Kirchberg, "Die Anwaltschaft in der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte" (BRAK-Mitt. 2018, 279 ff)
Stange, „Teilung von und Ausscheiden aus Kanzleien“, (BRAK-Magazin 5/2019, S. 17)
Stange, Anmerkung zu BFH Urt. v. 27.9.2017 – XI R 15/15 "Pflicht zur Angabe von Mandatsdaten zu Umsatzsteuerzwecken", (BRAK-Mitt. 2018, 34)
Buhman und Stange, „Vorsicht infektiös! - Gewerblichkeit anwaltlicher Tätigkeit und die Abfärberegelung des § 15 III Nr. 1 EStG", (BRAK-Magazin 3/2017, S. 16)
Sparfeld, "Auflösung von und Austritt aus Freiberuflersozietäten – Aktuelle Entwicklungen zur Realteilung", (BRAK-Mitt. 2017, 66-71)
Betriebsprüfung
Steuerliche Betriebs- bzw. Außenprüfungen können jede Rechtsanwältin und jeden Rechtsanwalt treffen. Die Finanzverwaltung kann solche Prüfungen auch in Anwaltskanzleien, d. h. bei Berufsgeheimnisträgern, durchführen. Bei den betroffenen Kanzleiinhabern besteht oftmals eine gewisse Unsicherheit, ob dem Betriebsprüfer Zutritt zu den Kanzleiräumen gewährt werden muss, welche Mitwirkungspflichten bestehen, welche Unterlagen vorgelegt werden müssen und inwieweit sie sich auf ihre anwaltliche Verschwiegenheitspflicht berufen dürfen oder sogar müssen. Der Ausschuss Steuerrecht der BRAK hat Handlungshinweise zu Betriebsprüfungen in Rechtsanwaltskanzleien erarbeitet. Im Rahmen des Beitrags werden anhand der gesetzlichen Vorgaben sowie der geltenden Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs Handlungsmöglichkeiten für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte dargestellt.
Die Handlungshinweise zu Betriebsprüfungen in Rechtsanwaltskanzleien (Stand: April 2021) finden sie hier.
Bewirtungsaufwendungen
Aufwendungen für die Bewirtung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Unternehmers sind, aus geschäftlichem Anlass, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind, dürfen selbstständig tätige Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG in Höhe von 70 Prozent der Aufwendungen als Betriebsausgaben geltend machen. In Höhe der übrigen 30 Prozent besteht ein Abzugsverbot.
Für angestellte Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gilt dies über die Rechtsverweisung des § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG entsprechend (Werbungskostenabzug).
Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG sind zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen. Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen gemäß S. 3 der Norm Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist dann beizufügen. Zu den inhaltlichen Anforderungen an Bewirtungsbelege vgl. das aktualisierte BMF-Schreiben vom 30.6.2021, BStBl 2021 I S. 908.
Gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 EStG sind Bewirtungsaufwendungen von Freiberuflern dabei einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen. Eine besondere Form der Darstellung wird nicht verlangt, wobei selbst erstellte Eigenbelege zu unterschreiben sind.
Für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte stehen die gesetzlich geforderten Angaben zu Teilnehmern und Bewirtungsanlass dabei in einem besonderen Spannungsverhältnis zu der innerhalb des Mandatsverhältnisses bestehenden anwaltlichen Schweigepflicht.
Der Bundesfinanzhof hat in diesem Zusammenhang allerdings bereits im Jahr 2004 entschieden, dass auch die anwaltliche Schweigepflicht Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte nicht von den vorgenannten nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG erforderlichen Angaben entbindet und deren Verweigerung unter Berufung auf das Mandatsgeheimnis unzulässig ist (BFH, Urteil vom 26.02.2004, IV R 50/01, BStBl. II 2004, 502). Vor dem Hintergrund des § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB erachtet der BFH die Angaben gegenüber der Finanzverwaltung als durch eine ausdrückliche oder zumindest konkludente Einwilligung des eine Bewirtungseinladung annehmenden Mandanten gerechtfertigt.
Insbesondere reichen allgemeine Angaben zum Bewirtungsanlass, wie Mandatsbesprechung, Beratungsgespräch, Mandatsanbahnungsgespräch, Geschäftsbesprechung etc., nicht aus.
Vielmehr sind nach Ansicht des Bundesfinanzhofs zeitnah konkrete Angaben zum Bewirtungsanlass, die eine Nachprüfung der beruflichen Veranlassung ermöglichen, unter Namensnennung sämtlicher bewirteten Personen (auch des Bewirtenden selbst) zu machen. Eine nachträgliche Konkretisierung der Angaben ist grundsätzlich nicht möglich.
Weitere Einzelheiten zu den Abzugsanforderungen lassen sich R 4.10 (5-9) sowie H 4.10 (5 -9) der Einkommensteuer-Richtlinien 2012 entnehmen.
Umsatzsteuerlich findet für selbstständige Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte § 15 Abs. 1a Satz 1 und 2 UStG Anwendung, d. h. die in den Bewirtungskosten enthaltene Umsatzsteuer kann zu 100 Prozent als Vorsteuer geltend gemacht werden, soweit die Bewirtungsaufwendungen angemessen und nachgewiesen sind.
Doppelte Haushaltsführung
Mehraufwendungen, die durch eine beruflich bedingte doppelte Haushaltsführung veranlasst sind, sind steuerlich als Werbungskosten (angestellte Rechtsanwälte gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG) oder als Betriebsausgaben (selbstständige Anwälte gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6a EStG) beschränkt abzugsfähig. Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Anwalt an einem Ort einen eigenen Hausstand unterhält und an dem Ort der ersten Tätigkeitsstätte bzw. Betriebsstätte aus beruflichen Gründen eine zweite Wohnung innehat. Das Vorliegen eines eigenen Hausstandes setzt das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus. Für die Begründung eines doppelten Haushalts reicht es daher nicht aus, wenn der Steuerpflichtige bspw. am Ort der ersten Tätigkeitsstätte unentgeltlich im Haus seiner Eltern lebt und sich nur an den Wohnnebenkosten beteiligt (FG Düsseldorf vom 20.5.2020 – 9 K 719/17 E – DStRE 2020, 1414).
Als Mehraufwendungen abzugsfähig sind insbesondere
- Fahrtkosten aus Anlass des Wohnungswechsels zu Beginn und am Ende der doppelten Haushaltsführung (die tatsächlichen Aufwendungen, alternativ die pauschalen Kilometersätze nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Sätze 1 und 2 EStG von 0,30 Euro/Fahrtkilometer bei Benutzung eines Pkws),
- Kosten für eine Familienheimfahrt pro Woche (Entfernungspauschale pro Entfernungskilometer von 0,30 Euro bis 2020, 0,35 Euro für 2021-2023, 0,38 Euro für 2024-2026 oder höhere tatsächliche Aufwendungen bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel),
- Verpflegungsmehraufwendungen für einen Zeitraum von drei Monaten nach Begründung der doppelten Haushaltsführung gem. § 9 Abs. 4a EStG,
- Aufwendungen für die Nutzung der Zweitwohnung (höchstens 1.000,00 Euro im Monat), und
- Tatsächliche Umzugskosten bei Begründung und Beendigung der doppelten Haushaltsführung.
Ein Werbungskostenabzug kommt nicht in Betracht, soweit der angestellte Rechtsanwalt die Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet erhält (§ 3 Nr. 16, § 3c Abs. 1 EStG). Zu berücksichtigen ist weiter, dass im Falle einer doppelten Haushaltsführung Zweitwohnungssteuer anfallen kann, welche dann im Rahmen der doppelten Haushaltsführung als abzugsfähige Aufwendung geltend gemacht werden kann.
Weitere Details zur doppelten Haushaltsführung ergeben sich aus R 9.11 der Lohnsteuerrichtlinien 2015.
Fahrtenbuch
Befindet sich in dem Betriebsvermögen der Kanzlei ein Fahrzeug, müssen die Kosten privat gefahrener Kilometer aus den Betriebsausgaben herausgerechnet werden. Hierfür ist der Steuerpflichtige verpflichtet, alle Geschäftsfahrten aufzuzeichnen. Dies geschieht durch ein lückenloses Fahrtenbuch.
In das Fahrtenbuch sind folgende Informationen aufzunehmen:
- Datum
- Ausgangspunkt und Ziel der Reise
- Tachostände am Anfang und Ende der Reise
- Anlass der Reise mit Namen des aufgesuchten Geschäftspartners
Aus diesen Aufzeichnungen kann der Privatanteil der gefahrenen Kilometer errechnet werden und die Gesamt-Kosten entsprechend gekürzt werden.
In der Praxis ist die Ordnungsgemäßheit des Fahrtenbuchs häufiger Streitgegenstand mit dem Finanzamt. Die Anforderungen sind stetig verschärft worden. Im Falle einer Nicht-Anerkennung des Fahrtenbuchs erfolgt eine Schätzung, die zumeist zum Nachteil des Steuerpflichtigen erfolgt. Selten sind die Fälle, in denen Fahrtenbücher finanzgerichtlich gehalten werden.
Häufige Streitpunkte sind:
- Ganzjährige Führung des Fahrtenbuchs
- Unveränderlichkeit – Keine Zettel, Excel-Tabellen, Bleistiftaufzeichnungen, o. ä.
- Widersprüche zum Terminkalender/Parkscheinen, Bewirtungsquittungen etc.
- Ungenaue Angaben bzgl. aller oben genannten Punkte
Problematisch ist die Vereinbarkeit der steuerlichen Anforderungen mit der anwaltlichen Verschwiegenheit. Anders als bei den Bewirtungsaufwendungen, bei denen in der Rechtsprechung eine konkludente Einwilligung sich einladender Mandanten angenommen wird, kann eine solche Einwilligung beim Fahrtenbuch nicht generell unterstellt werden. Zu empfehlen ist daher eine Vorlage in neutralisierter Form, um einen Verstoß gegen die Verschwiegenheit zu verhindern (so BFH v. 28.10.2009 – VIII R 78/05, BStBl. II 2010, 455).
Bei einem Steuerpflichtigen, der das Fahrzeug zu mehr als 50 % nutzt, ist alternativ die pauschale 1%-Methode anzuwenden. Hierfür ist der ursprüngliche Brutto-Listenpreis des Fahrzeugs maßgeblich, von dem pro Monat 1 % als privater Nutzungsanteil unterstellt wird. Gerade bei vielen Privatfahrten kann dies zu steuerlichen Vorteilen führen. Auch ist die Berechnung grds. einfacher.
Gewerblichkeit anwaltlicher Tätigkeit
Die anwaltliche Tätigkeit ist, sofern nicht in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft ausgeübt, grundsätzlich von der Gewerbesteuer befreit. Das Steuerrecht stellt jedoch teilweise hohe Anforderungen an die Gewährung dieses Privilegs. Bereits kleine Anteile gewerblicher Tätigkeit führen zur Gewerbesteuerpflicht der gesamten Kanzleileistung. Den Beitrag des Ausschusses Steuerrecht der BRAK zur „Gefahr der Gewerblichkeit für Kanzleien – Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG“ (Stand: Dezember 2020) finden Sie hier. Anhand von Praxisbeispielen erläutert er die Problemstellung und enthält Praxistipps, wie Rechtsanwälte sich in den gegebenen Situationen verhalten sollten.
Einen Artikel mit dem Titel: „Vorsicht infektiös!“ (BRAK-Mag. 3/2017, S. 16) zu dieser Thematik finden Sie hier. Eine Besprechung zum BFH-Urteil vom 04.08.2020 (VIII R 24/17, BRAK-Mitt. 2021, 53) finden Sie hier.
Das häusliche Arbeitszimmer des Anwalts
Die steuerliche Berücksichtigung der Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers ist regelmäßig Gegenstand der Rechtsprechung und der Diskussion in der Fachliteratur. In Zeiten von Corona erhielt die Thematik insbesondere bei Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten aufgrund der verstärkten Nutzung von Homeoffice eine noch größere Bedeutung. Die Frage, wie die Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers steuerlich in Ansatz gebracht werden kann und welche Risiken sich gegebenenfalls daraus ergeben, ist somit für zahlreiche Steuerpflichtige, insbesondere auch für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, unabhängig davon, ob es sich um Angestellte oder selbstständig Tätige handelt von Relevanz. Im nachfolgenden Beitrag wird zunächst die grundsätzliche Regelung der steuerlichen Berücksichtigung eines häuslichen Arbeitszimmers dargestellt. Anschließend werden die Regelungen zur Nutzung von Homeoffice in Corona-Zeiten und die steuerlichen Pauschalen im Zusammenhang mit Corona aufgezeigt. Schließlich werden die Risiken der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers in der Eigentumsimmobile erläutert.
Einen Aufsatz zu „Das häusliche Arbeitszimmer des Anwalts – Steuerliche Auswirkungen in Zeiten von Corona“ (BRAK-Mitt. 2021, 138) finden Sie hier.
Es sei darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz 2022 die Homeoffice-Pauschale mit Wirkung ab 01.01.2023 entfristet und ausgebaut hat. Für in der häuslichen Wohnung ausgeübte Tätigkeiten nach dem 31.12.2022 gilt: Pro Tag im Homeoffice können Steuerpflichtige nunmehr sechs Euro in der Einkommensteuererklärung geltend machen. War die Pauschale bislang auf 600 Euro im Jahr begrenzt, können nun bis zu 1.260 Euro jährlich geltend gemacht werden. Damit sind 210 statt vormals 120 Homeoffice-Tage begünstigt.
Zu beachten ist, dass der Abzug der Tagespauschale nur für solche Tage zulässig ist, an denen die erste Tätigkeitsstätte nicht aufgesucht wird. Wer also bspw. vormittags zu Hause arbeitet und nachmittags seine außerhalb der Wohnung befindliche erste Tätigkeitsstätte aufsucht, kann für diese Tage keine Tagespauschale in Abzug bringen. Für den Abzug der Tagespauschale ist es – wie schon bisher – nicht erforderlich, dass die Tätigkeit in einem separaten Arbeitszimmer erfolgt; insoweit ist z. B. auch ein Arbeitsplatz in der Küche der Wohnung ausreichend.
Das häusliche Arbeitszimmer im Ausland
Die zunehmende Digitalisierung ermöglicht es Rechtsanwälten immer leichter und effektiver, zuhause oder auch in „Ferien“wohnungen – jeweils auch im Ausland – zu arbeiten.
Liegt der Arbeitsort anders als der Kanzleisitz im Ausland, stellt sich nicht nur die Frage, wie die damit verbundenen Kosten steuermindernd geltend gemacht werden können. Es stellt sich vielmehr die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen sich die Tätigkeit im Ausland auf das deutsche Besteuerungsrecht als solches auswirkt, d. h. Einkünfte nicht in Deutschland, sondern im Ausland zu versteuern sind.
Dabei ist zu unterscheiden, ob ein Rechtsanwalt als Angestellter oder als Selbstständiger Einkünfte aus der Tätigkeit im Ausland erzielt, ob es sich um einen Grenzgänger handelt oder nicht und ob die Tätigkeit dauerhaft oder nur zeitweise im Ausland erfolgt.
1. Angestellte Rechtsanwälte
Angestellte versteuern ihr Erwerbseinkommen – je nach Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) und insbesondere der Dauer der Arbeitsausübung im Ausland – im Wohnsitzstaat und/oder im Staat der Arbeitsausübung.
a) Grenzgänger
Zu einer zumindest überwiegenden Besteuerung im Wohnsitzstaat (Staat des Lebensmittelpunkts) kommt es regelmäßig bei DBA mit sog. Grenzgängerregelung (Schweiz, Österreich, Frankreich). Grenzgänger arbeiten in einem anderen als dem Wohnsitzstaat, kehren aber nach der Arbeitsausübung regelmäßig (d. h. an einer bestimmten Anzahl an Arbeitstagen) an ihren Wohnsitz zurück. Eine beruflich bedingte Nichtrückkehr an einer bestimmten im jeweiligen DBA festgelegten Mindestanzahl an Tagen führt zu einem Wegfall des Besteuerungsrechts im Wohnsitzstaat als Grenzgänger und zu einer Besteuerung im Tätigkeitsstaat, wobei Aufenthalte in Drittstaaten eine Besteuerung im Wohnsitzstaat zur Folge haben.
Beispiel 1: Eine in der Schweiz wohnhafte Rechtsanwältin mit Anstellung bei einer in Deutschland ansässigen Kanzlei versteuert ihr Arbeitseinkommen (nach Abzug einer deutschen Quellensteuer von 4,5%) regelmäßig in der Schweiz.
Beispiel 2: Die Rechtsanwältin kehrt aufgrund von Mandatsverpflichtungen in Frankreich an mehr als 60 Tagen nicht in die Schweiz zurück. Deshalb steht Deutschland als Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht für die Tage der Arbeitsübung in Deutschland alleine zu und der Schweiz das Besteuerungsrecht für die Arbeitstage in Frankreich.
Beispiel 3: Die Rechtsanwältin hält sich an mehr als 60 Tagen in ihrem Ferienhaus in Frankreich auf und arbeitet dort. Das ändert an der Besteuerung wie im Beispiel 1 nichts, da der Aufenthalt in Frankreich nicht beruflich bedingt ist.
b) Grenzpendler
Bei einer Ansässigkeit in den sonstigen Nachbarstaaten Deutschlands (Dänemark, Polen, Tschechische Republik, Luxemburg, Niederlande, Belgien) ohne Grenzgängerregelung erfolgt meist eine Besteuerung im Staat der Arbeitsausübung. Für Arbeitnehmer aus diesen Nachbarländern, die ihre Tätigkeit in Deutschland ausüben, greift keine Grenzgängerregelung. Das Besteuerungsrecht bleibt regelmäßig im Tätigkeitsstaat.
Beispiel 4: Lebt ein für eine deutsche Kanzlei tätiger angestellter Rechtsanwalt in Dänemark, versteuert er sein Einkommen regelmäßig in Deutschland.
Hinweis zu Corona:
Für den Zeitraum vom 11.03.2020 bis zum 30.06.2022 verständigte sich Deutschland mit den meisten seiner Anrainerstaaten in Konsultationsvereinbarungen darauf, dass eine coronabedingte Tätigkeit im Home-Office als Tätigkeit im Staat des vereinbarten Arbeitsortes mit anschließender Rückkehr an den Wohnort zu werten ist. Eine coronabedingte Tätigkeit im Home-Office änderte damit vorübergehend nichts am sonst bestehenden Besteuerungsrecht.
Im Beispiel 1 kann Deutschland bei einer Tätigkeit im Home-Office weiter die Quellensteuer von 4,5% einziehen. Im Beispiel 4 bleibt es trotz Wohn- und Arbeitsort in Dänemark beim deutschen Besteuerungsrecht.
Ab dem 01.07.2022 fällt diese Sonderregelung weg. Mit einer Wiederinkraftsetzung der Konsultationsvereinbarungen ist allenfalls bei einer Verschärfung der pandemische Lage zu rechnen.
c) Sonstige
Für Personen, die weder Grenzgänger noch Grenzpendler sind (z. B. Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer in Griechenland) gelten die Regelungen des jeweiligen DBA.
2) Selbstständige Rechtsanwälte
Selbstständige versteuern ihr Erwerbseinkommen am Ort ihrer Betriebsstätte. Nur wenn eine solche nicht existiert, wird das Einkommen im Wohnsitzstaat versteuert.
Unter Betriebsstätte ist eine feste Geschäftseinrichtung zu verstehen, in der die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird. Eine in Deutschland ansässige Kanzlei hat zumindest eine Betriebsstätte in Deutschland.
Auch die anwaltliche Tätigkeit in einer von einem Rechtsanwalt angemieteten „Ferien“wohnung kann aber ggf. eine Betriebsstätte einer Kanzlei begründen. Das kann auch dann gelten, wenn bei einer Rechtsanwaltskanzlei in der Rechtsform einer Personengesellschaft nur der im Ausland arbeitende Rechtsanwalt, nicht aber seine Partner oder Sozien Zugang zu der Einrichtung im Ausland haben. Ein Rechtsanwalt kann auch eine sog. Vertreterbetriebsstätte im Ausland begründen.
Beispiel 5: Ein in Deutschland ansässiger und dort zugelassener selbstständiger Rechtsanwalt arbeitet regelmäßig in seinem Ferienhaus in Österreich. In seinem österreichischen Domizil bearbeitet er Mandate, mit deren Bearbeitung ihn seine Mandanten telefonisch oder per Mail während seines dortigen Aufenthaltes beauftragt haben. Für die Einkünfte aus diesen Mandaten steht Österreich als Ort der sog. Vertreterbetriebsstätte das Besteuerungsrecht zu.
Eine regelmäßige, d. h. nicht nur kurzfristige anwaltliche Tätigkeit eines selbstständigen Rechtsanwalts für eine deutsche Kanzlei im Ausland sollte daher genau auf Ihre steuerlichen Implikationen hin überprüft werden.
In jedem Fall wird bei einer nicht nur ausnahmsweisen Tätigkeit im Ausland – sowohl durch Angestellte als auch durch Selbstständige – geraten, die steuerlichen Verhältnisse mit dem jeweiligen steuerlichen Berater zu klären.
Kanzleigründung
Einen Beitrag zum Thema „Kanzleigründung – Rechtsformwahl aus steuerlicher Sicht" (BRAK-Mitt 2020, 319) finden Sie hier. Darin werden die steuerlichen Konsequenzen aufgezeigt, die bei der Gründung einer Rechtsanwaltskanzlei neben operativen und berufsrechtlichen Aspekten eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung haben. Dies gilt auch bei Wachstum und Umstrukturierung der Kanzlei sowie mit Blick auf einen geplanten Ausstieg bzw. eine Übertragung der Kanzlei. Der Artikel gibt einen Überblick über die verschiedenen Optionen – Einzelkanzlei, Personengesellschaften (GbR, Partnergesellschaft), Rechtsanwaltsgesellschaften (AG, GmbH) – und ihre völlig unterschiedlichen steuerlichen Auswirkungen.
Lohnversteuerung der vom Arbeitgeber angestellter Rechtsanwälte übernommener beruflichen Kosten
In den Handlungshinweisen des Ausschusses Steuerrecht zur Lohnversteuerung von Beiträgen an Berufshaftpflichtversicherungen, Rechtsanwaltskammern und Vereine sowie von Kosten der beA-Karte (Stand: Mai 2021) wird die Fragestellung erörtert, inwieweit die vom Arbeitgeber angestellter Rechtsanwälte übernommenen beruflichen Kosten steuerlich zu behandeln sind. Die Überlegungen des Ausschusses Steuerrecht sollen hierzu – soweit vorhanden – anhand der Rechtsprechung Klarheit schaffen. Die Handlungshinweise finden Sie hier.
Einen Beitrag zur „Lohnsteuerpflicht für Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung“ (BRAK-Mag. 1/2020, S. 9) finden Sie hier. Eine Anmerkung zu den BFH-Urteilen vom 01.10.2020 (Az.: VI R 11/18 und VI R 12/18, BRAK-Mitt. 2021, 203) finden Sie hier.
Mitteilungspflicht grenzüberschreitender Steuergestaltungen (DAC-6 Handlungshinweise)
Das Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen (BGBl. 2019 I, 2875), das die Richtlinie (EU) 2018/822 („DAC-6“) in nationales Recht umsetzt, führt eine Anzeigepflicht auch für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte für bestimmte grenzüberschreitende Steuergestaltungen ein. Diese Regelungen gelten seit dem 01.07.2020. Rechtsanwälte sind dann, wenn sie als sogenannte Intermediäre auftreten, gefordert, grenzüberschreitende Steuergestaltungen innerhalb der gegebenen Fristen elektronisch zu melden. Dies gilt auch dann, wenn sie selbst nicht steuerrechtlich beraten, sondern „nur“ eine von anderen Personen entwickelte Struktur umsetzen; auch in diesem Fall können sie Intermediär und damit mitteilungspflichtig sein. Die Handlungshinweise des Ausschusses Steuerrecht „DAC-6 – Die Handlungspflichten gelten. Was ist wann zu tun?“ (Stand: April 2021) gibt Rechtsanwälten ein Schema an die Hand, dass bei allen Mandaten geprüft werden muss. Die Handlungshinweise finden Sie hier.
Einen Aufsatz zur „Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen“ (BRAK-Mit. 2020, 11) finden Sie hier. Ein Editorial mit dem Titel „Anwaltliche Verschwiegenheit vs. Meldepflicht von Steuergestaltungsmodellen" ist im BRAK-Mag. 6/2019, S. 3 erschienen.
Realteilung von Mitunternehmerschaften
Mit dem Beitrag „Teilung von und Ausscheiden aus Rechtsanwaltssozietäten – Möglichkeiten nach dem Realteilungserlass des BMF vom 19.12.2018“ (Stand: Oktober 2019) führt der Ausschuss in die Thematik der Realteilung von Mitunternehmerschaften ein und stellt die derzeitige Rechtslage dar. Den Beitrag finden Sie hier.
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) passte mit BMF-Schreiben vom 19.12.2018 (Az.: IV C 6 –S 2242/07/10002) die Verwaltungsanweisung zur Realteilung weiter an die Rechtsprechung des BFH an (vgl. BFH-Urteile vom 16.03.2017 (Az.: IV R 31/14) und vom 30.03.2017 (Az.: IV R 11/15)). Nach dem BMF-Schreiben wird nun zwischen echten und unechten Realteilungen differenziert.
Mit BMF-Schreiben vom 20.12.2016 (Az.: IV C6–S2242/07/10002:004 2016/110929) hatte sich das BMF bereits der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 17.09.2015 (Az.: III R 49/13, BStBl 2017 II 37) angeschlossen, mit derm er die gewinnneutrale Realteilung erleichtert.
Lesen Sie hierzu auch den Artikel „Teilung von und Ausscheiden aus Kanzleien – Möglichkeiten nach dem Realteilungserlass des BMF vom 19.12. 2018“ (BRAK-Mag. 5/2019, S. 17) und den Aufsatz „Auflösung von und Austritt aus Freiberuflersozietäten – Aktuelle Entwicklungen zur Realteilung“ (BRAK-Mitt. 2017, 66-71).
Rechnungslegung durch und an Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte
Auch für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gelten die Regelungen des Umsatzsteuergesetzes (UStG), aus dem sich insbesondere Anforderungen für die zu stellenden Rechnungen, für den Vorsteuerabzug und für den Umgang mit Reise- und Bewirtungskosten ergeben. Die umsatzsteuerlichen Hinweise für die Rechnungslegung durch und an Rechtsanwälte (Stand: Mai 2020) des Ausschusses Steuerrecht sollen einen Überblick über die wichtigsten Regelungen geben und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die anwaltliche Praxis aufzeigen. Die Handlungshinweise finden Sie hier.
Eine Ergänzung der umsatzsteuerlichen Hinweise für die Rechnungslegung durch und an Rechtsanwälte im Hinblick auf die Absenkung der Umsatzsteuersätze durch das Konjunkturpaket der Bundesregierung (Stand: Dezember 2020) finden Sie hier.
Rechtsformwahl von Anwaltssozietäten
Ein Artikel über „Steuerliche Aspekte bei der Rechtsformwahl von Anwaltssozietäten“ (BRAK-Mag. 2/2020, S. 12) befasst sich mit den verschiedenen Kriterien, die es bei der Rechtsformwahl von Anwaltssozietäten im Blick zu behalten und gegeneinander abzuwägen gilt. Aus steuerlicher Sicht bestehen gravierende Unterschiede zwischen den Kapitalgesellschaften, insbes. der Anwalts-GmbH, und den Personengesellschaften, insbes. der GbR und den Partnerschaften i. S. d. PartG. Der Beitrag enthält u. a. Ausführungen zur Gewerbesteuer, zur Systematik der Gewinnbesteuerung, zur Art und Weise der Gewinnermittlung sowie zur Umsatzsteuer.
Scheinselbstständigkeit
Scheinselbstständigkeit meint das Auftreten als Selbstständiger, obwohl der Betroffene tatsächlich abhängig beschäftigt ist. Das Vorliegen einer Scheinselbstständigkeit hat erhebliche steuerliche, sozialversicherungsrechtliche und arbeitsrechtliche Auswirkungen. Denn in diesen Fällen liegt – entgegen der Annahme der Parteien – tatsächlich ein Arbeitsverhältnis vor.
Das Risiko von Scheinselbstständigkeit besteht häufig, wenn Rechtsanwälte/Rechtsanwaltskanzleien sogenannte „freie Mitarbeiter“ beauftragen. In diesem Fall beabsichtigen die Parteien (die beauftragende Kanzlei und der „freie Mitarbeiter“) eine selbstständige Tätigkeit. Folglich führt der Auftraggeber weder Beiträge an die Sozialversicherung ab noch gibt er Lohnsteueranmeldungen ab. Nicht selten stellt die Tätigkeit der freien Mitarbeiter für die Kanzlei unter Berücksichtigung aller Umstände aber doch eine abhängige Beschäftigung dar.
Sofern letztlich ein Anstellungsverhältnis vorliegt, hat das sowohl für die beauftragende Kanzlei als auch für die vermeintlichen Selbstständigen erhebliche steuerliche und strafrechtliche Konsequenzen: Die Lohnsteuer entsteht in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufließt und muss bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn durch den Arbeitgeber einbehalten und an das zuständige Finanzamt abgeführt werden. Der Arbeitgeber haftet für die Lohnsteuer. Daneben muss der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge einbehalten und abführen. Die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen, Arbeitslosenversicherungsbeiträgen und Krankenkassenbeiträgen führen zu einer Strafbarkeit nach § 266a StGB. Die Nichtabgabe von Lohnsteueranmeldungen führt zu einer Steuerhinterziehung nach § 370 AO. Zusätzlich zu den strafrechtlichen Konsequenzen sind die Rückzahlungspflichten zu beachten: nicht abgeführte Sozialversicherungsbeiträge müssen rückwirkend nachgezahlt werden; ebenso Lohnsteuerzahlungen. Der Umsatzsteuerausweis des vermeintlich Selbstständigen ist unberechtigt; der Auftraggeber muss unverzüglich den Vorsteuerabzug korrigieren und verzinst zurückzahlen und kann unter Umständen zivilrechtlich die Umsatzsteuer vom freien Mitarbeiter zurückfordern, sofern dieser nicht aufgrund des faktischen Anstellungsverhältnisses vor Schadensersatzansprüchen geschützt ist; der Vorsteuerabzug des vermeintlich Selbstständigen ist ebenfalls unwirksam, so dass auch von diesem die entsprechenden Beträge korrigiert und zurückgezahlt werden müssen. Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist insbesondere auf den Urlaubsanspruch, die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle und den Kündigungsschutz des vermeintlich Selbstständigen hinzuweisen, der als Arbeitnehmer auch nur eine begrenzte Zeit zur Nachzahlung von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung verpflichtet ist.
In zwei aktuellen Urteilen hat der BGH die Kriterien und strafrechtlichen Risiken der Scheinselbstständigkeit anschaulich dargestellt – auch für den Inhaber einer Rechtsanwaltskanzlei.
a) BGH-Urteil v. 08.03.2023 – 1 StR 188/22
Der Leitsatz dieses BGH-Urteils lautet: „Für die Abgrenzung von sog. scheinselbstständigen Rechtsanwälten und freien Mitarbeitern einer Rechtsanwaltskanzlei ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung maßgebend; soweit die Kriterien der Weisungsgebundenheit und Eingliederung wegen der Eigenart der Anwaltstätigkeit im Einzelfall an Trennschärfe und Aussagekraft verlieren, ist vornehmlich auf das eigene Unternehmerrisiko und die Art der vereinbarten Vergütung abzustellen.“
Im Urteilsfall hatte ein Rechtsanwalt als alleiniger Kanzleiinhaber („Kanzleiinhaber“) mit zwölf Rechtsanwälten im Wesentlichen gleichlautende Verträge über freie Mitarbeit geschlossen – bzgl. einer zeitlich nicht befristeten Zusammenarbeit. Die Verträge regelten jeweils u. a., dass der Mitarbeiter für die Kanzlei tätig war, Sozialabgaben selbst abführen musste, eigenes Personal beschäftigen und selbst werben durfte, sowie berechtigt war, das vereinbarte Jahresgehalt in monatlichen Teilbeträgen abzurufen. In einer Zusatzvereinbarung wurde geregelt, dass die Beschäftigung eigenen Personals und die Bearbeitung von Mandaten außerhalb der Kanzlei der Zustimmung des Kanzleiinhabers bedurften. Die zwölf Rechtsanwälte erbrachten ihre Tätigkeit – wie von dem Kanzleiinhaber gefordert – in den Kanzleiräumen des Kanzleiinhabers und waren auch nur für diesen, in den ihnen zugewiesenen Mandaten tätig. Das Personal stellte der Kanzleiinhaber. An den Miet- und Personalkosten waren die zwölf Rechtsanwälte nicht beteiligt. Der Kanzleiinhaber zahlte keine Sozialversicherungsbeiträge, keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung und keine Krankenversicherungsbeiträge. Schon das LG hatte die „freien Mitarbeiter“ als abhängig Beschäftigte eingestuft und den Kanzleiinhaber wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt nach § 266a StGB verurteilt. Der BGH hat die Verwirklichung des Straftatbestandes nach § 266a StGB bestätigt.
b) BGH-Urteil v. 13.06.2023 – 1 StR 126/23
In seinem Urteil vom 13.06.2023 – hat der BGH im Hinblick auf Scheinselbstständigkeit ausgeführt, dass die Nichtabgabe jeder einzelnen Lohnsteueranmeldungen eine eigenständige Steuerhinterziehung des Angeklagten durch Unterlassen darstellt (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO).
Empfehlung:Zur Reduzierung solch schwerwiegender Risiken sollte vor Beauftragung freier Mitarbeiter ein Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV eingeleitet werden. Denn es hängt vom Einzelfall ab, ob „freie Mitarbeiter“ letztlich tatsächlich als selbstständig oder als angestellt zu betrachten sind.
Umsatzsteuerliche Behandlung anwaltlicher Dienstleistungen mit Auslandsbezug
Seit dem 01.01.2010 ist zur umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung des Leistungsorts und damit der Umsatzsteuerbarkeit anwaltlicher Dienstleistungen „über die Grenze“ nach dem Leistungsempfänger (Privatperson oder Unternehmer) und dessen (Wohn-)Sitz zu unterscheiden. Je nach Fallgestaltung stellen sich Fragen in Bezug auf die Nachweispflichten des Rechtsanwalts und ihrer Vereinbarkeit mit der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht. Die Handlungshinweise des Ausschusses Steuerrecht zur umsatzsteuerlichen Behandlung anwaltlicher Dienstleistungen mit Auslandsbezug – Zusammenfassende Meldung gem. § 18a UStG (Stand: August 2020) finden Sie hier.
Eine Anmerkung zum BFH-Urteil vom 27.09.2017 (Az.: XI R 15/15, BRAK-Mitt. 2018, 34) finden Sie hier.
Zusammenschlüsse zu und von Rechtsanwaltssozietäten
Ein Beitrag über „Zusammenschlüsse zu und von Rechtsanwaltssozietäten“ enthält Informationen zu den steuerlichen Folgen auf Ebene der Gesellschaft und zu den steuerlichen Folgen für die Gesellschafter (BRAK-Mag. 3/2020, S. 16) . Den Artikel finden Sie hier.
Mitglieder des Ausschusses
- RA Dr. Jochen Bachmann, Bremen
- RA Dr. Thomas Curdt, LL.M., Hannover
- RAin Dr. Ute Lusche, Lörrach
- RAin Judith Mehren, Bonn
- RA Dr. Zacharias-Alexis Schneider, Hannover
- RAin Silvia Sparfeld, M. A., München
- RA Arnold Christian Stange, Bielefeld (Vorsitzender)
- RA Dr. Marco Tyarks, Hamburg
In der Geschäftsführung der BRAK ist RA Christian Bluhm für diesen Ausschuss zuständig. | Kontakt: bluhm(at)brak.de