Arbeit auf Abruf

Ohne Vertragsregelung gelten qua Gesetz 20 Stunden als vereinbart

Bei Arbeit auf Abruf fingiert das TzBfG eine vereinbarte Arbeitszeit von 20 Wochenstunden. Nur ausnahmsweise kann davon abgewichen werden, so das BAG.

26.10.2023Rechtsprechung

Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer Arbeit auf Abruf, legen aber die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht fest, gilt grundsätzlich nach § 12 Abs. 1 Satz 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) eine Arbeitszeit von 20 Stunden wöchentlich als vereinbart, so das Bundesarbeitsgericht (BAG). Eine Abweichung davon komme nur ausnahmsweise im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in Betracht (Urt. v. 18.10.2023, Az. 5 AZR 22/23).

Geklagt hatte eine Frau, die seit 2009 bei einem Unternehmen der Druckindustrie, als „Abrufkraft Helferin Einlage“ beschäftigt war. Ihr Arbeitsvertrag enthielt keine Regelung zur Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit. Dementsprechend wurde sie nach Bedarf in unterschiedlichem zeitlichen Umfang zur Arbeit herangezogen. Nachdem sie ab 2020 weniger abgerufen worden war und dementsprechend weniger Lohn erhalten hatte, verlangte sie eine Nachzahlung wegen Annahmeverzugs. Zur Begründung führte sie aus, in den Jahren 2017 bis 2019 habe sie durchschnittlich 103,2 Stunden monatlich gearbeitet. Sie meinte, eine ergänzende Vertragsauslegung ergebe, dass dies die nunmehr geschuldete und zu vergütende Arbeitszeit sei. Deshalb war sie der Ansicht, ihr Arbeitgeber müsse sie auch jetzt in dieser Höhe für die Jahre 2020 und 2021 vergüten.

Bereits das Arbeitsgericht stellte hier auf die gesetzliche Regelung des § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG, in dem steht: „Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart.“ Es hat deshalb der Klage nur insoweit stattgegeben als in einzelnen Wochen weniger als 20 Stunden vergütet worden waren. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Auch ihre Revision blieb vor dem BAG nun erfolglos.

BAG: Kein Grund, hier von der gesetzlichen Fiktion abzuweichen
 

Das BAG stellte klar: Entweder vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei Arbeit auf Abruf selbst eine bestimmte Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit. Oder aber es gilt grundsätzlich die gesetzliche Regelung.  

Eine davon abweichende Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit könne nur ausnahmsweise im Wege der Vertragsauslegung angenommen werden, wenn die gesetzliche Fiktion im betreffenden Arbeitsverhältnis nicht sachgerecht sei. Außerdem müssten objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Parteien bei Vertragsschluss übereinstimmend eine höhere oder niedrigere Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit gewollt hätten. Für eine solche Annahme habe die Frau hier jedoch keine Anhaltspunkte vorgetragen.

Zwar hätten die Parteien die Möglichkeit, auch nach Vertragsschluss noch eine ausdrückliche oder konkludente vom Gesetz abweichende Dauer der Arbeitszeit zu vereinbaren. Dafür reiche aber das Abrufverhalten des Arbeitgebers in einem bestimmten, lange nach Beginn des Arbeitsverhältnisses liegenden und scheinbar willkürlich gegriffenen Zeitraum nicht aus. Dem komme kein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert zu. Ebenso wenig rechtfertige allein die Bereitschaft der Arbeitnehmerin, in einem bestimmten Zeitraum mehr als nach dem Gesetz geschuldet zu arbeiten, nicht die Annahme, sie wolle sich damit dauerhaft in einem höheren zeitlichen Umfang als gesetzlich vorgesehen binden.