„Nicht besonders fähiger Anwalt“ darf man bei Google schreiben
Diese Äußerung über eine Anwaltskanzlei - neben einer 1-Sterne-Bewertung - auf Google sei eine zulässige Meinungsäußerung, so das OLG Bamberg.
Das OLG Bamberg hat in einem Hinweisbeschluss eine 1-Sterne-Bewertung bei Google mit folgender Aussage als zulässige Meinungsäußerung gewertet: „Diese Rechtsanwaltskanzlei kann ich ‚NICHT‘ weiterempfehlen. Dies liegt allein an dem meiner Meinung nach nicht besonders fähigen RA X.“ Es handele sich weder um eine unwahre Tatsachenbehauptung, eine Formalbeleidigung noch um Schmähkritik. Daher bestehe auch kein Anspruch auf Unterlassung, Widerruf oder Löschung der Bewertung (Beschl. v. 14.06.2024, Az. 6 U 17/24 e).
Der Mann, der diese Äußerung verfasst hatte, war zuvor Mandant dieser Kanzlei gewesen. Der bewertete Anwalt X hatte ihn in einer Verkehrssache außergerichtlich vertreten. Ein Gerichtsverfahren für ihn zu führen, hatte die Kanzlei jedoch abgelehnt, weil der Mandant den geforderten Vorschuss nicht hatte zahlen wollen. Nach Beendigung des Mandats verfasste der Ex-Mandant die streitgegenständliche Bewertung. Der Kläger, Inhaber der Kanzlei, forderte ihn daraufhin erfolglos auf, die Bewertung zu entfernen und erhob Klage auf Unterlassung, Widerruf, Löschung und Schadensersatz. Er verlor jedoch bereits vor dem LG Hof, das die Aussage als zulässig erachtete.
OLG Bamberg sieht zulässige Meinungsäußerung
Im Rahmen der Berufung argumentierte die Kanzlei, dass die Bewertung nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt sei, weil sie eine Formalbeleidigung darstelle, die Grenze zur unzulässigen Schmähkritik überschritten sei und zudem auf unwahren Tatsachen beruhe – schließlich sei die Ablehnung des Mandats aus sachlichen Gründen und damit zu Recht erfolgt. Sogar einen "Angriff auf die Menschenwürde" wollten sie in der Bewertung herauslesen.
Das OLG Bamberg erklärte nun jedoch in einem Hinweisbeschluss, dass es beabsichtige, die Berufung als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen – und riet der Kanzlei zur Rücknahme der Berufung. Es führte aus, dass die Bewertung zwar in das (Unternehmens-)Persönlichkeitsrecht sowie das Recht der Kanzlei am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingreife, dieser Eingriff aber im Rahmen einer Interessenabwägung nicht rechtswidrig sei.
Allein die Aussage, dass der Beklagte Mandant bei der Kanzlei gewesen sei, sei eine Tatsachenbehauptung – und zwar eine wahre. Die anderen Bestandteile der Äußerung seien eindeutig wertend gewesen („meiner Meinung nach“) und damit als Meinungsäußerung zu qualifizieren. Diese seien auch zulässig gewesen. Die Annahme von Schmähkritik bzw. einer Formalbeleidigung sei fernliegend. Hier habe die Kritik einen sachlichen Bezug zur Leistung der Kanzlei gehabt und damit nicht ausschließlich deren Herabsetzung gedient. Der Kläger müsse die Kritik an seinen Dienstleistungen im Rahmen des Betriebs seiner Kanzlei daher hinnehmen.