Weniger Bürokratie bei Verbraucherstreitbeilegung?
BRAK begrüßt Referentenentwurf, lehnt aber Kostenfreiheit für Unternehmen ab
28.11.2024 | Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) begrüßt die Mehrzahl der mit dem
Referentenentwurf zur Förderung und Entbürokratisierung der Verbraucherstreitbeilegung vorgesehenen Änderungen.
Ziel des Gesetzgebungsvorhabens ist es, die Teilnahmebereitschaft der Unternehmerinnen und Unternehmer an der Verbraucherstreitbeilegung zu erhöhen, wovon auch die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland profitieren würden. Ferner solle der Zugang zur Verbraucherstreitbeilegung erleichtert und das Verfahren entbürokratisiert werden. Dazu sieht der Referentenentwurf punktuelle Änderungen des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes (VSBG) und der Universalschlichtungsstellen-Verordnung (UnivSchlichtV) vor.
Insbesondere die Einführung einer Aufbewahrungsfrist für die Verfahrensakten der Schlichtungsstellen (§ 21a VSBG-RefE), die Ausweitung der Lotsenfunktion der Universalschlichtungsstelle des Bundes, die künftig neben Verbraucherinnen und Verbrauchern auch Unternehmen allgemeine Auskünfte zu der Zuständigkeit von Verbraucherschlichtungsstellen erteilen darf (§ 30 Abs. 4 VSBG-RefE) und die Abschaffung der gesetzlichen Teilnahmefiktion für Unternehmen in Verfahren vor der Universalschlichtungsstelle in den Fällen des § 30 Abs. 6 VSBG-RefE hält die BRAK für begrüßenswert und sachgerecht.
Die Reduzierung und Konkretisierung der Informationspflichten für Unternehmen gegenüber Verbraucherinnen und Verbraucher in §§ 36, 37 VSBG-RefE ist ebenfalls sinnvoll, da der Hinweis auf eine konkrete Verbraucherschlichtungsstelle nur dann für Verbraucherinnen und Verbraucher hilfreich ist, wenn das entsprechende Unternehmen auch zur Teilnahme bereit ist.
Den Wegfall der Kostenlast für das vollständig obsiegende Unternehmen bei Verfahren vor der Universalschlichtungsstelle des Bundes (§ 31 Abs. 2 VSBG-Ref, § 6 Abs. 2 UnivSchlichtV-RefE) lehnt die BRAK dagegen ausdrücklich ab. Denn die Kostenfreiheit für Unternehmen im Falle eines Obsiegens stehe im Widerspruch zu der übrigen Architektur des VSBG. Danach ist die Schlichtung für Verbraucher stets kostenfrei, so dass mangels staatlicher Finanzierung der meisten Verbraucherschlichtungsstellen nur die Unternehmen die Kosten und damit auch für den Fall des Obsiegens tragen müssen. Eine einseitige Förderung der Universalschlichtungsstelle senkt nach Auffassung der BRAK die Attraktivität der branchenspezifischen Schlichtung und steht damit im Widerspruch des gesetzgeberischen Ziels, den Vorrang der branchenspezifischen Schlichtung zu sichern und die Universalschlichtungsstelle nur zum Schließen von bestehenden Lücken subsidiär als Auffang-Schlichtung auszugestalten.
Die Benachteiligung der branchenspezifischen Schlichtungsstellen sollte besser dadurch vermieden werden, dass der Bund auch bei den branchenspezifischen Schlichtungsstellen die Kosten bei Obsiegen des Unternehmers übernimmt. Sollte die Privilegierung der Universalschlichtungsstelle vom Gesetzgeber gewollt sein, ist es nach Ansicht der BRAK sinnvoll, diese mit einer angemessenen finanziellen Ausstattung gerade für die weiterhin notwendige Öffentlichkeitsarbeit zu versehen. Davon würde auch die branchenspezifische Verbraucherschlichtung profitieren. Denn das Problem der unzureichenden Bekanntheit der Schlichtung bei rechtssuchenden Bürgerinnen und Bürgern bestehe fort. Verbraucherinnen und Verbraucher würden zur Durchsetzung ihrer (berechtigten) Forderungen gegen Unternehmen Legal-Tech-Angebote nutzen und dabei durch Zahlung einer Erfolgsprovision Abzüge in Kauf nehmen, anstatt sie selbst erfolgversprechend bei einer der zuständigen Schlichtungsstellen einzureichen – dies sei nicht nachvollziehbar.
Nachbesserungsbedarf sieht die BRAK außerdem bei der vorgesehenen Entbürokratisierung der Verbraucherschlichtung durch Umstellung auf ein Antragsmodell bzgl. der Bescheinigungen über einen gescheiterten Güteversuch nach § 15a ZPOEG (§ 21 Abs. 2 VSBG-RefE).
Weitere Einzelheiten sind der BRAK-Stellungnahme 85/2024 zu entnehmen.