Legal Tech-Gesetz: BRAK nimmt Stellung zu Prüfbitte
Seit dem 1.10.2021 erlaubt das „Legal Tech-Gesetz“ Anwält:innen, bei Streitwerten unter 2.000 Euro gegen Erfolgshonorar tätig zu werden, und reglementiert Inkassodienstleister etwas strenger als bisher. Doch der Bundestag gab der neuen Bundesregierung eine Prüfbitte zur Kohärenz von anwaltlichem Berufsrecht und den Regelungen für Inkassodienstleistungen mit. Dazu hat die BRAK nun Stellung genommen.
Das Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt (kurz: Legal Tech-Gesetz) schafft einen Regelungsrahmen für Legal Tech-Anbieter, die auf der Grundlage einer Inkassoerlaubnis Rechtsdienstleistungen für Verbraucher anbieten. Es sieht u.a. vor, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bei Geldforderungen bis zu 2.000 Euro gegen Erfolgshonorar tätig werden dürfen. Zudem regelt es Voraussetzungen für die Registrierung und für Vergütungsvereinbarungen sowie Informationspflichten für Inkassodienstleister.
Bereits im Gesetzgebungsverfahren war das Vorhaben umstritten, auch die BRAK hatte wiederholt Kritik daran geäußert. Der Bundestag verabschiedete in seiner Sitzung am 10.6.2021, in der er das Gesetz beschloss, zugleich eine Reihe von Prüfbitten an die neue Bundesregierung. Sie soll u.a. weitere Anpassungen, etwa bezüglich der Verschwiegenheit der Inkassodienstleister, prüfen. Zudem soll nach drei Jahren evaluiert werden, wie sich die teilweise Öffnung von Erfolgshonoraren für die Anwaltschaft auswirkt und ob die festgelegten Sachkundeanforderungen an Inkassodienstleister ausreichen. Die Bundesregierung soll außerdem bis Juni 2022 ein Gesetz entwerfen, das die Aufsicht über die Inkassodienstleister zentral dem Bundesamt für Justiz überträgt.
Auf Anfrage des Bundesjustizministeriums hat die BRAK zu der Prüfbitte Stellung genommen, ob die Kohärenz zwischen den berufsrechtlichen Anforderungen an die Rechtsanwaltschaft einerseits und andere Rechtsdienstleister andererseits Anpassungen im Hinblick auf weitere Anforderungen (beispielsweise Verschwiegenheitspflichten) notwendig macht.
In ihrer Stellungnahme begrüßt die BRAK das Interesse von Bundestag und Bundesregierung an einer Klärung des Verhältnisses anwaltlicher Rechtsdienstleistungen zu gewerblichen Rechtsdienstleistungen durch Inkassounternehmen. Ihrer Ansicht nach kann eine Kohärenz nicht erreicht werden, indem Berufspflichten der Anwaltschaft zum Schutz der Mandanten und damit letztlich auch der Verbraucher gelockert oder gar abgeschafft werden. Die Unterschiede zwischen der Anwaltschaft und Inkassodienstleistern zu verwischen würde der besonderen Rolle der Anwaltschaft im Rechtsstaat nicht gerecht. Eine Überprüfung des anwaltlichen Berufsrechts müsse sich auch weiterhin an den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege durch Sicherung der anwaltlichen Unabhängigkeit und der Geradlinigkeit der Berufsausübung orientieren.
Unabhängig von Fragen der Rechtsdienstleistungsbefugnis der Inkassounternehmen sollten nach Ansicht der BRAK die Einschränkungen des Werberechts in § 43b BRAO der Rechtsprechung angepasst und damit das Werberecht auch moderner gestaltet werden, um Anwältinnen und Anwälten eine sichere Grundlage für ihre Werbung zu geben.
Klärungsbedarf sieht die BRAK bei § 43d BRAO. Es sei unklar, ob Anwältinnen und Anwälte aufgrund dieser Vorschrift auch bei jeder im Einzelfall mandatierten Forderungseinziehung den Darlegungs- und Informationspflichten unterliegen. Der Gesetzgeber solle insoweit klarstellen, dass § 43d BRAO nur anwendbar sei, wenn die Inkassotätigkeit als „eigenständiges Geschäft“ betrieben wird.
Rechtsunsicherheit bestehe vor allem, weil eine gesetzliche Konkretisierung des Inkassobegriffs fehle. Dies betreffe die Anwaltschaft auch im Hinblick auf das Erfolgshonorar (§ 4a I 1 Nr. 2 RVG) sowie im Vergütungsrecht (Nr. 2300 VV RVG). Die Konkretisierung des Inkassobegriffs solle nicht der Rechtsprechung überlassen werden, zumal die Fragen des Rechtsdienstleistungsrechts in der Regel nur als Vorfrage zu gänzlich anderen rechtlichen Fragestellungen entscheidungserheblich würden.
Regulierungsbedarf sieht die BRAK auch über die bereits bestehenden Vorschriften für das Registrierungsverfahren von Inkassodienstleistern in §§ 13 ff. RDG hinaus.
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