Nachrichten aus Berlin | Ausgabe 3/2022

Belehrung über Pflichtverteidiger: BRAK als Drittbeteiligte in EGMR-Verfahren

Beschuldigte in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren müssen auch über ihr Recht belehrt werden, einen Pflichtverteidiger zu bestellen. Hierum dreht sich ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, in dem die BRAK nunmehr als Drittbeteiligte zugelassen wurde.

09.02.2022Newsletter

Gegenstand des Verfahrens beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ist die Beschwerde eines Beschuldigten, dem gemeinsam mit mehreren Mitbeschuldigten ein Tötungsdelikt vorgeworfen wurde. Im Rahmen der polizeilichen Vernehmung waren der Beschwerdeführer und die Mitbeschuldigten zwar über ihr Schweigerecht und ihr Recht auf anwaltliche Vertretung, nicht aber über ihr Recht auf eine Pflichtverteidigung (§ 136 I StPO) belehrt worden.

Im späteren gerichtlichen Verfahren wurden die Aussagen aller Beschuldigten verwertet. Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, dass sie wegen der fehlerhaften Belehrung einem Beweisverwertungsverbot unterlägen. Zudem hätten die Aussagen der Mitangeklagten bzw. Belastungszeugen nicht gegen ihn verwendet werden dürfen, weil er nicht die Möglichkeit gehabt habe, diese zu konfrontieren (Art. 6 I, III lit. d EMRK).

In ihrem Antrag auf Drittbeteiligung hat die BRAK die besondere Bedeutung des Rechts auf ein faires Verfahren (Art. 6 I EMRK) und insbesondere des Rechts auf eine effektive Verteidigung (Art. 6 III lit. c EMRK) betont. Die Präsenz eines (Pflicht-)Verteidigers gerade bei der ersten Vernehmung sei eine konstituierende Bedingung für Waffengleichheit von Beginn an und sei daher ein elementarer Bestandteil des Verteidigungsrechts. Dass die Aussagen der Mitbeschuldigten durch Vernehmung der diese vernehmenden Polizeibeamten eingeführt und verwertet wurden, untergrabe das Konfrontationsrecht und stelle es zur Disposition durch die Strafverfolgungsbehörden.

Das Beschwerdeverfahren hat damit aus Sicht der BRAK Bedeutung für das generelle Verständnis der Fairness eines Strafprozesses, insbesondere für die Frage der umfassenden Belehrung des Beschuldigten und der Effektivität der Verteidigungsgarantien.

Als nunmehr zugelassene Drittbeteiligte hat die BRAK nach Art. 44 III der Verfahrensregeln des EGMR die Möglichkeit, rechtliche Stellungnahmen in dem Verfahren abzugeben.

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