Nachrichten aus Brüssel | Ausgabe 11/2020

Studie über Europäischen Haftbefehl – EP

25.06.2020Newsletter

Der wissenschaftliche Dienst des EP hat sich in einer Studie im Auftrag des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten (LIBE) des EP mit dem Europäischen Haftbefehl (EuHB) auseinandergesetzt. Darin werden die Umsetzung und Anwendung des EuHB kritisch beleuchtet und Empfehlungen für die Zukunft ausgesprochen.

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die Auslieferungsverfahren mittels EuHB insgesamt reibungslos verlaufen. Durch die Einführung des Instruments habe sich eine merkliche Vereinfachung und Beschleunigung ergeben. Jedoch hätten sich auch Schwächen gezeigt, die die richterliche Unabhängigkeit, das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung und auch Grundrechte wie Verfassungsprinzipien betreffen.

Neben der Festlegung der ausstellungsberechtigten Behörde und ihrer Unabhängigkeit betreffen diese u.a. die Verhältnismäßigkeit von EuHBs, die für „geringfügige“ Straftaten ausgestellt wurden, ne bis in idem, die Verifizierung der beiderseitigen Strafbarkeit und die Rechtsprechung des EuGH über mangelhafte Haftbedingungen und das Recht auf ein faires Verfahren als Auslieferungshindernisse. Die Studie bestätigt auch, dass oftmals die Richtlinie über den Zugang zum Rechtsbeistand mangelhaft umgesetzt ist und die anwaltliche Beratung nicht in beiden Staaten gewährleistet ist.   

Auch die Empfehlungen, die die Studie ausspricht, greifen dies auf. Die Kommission soll demzufolge gegen die Staaten vorgehen, die die Richtlinie nicht vollständig umgesetzt haben oder die dem Rechtsanwalt keinen Zugriff auf die Akte vor Überstellung erlauben. Zudem wird die „Lissabonisierung“ des EuHB-Rahmenbeschlusses empfohlen. Dies könnte Bestandteil des vorgeschlagenen Codex über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen sein. Im EP findet seit Jahren eine Debatte über eine mögliche Überarbeitung des EuHB-Rahmenbeschlusses statt.

Weiterführende Links:

  • Studie des EP (EN) (Juni 2020)
  • Siehe hierzu auch Nachrichten aus Brüssel 21/2019, 18/2019, 17/2019, 11/2019