Presseerklärung Nr. 9/2011

"Nicht ohne meinen Anwalt"

BRAK begrüßt Kommissionsvorschlag zum Anspruch auf Rechtsbeistand nach einer Festnahme

09.06.2011Presseerklärung

Die Bundesrechtsanwaltskammer begrüßt nachdrücklich den gestern von Justizkommissarin Reding vorgestellten Vorschlag für eine Richtlinie über das Recht auf einen Rechtsbeistand in Strafverfahren. Die geplante Richtlinie ist ein weiterer Schritt zur Umsetzung des Fahrplans zur Stärkung der Verfahrensrechte von Verdächtigen und Beschuldigten, den der Rat vor zwei Jahren als "Stockholmer Programm" beschlossen hatte.

Mit der Richtlinie sollen die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, dafür zu sorgen, dass jede Person möglichst rasch, nachdem sie darüber informiert wurde, dass sie einer Straftat verdächtigt oder beschuldigt wird, einen Rechtsbeistand erhält. Dieses Recht besteht bereits vor Beginn einer Vernehmung durch die Polizei oder die Strafverfolgungsbehörden, spätestens aber nach einer Festnahme. Auch wenn Verfahrens- oder Beweiserhebungshandlungen durchgeführt werden, bei denen die Anwesenheit des Betroffenen nach innerstaatlichem Recht zulässig ist, hat die Person einen Anspruch auf einen Rechtsbeistand. Dieser hat dann das Recht, bei Vernehmungen und Verhandlungen anwesend zu sein, Fragen zu stellen, Erläuterungen zu verlangen und Erklärungen abzugeben. Solche Erklärungen müssen dann nach innerstaatlichem Recht aufgezeichnet werden. Darüber hinaus muss der Rechtsbeistand Zugang zu dem Ort erhalten, an dem die betroffene Person gegebenenfalls festgehalten wird, um die Haftbedingungen zu prüfen. Die Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen dem Verdächtigen beziehungsweise Beschuldigten und seinem Rechtsbeistand muss grundsätzlich gewährleistet werden.

"Der neue Richtlinienvorschlag ist ein wichtiger Schritt zur Stärkung des Vertrauens der Bürger in das europäische Rechtssystem", erläutert Axel C. Filges, der Präsident der Bundesrechtsanwaltskammer, die zustimmende Haltung der Anwaltsorganisation. "Die Verfahrensrechte von Verdächtigen und Beschuldigten müssen unbedingt parallel mit dem Ausbau von europaweiten Strafverfolgungsinstrumenten, wie dem europäischen Haftbefehl, entwickelt werden. Dabei ist das Recht auf eine frühzeitige Beteiligung eines Rechtsbeistandes ein essentielles Element für ein faires Verfahren. Damit aber das Recht auf einen Rechtsbeistand auch effektiv von jedem ausgeübt werden kann, muss jetzt schnellstmöglich auch eine Regelung über eine entsprechende finanzielle Unterstützung für Bedürftige auf den Weg gebracht werden.

In dem Richtlinienvorschlag sind neben dem Recht auf einen Rechtsbeistand weitere Rechte im Strafverfahren festgelegt: So soll ein Betroffener das Recht erhalten, möglichst rasch Kontakt zu einer von ihm benannten Person aufzunehmen. Außerdem werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, dafür zu sorgen, dass Ausländer das Recht haben, so bald wie möglich nach ihrer Festnahme ihre konsularischen oder diplomatischen Vertretungen zu kontaktieren. Werden Personen beispielsweise zunächst als Zeugen von der Polizei vernommen, haben sie ebenfalls das Recht auf einen Rechtsbeistand, wenn sie im Laufe der Vernehmung oder Verhandlung zu Verdächtigen oder Beschuldigten werden.