Afghanistan

Deutschland muss afghanischer gefährdeter Familie Visum erteilen

Das BAMF hat 2023 einer afghanischen gefährdeten Familie die Aufnahme in Deutschland zugesichert – daran ist der Staat gebunden, so das VG Berlin.

22.07.2025Rechtsprechung

Die Bundesrepublik Deutschland muss einer afghanischen Staatsangehörigen und ihren 13 Familienangehörigen, denen im Rahmen des Bundesaufnahmeprogramms für Afghanistan Aufnahmezusagen gegeben wurden, Visa zur Einreise nach Deutschland erteilen. Die bereits zuvor erteilten Aufnahmezusagen seien bindende Verwaltungsakte. Das hat das VG Berlin in einem Eilverfahren entschieden (Beschl. v. 07.07.2025, Az. VG 8 L 290/25 V).

Bundesaufnahmeprogramm für besonders gefährdete Afghaninnen und Afghanen

Im Oktober 2022 startete die alte Bundesregierung ein Bundesaufnahmeprogramm für besonders gefährdete Afghaninnen und Afghanen sowie ihre Familienangehörigen. Ihnen sollte eine Aufnahme in Deutschland in Aussicht gestellt werden, wobei die Anzahl der vorgesehenen Aufnahmen begrenzt war. Betroffen sind vor allem Menschen, die sich in Afghanistan für Gleichberechtigung und Demokratie eingesetzt haben, außerdem Richterinnen und Richter, Journalistinnen und Journalisten oder Künstlerinnen und Künstler.

Auch der antragstellenden afghanischen Staatsangehörigen mit ihren 13 Familienangehörigen, die sich derzeit in Pakistan aufhalten, hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Oktober 2023 sogenannte Aufnahmezusagen erteilt. Daraufhin hatten sie bei der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Islamabad beantragt, ihnen Visa für die Einreise ins Bundesgebiet zu erteilen. Dazu kam es bisher nicht.

Mit ihrem gerichtlichen Eilantrag macht die Familie nun geltend, sie habe einen Anspruch auf Visumserteilung und könne nicht länger in Pakistan bleiben. Ihnen drohe dort die Abschiebung nach Afghanistan, wo sie um Leib und Leben fürchten müssten.

VG: Deutschland ist an erteilte Zusagen gebunden

Das VG hat nun dem Eilantrag stattgegeben. Die Bundesrepublik müsse der Afghanin und ihrer Familie die Visa erteilen. Deutschland habe sich durch bestandskräftige, nicht widerrufene Aufnahmezusagen rechtlich gebunden. Von dieser freiwillig eingegangenen und weiter wirksamen rechtlichen Bindung könne sich die Bundesrepublik Deutschland nicht lösen, sodass sich die afghanische Familie darauf berufen könne.

Zudem erfülle die Familie die weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung. Es seien keine Sicherheitsbedenken ersichtlich und ihre Identität sei ebenfalls geklärt. Schließlich hätten sie glaubhaft gemacht, dass ihnen eine Abschiebung von Pakistan nach Afghanistan drohe, wo ihnen Gefahr für Leib und Leben bevorstehe.

Die Entscheidung dürfte eine breite Auswirkung auf die ca. 2.400 Menschen in Pakistan haben, die ebenfalls nach erteilten Zusagen noch auf ihr Visum warten. Die Bundesrepublik könne allerdings bestimmen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen sie das Aufnahmeprogramm für afghanische Staatsangehörige beenden oder fortführen wolle, so das VG. Sie könne während dieses Entscheidungsprozesses insbesondere von der Erteilung neuer Aufnahmezusagen absehen. Tatsächlich hat die schwarz-rote Bundesregierung das Programm Anfang Mai ausgesetzt mit der Absicht, es endgültig zu beenden. 

Dem Beschluss muss eigentlich sofort Folge geleistet werden. Allerdings ist noch die Beschwerde zum OVG Berlin-Brandenburg möglich.