Vermögensverfall

Auch ein Strafverteidiger kann seine Anwaltszulassung verlieren

Ein ausschließlich als Strafverteidiger tätiger Anwalt geriet in Vermögensverfall. Argumente halfen nicht, er verlor die Zulassung laut BGH zu Recht.

17.07.2023Rechtsprechung

Wer in „Vermögensverfall“ gerät, dessen Zulassung „ist“ gem. § 14 Abs. 2 Nr. 7 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) in der Regel „zu widerrufen“ – es sei denn, dadurch werden „die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet“. Dass Strafverteidiger in der Regel nicht mit Fremdgeldern umgehen, ist für den Bundesgerichtshof (BGH) kein relevantes Argument. Auch eine Zulassung beschränkt auf das Strafrecht komme nicht in Betracht, das kenne das Gesetz nicht, so der BGH (Beschl. v. 11.05.2023, AnwZ (Brfg) 33/22).

Anwalt geriet in Vermögensverfall

Der ehemalige Anwalt war vor dem Verlust seiner Zulassung fast 25 Jahre als Strafverteidiger tätig gewesen. Eine Rechtsanwaltskammer in NRW widerrief jedoch im April 2022 seine Zulassung wegen Vermögensverfalls. Die hiergegen gerichtete Klage wies der Anwaltsgerichtshof (AGH) NRW ab. Sein Antrag auf Zulassung der Berufung vor dem BGH blieb nun ebenfalls erfolglos. 

Der Verteidiger hatte seine Zulassung mit folgenden Argumenten zu retten versucht: Eine Gefährdung der Rechtsuchenden sei ausgeschlossen, weil er ausschließlich im Strafrecht tätig werde und auf die Bearbeitung zivilrechtlicher Mandate überhaupt nicht eingerichtet sei. Nur im Zivilrecht aber bestehe die Gefahr, dass durch Gläubigerpfändungen der Anwaltskonten auch Mandantengelder gefährdet würden. Auch die fiktive Annahme eines lukrativen zivilrechtlichen Mandats (zur Lösung eigener finanzieller Probleme) sei bei einer derartigen Spezialisierung völlig aus der Luft gegriffen. Die Verwendung von Fremdgeldern zur Lösung eigener finanzieller Probleme wäre zudem schlicht kriminell, was ihm nicht einfach unterstellt werden könne. Außerdem arbeite er seit Jahren in einer inhaltlich eng verbundenen Strafverteidigerbürogemeinschaft, bei der aufgrund der wechselseitigen Kontrolle die plötzliche Annahme fachfremder Mandate ausgeschlossen sei. Letztlich sei der Widerruf seiner Zulassung auch unverhältnismäßig, weil die teilweise Untersagung des Tätigwerdens ein milderes Mittel sei, welches das das anwaltliche Berufsrecht in §§ 43a Abs. 4, 45, 46c Abs. 2 BRAO kenne.

BGH: Keine Ausnahme vom Grundsatz, dass die Zulassung widerrufen wird

Der BGH sah keinen Grund, die Berufung zuzulassen, da alle relevanten Rechtsfragen bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt seien und keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des AGH NRW bestünden.

Nach der Wertung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO sei mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Dies könne nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden: Etwa, wenn der Rechtsanwalt seine anwaltliche Tätigkeit nur für eine fremde Rechtsanwaltssozietät ausübe und rechtlich abgesichert sei, dass eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindert würde. Selbst auferlegte Beschränkungen seien hingegen grundsätzlich nicht geeignet, eine Gefährdung der Rechtsuchenden auszuschließen.

Im konkreten Fall wollte der Ex-Rechtsanwalt in der Bürogemeinschaft weiterhin eigenverantwortlich tätig sein und über ein eigenes Konto verfügen, auf das nur er Zugriff habe. Außerdem sollte es keine (arbeits-) vertraglichen Beschränkungen seiner Befugnisse als angestellter Anwalt geben. Es sei nicht zu beanstanden, dass der AGH NRW hier keine Ausnahme gesehen habe, wonach Mandantengelder nicht gefährdet seien. Schließlich beruhe alles auf der Selbsteinschätzung des Ex-Anwalts. Auch der Einwand, die Übernahme zivilrechtlicher Mandate sei aus anderen Gründen ausgeschlossen, sichere Mandantinnen und Mandanten nicht genügend ab.

Einen teilweisen Widerruf der Zulassung (etwa für den Bereich des Zivilrechts) bzw. eine Beschränkung seiner Zulassung (auf den Bereich des Strafrechts) sei vom Gesetz nicht vorgesehen und widerspreche der gesetzlich verankerten Stellung des Rechtsanwalts. Es gebe nur die grundsätzlich uneingeschränkte Zulassung – es stehe dem Anwalt bzw. der Anwältin dann aber frei, wie er oder sie davon Gebrauch mache.