Betriebsübergang

Geschäftsführer mit Arbeitsvertrag ist vor Kündigung geschützt

Beim Betriebsübergang geht auch das Arbeitsverhältnis eines Geschäftsführers mit Arbeitsvertrag auf den Erwerber über - nicht aber die Organstellung.

02.11.2023Rechtsprechung

Liegt der rechtlichen Beziehung zwischen Organ und Gesellschaft ein Arbeitsverhältnis zugrunde, geht bei einem Betriebsübergang gemäß § 613a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zwar das Arbeitsverhältnis, nicht aber die Organstellung auf den Erwerber über. Mit diesem Leitsatz hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) sich zur Kündigung eines GmbH-Geschäftsführers geäußert. Sollte – was die Vorinstanz nun festzustellen hat – ein Betriebsübergang stattgefunden haben, so wäre zumindest sein Arbeitsverhältnis vor einer Kündigung geschützt (Urt. v.  20.07.2023, Az. 6 AZR 228/22).

Geklagt hatte ein ehemaliger Geschäftsführer einer GmbH. Er war zunächst nach 13 Jahren Tätigkeit für die Firma als Geschäftsführer bestellt worden, ohne dass die Parteien damals einen gesonderten Dienstvertrag schlossen. Es blieb stattdessen bei seinem alten Arbeitsvertrag in nur leicht geänderter Form. Als die Firma insolvent ging, führte ein anderes Unternehmen des Konzerns die Geschäfte im Wesentlichen fort - wobei umstritten ist, ob dies für einen Betriebsübergang gem. § 613a BGB ausreichte. Dennoch kündigte der Insolvenzverwalter dem Geschäftsführer. Einen Tag später legte dieser zwar seine organschaftliche Stellung als Geschäftsführer nieder. Er verlangte jedoch, weiter als Angestellter beschäftigt zu werden. Zum einen, weil sein Arbeitsverhältnis gem. § 613 Abs. 4 BGB übergegangen sei. Zum anderen, weil die Kündigung nach § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) sozial ungerechtfertigt sei.

BAG: § 613a BGB findet auch auf Geschäftsführer mit Arbeitsvertrag Anwendung

Deshalb klagte der Kaufmann zunächst erfolgreich gegen den Insolvenzverwalter und das neue Unternehmen vor dem Arbeitsgericht. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm wies seine Klage jedoch vollständig ab. Hierzu bemühte es eine teleologische Reduktion des § 613a BGB, wonach dieser nicht auf Organmitglieder juristischer Personen anwendbar sei.

Dieser Ansicht erteilte das BAG nun eine Absage: Der Kläger unterfalle durchaus dem Anwendungsbereich des § 613a Abs. 4 BGB, wonach eine Kündigung allein wegen des Übergangs eines Betriebs(-teils) unwirksam ist. Schließlich finde diese Vorschrift dem Wortlaut nach auf alle „Arbeitnehmer“ mit „Arbeitsverhältnissen“ Anwendung – und der Geschäftsführer sei hier auf Grundlage eines Arbeits- und nicht eines Dienstvertrages tätig gewesen. Gründe für eine teleologische Reduktion bestünden nicht, denn es liege hier schon keine planwidrige Regelungslücke vor.

Es sei strikt zwischen der Organstellung, basierend auf einem Bestellungsakt, und dem schuldrechtlichen Anstellungsverhältnis zu unterscheiden. Dabei handele es sich um selbständige, nebeneinanderstehende Rechtsverhältnisse, die deshalb auch grundsätzlich unabhängig von den für das jeweils andere geltenden Vorschriften beendet würden. Daraus folge: Da nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB nur Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis übergehen, die Organstellung selbst aber ihren Rechtsgrund gerade nicht im Arbeitsverhältnis habe, gehe sie im Fall des Betriebsübergangs nicht mit über. Ein Anspruch, beim Erwerber zum Organ bestellt zu werden, könne aus § 613a BGB deshalb ebenso wenig folgen.

Der Kläger hätte im Fall des Übergangs aber immerhin einen Anspruch auf eine Beschäftigung mit den Tätigkeiten, die er als Geschäftsführer aufgrund seines Arbeitsvertrags ausgeübt hat. Eine andere Tätigkeit könnte ihm ohne Änderung – einvernehmlich oder durch Änderungskündigung – des Arbeitsvertrags nur übertragen werden, wenn die Parteien vereinbart hätten, dass mit dem Ende der Organstellung nach Ablauf der Kündigungsfrist wieder die ursprüngliche oder eine im Einzelnen festgelegte anderweitige Tätigkeit zum Vertragsinhalt wird. Letzteres hätten die Beklagten aber nicht behauptet.

Das LAG muss jetzt aber prüfen, ob tatsächlich die Voraussetzungen des § 613a BGB bestehen, also ob ein Betriebsübergang stattgefunden hat.

Kündigungsschutzgesetz für Geschäftsführer hingegen nicht anwendbar

Der Argumentation des ehemaligen Geschäftsführers, die Kündigung sei gem. § 1 KSchG sozial ungerechtfertigt, folgte das BAG jedoch nicht – ebenso wenig alle Vorinstanzen. Denn der Kündigungsschutz gelte gem. § 14 Abs. 1 S. 1 KSchG generell nicht „in Betrieben einer juristischen Person für die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist“. Dennoch hatte sich der Kläger darauf berufen.

Hierzu vertrat er zum einen die Argumentation, er habe ja seine Geschäftsführertätigkeit niedergelegt. Das sah das BAG anders: Schließlich sei der Mann bei Zugang der Kündigung noch Geschäftsführer gewesen und habe seine Organstellung erst danach niedergelegt.

Auch dass das der Organstellung zugrunde liegende Anstellungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis ist, stehe – entgegen der Ansicht des Klägers - der Anwendung des § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG nicht entgegen, so das BAG. Im Gegenteil: Der Schutz vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen gelte nach § 1 Abs. 1 KSchG nur für Arbeitnehmer wie ihn. Insoweit habe § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG für Geschäftsführer, die auf der Grundlage eines Dienstvertrags tätig seien, lediglich klarstellende Wirkung.