Covidbedingte Schließung

Fitnessstudios müssen Beiträge zurückzahlen

Während der Corona-Pandemie musste ein Fitnessstudio vorübergehend schließen. Damit sei die Leistung dauerhaft unmöglich, so der BGH.

05.05.2022Rechtsprechung

Bei einem Fitnessstudiovertrag geht es gerade um die regelmäßige und ganzjährige Öffnung und Nutzbarkeit des Studios. Dieser Vertragszweck kann nicht erreicht werden, wenn das Studio diese Nutzungsmöglichkeit nicht gewähren kann, weil es aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie im Lockdown schließen musste. Die Leistung des Studios war damit dauerhaft unmöglich, so der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 4. Mai 2022 (Az. XII ZR 64/21). Ein  Fitnessstudio müsse die für diesen Zeitraum gezahlten Mitgliedsbeiträge erstatten.

Der klagende Kunde hatte mit dem Fitnessstudio einen Vertrag über eine 24-monatige Laufzeit geschlossen. Aufgrund der Covid19-Maßnahmen musste das Studio im Frühjahr 2020 für fast drei Monate schließen, zog aber weiterhin die Mitgliedsbeiträge vom Konto des Klägers ein. Dieser forderte, nachdem er seine Kündigung mit Wirksamkeit zu einem späteren Zeitpunkt erklärt hatte, schließlich deren Rückzahlung oder alternativ einen Wertgutschein für den Zeitraum der Schließung. Beides lehnte die beklagte Betreiberin des Fitnessstudios ab, sie bot ihm stattdessen eine „Gutschrift über Trainingszeit“ für den Zeitraum der Schließung an, faktisch also eine Verlängerung der Vertragslaufzeit. Das wiederum wollte der Kunde nicht akzeptieren und klagte auf Rückzahlung seiner Mitgliedsbeiträge für den Zeitraum der Schließung. 

Sowohl Amtsgericht als auch Landgericht haben das Fitnessstudio zur Rückzahlung der Beiträge in Höhe von 86,75 Euro verurteilt, auch die Revision des Studios vor dem BGH blieb nun ohne Erfolg.

Der Kläger habe einen Anspruch auf Rückzahlung der Mitgliedsbeiträge, weil die Hauptleistung unmöglich geworden sei, so die Karlsruher Richterinnen und Richter. Eine Vertragsanpassung nach § 313 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) scheide aus.

Auch vorübergehend geschlossen ist dauerhaft unmöglich

Laut BGH liegt ein Fall der dauerhaften rechtlichen Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB vor. Obwohl die Schließung im Lockdown nur vorübergehend gewesen sei, liegt nach Ansicht der Richter kein Fall einer nur vorübergehenden Unmöglichkeit vor, die von § 275 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch nicht erfasst würde. Denn „ein nur zeitweiliges Erfüllungshindernis ist dann einem dauernden gleichzustellen, wenn durch das Hindernis die Erreichung des Vertragszwecks in Frage gestellt ist und der einen oder anderen Partei bei billiger Abwägung der beiderseitigen Belange nicht mehr zugemutet werden könnte, die Leistung dann noch zu fordern oder zu erbringen.“ 

Der Zweck eines Fitnessstudios liege, so der u.a. für das gewerbliche Mietrecht zuständige XII. Zivilsenat, in der regelmäßigen sportlichen Betätigung, mithin in der regelmäßigen ganzjährigen Öffnung und Nutzbarkeit des Studios. Diese vertraglich geschuldete Hauptleistungspflicht, dass Kundinnen und Kunden das Studio fortlaufend betreten und die Geräte nutzen können, sei daher wegen Zeitablaufs nicht mehr nachholbar und damit dauerhaft unmöglich. Damit entfällt nach § 326 Abs. 1 BGB der Anspruch der Studiobetreiberin auf die Gegenleistung, die Mitgliedsbeiträge der Kundinnen und Kunden.

Weil die Vorschriften über die Unmöglichkeit greifen, lehnt der BGH auch den Rückgriff auf eine Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB ab. Für die von dem Studio geforderte Vertragsanpassung dahingehend, dass die Laufzeit des Vertrags um den Zeitraum verlängert werde, in dem das Fitnessstudio geschlossen war, sei kein Raum, so der Senat, der damit der Argumentation zahlreicher Fitnessstudios bundesweit die Rechtsgrundlage entzieht. Diese von manchen Instanzgerichten angenommene Möglichkeit, die nicht trainierte Zeit hinten dran zu hängen,  verkenne das Konkurrenzverhältnis zwischen § 275 Abs. 1 BGB und § 313 BGB: Für die Anwendung von § 313 BGB sei kein Raum, wenn das Gesetz über die Regelungen zur Unmöglichkeit der Leistung die Folge der Störung des Vertrags bestimmt.

Zudem sperre auch Art. 240 § 5 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) eine Anwendung von § 313 BGB. Die sog. Gutscheinlösung, die speziell für den Bereich der Kultur- und Freizeitveranstaltungen in der Pandemie geschaffen wurde, gehe als speziellere abschließende Vorschrift einer Anwendung von § 313 BGB vor. Die Sondervorschrift erlaubte es Veranstaltern von Kultur- und Freizeitveranstaltungen, Gutscheine auszustellen, statt den Preis für pandemiebedingt ausgefallene Events zurückzuerstatten (sog. Gutscheinlösung).