Gegen die Pandemie

Bundesregierung will Corona-Regeln auf Bundesebene einführen

Der Bund will jetzt selbst umsetzen, was trotz entsprechender Vereinbarung auf Länderebene bislang nicht funktioniert hat. In einer Formulierungshilfe, die nach Medienberichten übers Wochenende an die Fraktionen versandt wurde und im Netz verfügbar ist, will die Bundesregierung eine bundesweit verbindliche „Notbremse“ ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 einführen.

12.04.2021Gesetzgebung

Bestandteil ist neben anderen, in den meisten Ländern bereits derzeit geltenden Einschränkungen auch eine nächtliche Ausgangssperre, allerdings mit Ausnahmen.

Zudem ermächtigt die Formulierungshilfe die Bundesregierung dazu, ab einem Inzidenzwert von 100 und mit Zustimmung des Bundesrats Rechtsverordnungen mit bundesweiter Wirkung zu erlassen, um Corona-MaßnahmDer Bund will jetzt selbst umsetzen, was trotz entsprechender Vereinbarung auf Länderebene bislang nicht funktioniert hat. In einer Formulierungshilfe, die nach Medienberichten übers Wochenende an die Fraktionen versandt wurde und im Netz verfügbar ist, will die Bundesregierung eine bundesweit verbindliche „Notbremse“ ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 einführen. en zu regeln.

Mit den bundeseinheitlichen Regelungen und Maßnahmen will die Bundesregierung nach eigenen Angaben in der Corona-Pandemie die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems und damit die bestmögliche Krankenversorgung weiterhin sicherstellen.

Maßnahmen ab Inzidenz über 100

Die sog. Notbremse war eigentlich bereits bei der vorletzten Ministerpräsidentenkonferenz beschlossen, in der Ländern aber trotz Vorliegen der Voraussetzungen nicht oder sehr unterschiedlich umgesetzt worden. Nun schreitet der Bund ein.

Durch eine neue Vorschrift in § 28b des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) will die Bundesregierung eine bundesweit verbindliche Notbremse ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 einführen, abstellend auf die Verhältnisse vor Ort. Der Inzidenz-Wert gibt die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus je 100.000 Einwohner an. Überschreitet dieser in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen innerhalb von sieben Tagen den Schwellenwert von 100, sollen dort ab dem übernächsten Tag zusätzliche Maßnahmen gelten, es sei denn, dort sind ohnehin schon strengere Regelungen in Kraft als § 28b IfSG nun vorsieht.

Die Notbremse soll wieder außer Kraft treten, wenn in dem Landkreis oder der kreisfreien Stadt die 7-Tage-Inzidenz an drei aufeinanderfolgenden Tagen unter den Wert von 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner sinkt.

Kein Präsenzunterricht ab Inzidenz von 200

Die mit Überschreiten des Inzidenz-Werts von 100 in Kraft tretenden Maßnahmen sind weitgehend bekannt und entsprechenden dem derzeit in den meisten Ländern geltenden Stand. Sie betreffen private Zusammenkünfte im öffentlichen Raum (weiterhin max. 5 Personen aus zwei Haushalten mit Ausnahme von Kindern), den Einzelhandel (bleibt geschlossen, außer den bereits derzeit geöffneten Lebensmittel- und Drogeriehändlern) und Freizeiteinrichtungen, die ebenso wie die Gastronomie weiterhin nicht öffnen dürfen. Körpernahe Dienstleistungen bleiben nach der Formulierungshilfe zulässig, sollen aber, so weit möglich, mit Masken durchgeführt werden.

Touristische Übernachtungen bleiben bei zu hoher Inzidenz ebenfalls verboten, wobei hier nicht allein auf die Iniziden am Ort der Übernachtungsstätte, sondern auch auf den Wohnort des Gasts abgestellt wird.

Eine Fassung der Formulierungshilfe, die vom 10. April datiert, enthält auch Regelungen für die Schulen. Schülerinnen und Schüler, die im Präsenzunterricht sind, sollen zweimal wöchentlich auf eine Infektion getestet werden. Diese Pflicht ist nicht an bestimmte Inzidenz-Werte geknüpft.

Erst ab Überschreiten eines Schwellenwerts von 200 wird Präsenzunterricht untersagt, in Abschlussklassen kann weiter unterrichtet werden. Ist der Präsenzunterricht untersagt, können in Schulen Notbetreuungen eingerichtet werden. In Kitas muss es eine Notbetreuung geben, organisatorisch verantwortlich sind die Behörden vor Ort. 

Die Formulierungshilfe ermächtigt die Bundesregierung zudem zu Sonderregelungen für Personen, „bei denen von einer Immunisierung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 auszugehen ist“ oder die ein negatives Testergebnis vorlegen können. Das Gesetz schafft so die Grundlage für Ausnahmen von den Corona-Maßnahmen für Geimpfte und Getestete sowie ggf. bereits an Corona Erkrankte.  

Müssen die Länder zustimmen?

Zum Zankapfel insbesondere mit Blick auf die Opposition könnte allerdings die Regelung in § 28b Abs. 1 Nr. 2 werden, die eine nächtliche Ausgangssperre zwischen 21 Uhr und 5 Uhr morgens enthält; Ausnahmen von dem Verbot, sich außerhalb der eigenen Wohnung aufzuhalten, sind für dringende Fälle wie medizinische Behandlungen oder die Wahrnehmung des Sorge- und Umgangsrechts vorgesehen, aber auch aus „ähnlich gewichtigen und unabweisbaren Gründen“.

Die Regelungen dieses „Vierten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ sollen am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft treten und nur für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Trageweite gelten.

Unklar ist bisher, ob das Gesetz tatsächlich noch in dieser Woche durch den Bundestag gehen kann. Ebenfalls unsicher ist bislang offenbar, ob der Bundesrat dem Gesetz zustimmen muss. Bislang sind größere Änderungen des IfSG nach Angaben der Süddeutschen Zeitung stets als Zustimmungsgesetze behandelt worden. Der Vorsitzende der Unionsfraktion, Ralph Brinkhaus, ging im ARD-Morgenmagazin am Montag allerdings offenbar von einem bloßen Einspruchsgesetz aus.