Honorar entfällt

Anwaltliche Mandatsverträge können widerrufen werden

Werden Anwaltsverträge rein digital geschlossen, können sie widerrufen werden und der Honoraranspruch entfällt ersatzlos, so das LG Flensburg.

22.10.2025Rechtsprechung

Ist ein Rechtsanwalts-Mandatsvertrag als Fernabsatzgeschäft abgeschlossen worden, kann er nach § 357a BGB auch noch nach Tätigwerden des Anwalts widerrufen werden, so das LG Flensburg. Da die Regelungen des Verbraucherschutzrechts abschließend seien, könne der Anwalt auch keine Vergütung für seine bereits geleistete Tätigkeit verlangen, auch nicht nach Bereicherungsrecht (Urt. v. 09.10.2025, Az. 4 O 80/25).

Eine ehemalige pro-forma-GmbH-Geschäftsführerin hatte eine Kanzlei beauftragt, sie gegenüber dem Finanzamt zu vertreten. Sie hatte zwar keinen Einblick in die Geschäftstätigkeit gehabt, das Amt forderte nun aber Gelder von ihr im Rahmen der Mithaftung. Der Anwalt fertigte eine entsprechende Stellungnahme und übersandte sie auch. Danach machte die Kanzlei allerdings ein Honorar von über 21.000 Euro geltend. Als die Mandantin sich beschwerte, legte die Kanzlei das Mandat nieder, forderte aber weiterhin ihr Honorar ein. Die ehemalige Geschäftsführerin machte unter anderem ihr gesetzliches Widerrufsrecht als Verbraucherin geltend, welches sie gegen den gesamten Mandatsvertrag richtete. Eine andere Kanzlei übernahm den Finanzamtsfall für 1.500 Euro (RVG-Gebühren). Die ehemalige Kanzlei fordert im hiesigen Verfahren nun ihre Gebühren nebst weiterer Anwaltsgebühren für das Verfahren sowie hilfsweise Gebühren nach RVG.

Wirksamer Widerruf – kein Honoraranspruch

Damit drang sie nun aber vor dem LG Flensburg nicht durch. Das Landesgericht sah den gesamten Anwaltsvertrag gem. § 357a BGB wirksam als widerrufen an. Das Widerrufsrecht ergebe sich aus §§ 312g Abs. 1, 355 Abs. 1 Satz 1 BGB. Bei der Vereinbarung handele es sich um ein Fernabsatzgeschäft gem. § 312c BGB, da die Kommunikation zwischen den Parteien ausschließlich auf elektronischem Wege erfolgt sei, nicht im Rahmen eines persönlichen Zusammentreffens. Die ehemalige GmbH-Geschäftsführerin sei hier auch als Verbraucherin tätig geworden und könne sich daher auf diese Verbraucherschutzvorschriften berufen.

Auch wenn sie die 14-Tages-Frist ab Vertragsschluss gem. § 355 Abs. 2 BGB nicht eingehalten habe, sei der Widerruf noch fristgerecht erfolgt. Die Belehrung nach § 356 Abs. 3 Satz 1 BGB sei nicht erfolgt, daher gelte die davon unabhängige Frist von 12 Monaten und 14 Tagen nach
§ 356 Abs. 3 Satz 2 BGB.

Weil der gesamte Mandatsvertrag wirksam widerrufen worden sei, stünden der Kanzlei auch keine Honoraransprüche zu, auch nicht aus dem RVG. Auch ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung komme hier nicht in Betracht, weil das Verbraucherschutzrecht diesen sperre. Schließlich würde die Schutzwirkung sonst unterlaufen. Im Übrigen habe die Frau trotz der versandten Stellungnahme auch keinen Vermögensvorteil erlangt, denn alternativ hätte das ihre jetzige Kanzlei im Rahmen der pauschalen RVG-Vergütung tun müssen.