Kabinett beschließt Entwurf für moderneres Schiedsverfahren
Verfahren sollen u. a. digitaler werden. Die Regierung hat einen Gesetzentwurf zur Modernisierung des Schiedsstandorts Deutschland beschlossen.
Die Bundesregierung hat am Mittwoch, den 26. Juni 2024 einen Gesetzentwurf zur Modernisierung des Schiedsverfahrensrechts beschlossen. Mit der Reform solle Deutschlands Attraktivität als Standort für Streitbeilegung weiter gestärkt werden, so die Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums (BMJ). Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann fasst den Entwurf so zusammen:
„Weniger Formalismus, mehr Offenheit für digitale Lösungen.“
Das Schiedsverfahrensrecht wurde zuletzt vor 25 Jahren umfassend reformiert. Durch die vorgeschlagenen Änderungen sollen der voranschreitenden Digitalisierung und verschiedenen Entwicklungen in der Praxis der Schiedsgerichtsbarkeit Rechnung getragen werden.
Das deutsche Schiedsverfahrensrecht ist in der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt. Es gelangt zur Anwendung, wenn der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens in Deutschland liegt (§ 1025 Absatz 1 ZPO) und darüber hinaus auch in einigen anderen Fällen (§ 1025 Absatz 2 ZPO). Das Schiedsverfahrensrecht trifft u.a. Regelungen zu Schiedsvereinbarungen, zur Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens und zu den Voraussetzungen der Vollstreckung von Schiedssprüchen.
Weniger Formvorschriften, mehr Digitalisierung
Schiedsvereinbarungen sollen künftig wieder formlos abgeschlossen werden können: also auf jedem denkbaren Weg. Ausgenommen hiervon sind Schiedsvereinbarungen unter Beteiligung von Verbrauchern. Seit 1998 müssen Schiedsvereinbarungen bestimmten Formanforderungen genügen (vgl. § 1031 ZPO). Nach altem Schiedsverfahrensrecht, das bis 1998 galt, konnten Schiedsvereinbarungen dagegen formfrei geschlossen werden.
Es soll zudem klargestellt werden, dass Schiedsrichter ihre Schiedssprüche veröffentlichen können, wenn die Parteien mit der Veröffentlichung einverstanden sind. Die Zustimmung der Parteien soll dabei auch dann als erteilt gelten, wenn sie der Veröffentlichung nicht widersprechen. Auf diese Weise will die Regierung die Entscheidungstransparenz in der Handelsschiedsgerichtsbarkeit stärken und die Fortentwicklung des Rechts fördern.
Es soll klargestellt werden, dass mündliche Verhandlungen vor Schiedsgerichten als Videoverhandlung durchgeführt werden können. Zudem sollen Schiedsgerichte Schiedssprüche künftig auch elektronisch erlassen können. Dazu sollen sie von den Schiedsrichtern mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden. Auf diese Weise soll die Rechtslage für Schiedssprüche an diejenige für Entscheidungen staatlicher Gerichte angeglichen werden.
Änderungen bei Verfahren vor staatlichen Gerichten im Zusammenhang mit Schiedsverfahren
Für Verfahren vor staatlichen Gerichten, die in Zusammenhang mit einem Schiedsverfahren stehen, sind ebenfalls Änderungen vorgesehen. Das betrifft insbesondere Verfahren, mit denen der Schiedsspruch durch staatliche Gerichte aufgehoben oder für vollstreckbar erklärt wird.
So sollen Parteien die Möglichkeit erhalten, in diesen Verfahren Schriftstücke in englischer Sprache vorzulegen. Staatliche Gerichtsverfahren können auf diese Weise effizienter geführt werden und den Parteien entstehen keine Kosten für umfangreiche Übersetzungen. Außerdem soll für diese Verfahren eine neue Zuständigkeitsregelung zur Anwendung gelangen können. Hat das (Bundes-)Land des Gerichtsorts einen sogenannten Commercial Court eingerichtet und entsprechende Verfahren diesem besonderen Spruchkörper zugewiesen, so soll dieser für das betreffende Verfahren zuständig sein. Bei entsprechendem Einvernehmen der Parteien sollen diese Verfahren vor den Commercial Courts vollständig in englischer Sprache geführt werden können. Englische Beschlüsse der Commercial Courts sollen zusammen mit einer deutschen Übersetzung veröffentlicht werden.
Bisherige Stellungnahmen der BRAK
Die BRAK hatte sich bereits in zwei Stellungnahmen sowohl zum Eckpunktepapier vom 18.04.2023 (Stn. 21/2023) als auch zum Referentenentwurf vom 01.02.2024 (Stn. 16/2024) geäußert und die Pläne des BMJ ausdrücklich begrüßt. Die Änderungen brächten eine Optimierung des bereits jetzt schon gelungenen deutschen Schiedsverfahrens mit sich. Verbesserungsbedarf sah die BRAK nur bei wenigen Punkten. Für ungünstig hielt sie insbesondere den Wegfall des Schriftlichkeitserfordernisses der Schiedsvereinbarung im unternehmerischen Rechtsverkehr. Dies führe aus ihrer Sicht zu Streitigkeiten über die Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen. Dennoch hat die Regierung an diesen Plänen festgehalten, nur für Verbraucherinnen und Verbraucher gelten strengere Formvorschriften.
Der Regierungsentwurf wurde nun vom Bundesminister der Justiz vorgelegt. Dieser erklärt zu dem aktuellen Vorhaben außerdem:
„Der heute beschlossene Gesetzentwurf steht nicht für sich allein. Mit der Einführung von Commercial Courts und der Stärkung von Videoverhandlungen sorgen wir dafür, dass auch die staatliche Ziviljustiz moderner wird. Streitbeilegung made in Germany ist und bleibt ein Gütesiegel - egal ob es um Schiedsgerichte geht oder um staatliche Gerichte.“
Der aktuelle Entwurf ergänzt insbesondere das vom BMJ erarbeitete Gesetz zur Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten.
Weiterführende Informationen
Stellungnahme der BRAK Nr. 16/2024 (zum Referentenentwurf)
Stellungnahme der BRAK Nr. 21/2023 (zum Eckpunktepapier)
Nachrichten aus Berlin 10/2023 v. 17.05.2023 (zum Eckpunktepapier)