BRAK kritisiert reißerische Medienberichte über Asylanwältin
Nach dem Anschlag in Solingen Ende August berichtete unter anderem die BILD in reißerischer Art über die Anwältin, die den mutmaßlichen Attentäter in seinem Asylverfahren vertrat. Die BRAK verurteilt diese Gleichsetzung von Anwältin und Mandant als hochgradig unethisch. In der Folge dieser Berichterstattung wird die Anwältin massiv bedroht.
Bei dem Messeranschlag in Solingen am 23.8.2024 wurden drei Menschen getötet. Kurz darauf wurde ein aus Syrien stammender Mann als Tatverdächtiger festgenommen. Sein Asylantrag war abgelehnt worden, eine im Juni geplante Abschiebung war gescheitert. In verschiedenen Medien, insbesondere in der BILD, wurde kurz darauf die Rechtsanwältin, die den mutmaßlichen Attentäter in seinem Asylverfahren vertreten hatte, in den Fokus der Berichterstattung gerückt. Auf reißerische Art und Weise wird dort dargestellt, wie die Anwältin Hilfe zur Vereitelung der Abschiebung geleistet habe.
Die BRAK hat diese Kritik aufs Schärfste verurteilt. BRAK-Präsident Dr. Ulrich Wessels weist darauf hin, dass es das verbriefte Recht jedes Asylbewerbers sei, sich in seiner Rechtsangelegenheit anwaltlicher Hilfe zu bedienen. Dies sei der Kern unseres Rechtsstaats. „Die Kollegin hat nicht mehr, aber auch nicht weniger getan, als ihre berufliche Pflicht zu erfüllen.“ betont Wessels. Es sei falsch und hochgradig unethisch, die Aufgabe, die eine Anwältin als Organ der Rechtspflege wahrgenommen habe, zu einem Akt der Beteiligung hochzustilisieren.
Die Kritik der BRAK an dieser Art der Berichterstattung über anwaltliche Tätigkeit wurde u.a. von beck-aktuell, jurios und LTO aufgegriffen, die sich ebenfalls kritisch mit dem Vorfall auseinandersetzen.
Vor der Kanzlei der Rechtsanwältin in Dresden fand in der Folge eine Kundgebung der rechten Szene statt. Berichten zufolge ist sie zudem massiven Beleidigungen und Bedrohungen in sozialen Medien und auf anderen Kanälen ausgesetzt und erhält Polizeischutz.
Weiterführende Informationen:
Presseerklärung der BRAK Nr. 6/2024 v. 29.8.2024
Lorenz, beck-aktuell v. 29.8.2024
Schäffer, jurios v. 2.9.2024
Suliak, LTO v. 5.9.2024
Wolf, Sächsische Zeitung v. 4.9.2024
Hintergrundinformationen
Gegen die pauschale Diskreditierung von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die im Migrationsrecht tätig sind, und damit verbundene Negierung ihrer Aufgaben als Organe der Rechtspflege hat die BRAK sich bereits früher entschieden ausgesprochen
(s. etwa Presseerklärung Nr. 13/2018). Über deren schwierige Arbeit berichtet der Vorsitzende des BRAK-Ausschusses Migrationsrecht, Stephan Hocks, in einem Interview. Der Begriff „Anti-Abschiebe-Industrie“, der ebenfalls die pauschale Verurteilung von Anwältinnen und Anwälten im Migrationsrecht zum Ausdruck bringt, ist Unwort des Jahres 2018.