BRAO-Reform tritt in Kraft

Was sich für Anwälte jetzt ändert

Die Berufsausübungsgesellschaft wird zentral, freie Berufe werden sozietätsfähig, alle Gesellschaftsformen möglich. Und Fortbildung wird zwingend.

29.07.2022Gesetzgebung

Schon lange verabschiedet, nun tritt sie in Kraft: Zum 1. August kommt die sog. BRAO-Reform, die tatsächlich noch mehr Gesetze ändert als nur die Bundesrechtsanwaltsordnung. Detaillierte Informationen auch zu einzelnen Aspekten finden Sie in den BRAK-Mitteilungen (Links s.u.). Im Überblick: 

Die neue BRAO hat nicht mehr primär den einzelnen Berufsträger oder die Berufsträgerin im Blick, sondern geht von der Berufsausübungsgesellschaft als zentraler Organisationsform aus. Diese Berufsausübungsgesellschaften bekommen ein eigenes besonderes elektronisches Anwaltspostfach (sog. Gesellschaftspostfach), das die elektronische Signatur für zugehörige Anwältinnen und Anwälte überflüssig machen kann. Sie müssen zudem eine Pflichtversicherung abschließen.

Damit unterliegen die Berufsausübungsgesellschaften und die Mitglieder ihrer Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane künftig auch den anwaltlichen Berufspflichten. Die Anwaltskammern können sie rügen, die Anwaltsgerichte Maßnahmen gegen sie verhängen, wenn eine Leitungsperson schuldhaft gegen Berufspflichten verstößt.

Wenn sie nicht schon zugelassen sind, benötigen Berufsausübungsgesellschaften eine Zulassung von der Anwaltskammer, die Übergangsfrist hierfür läuft bis zum 1. November 2022. Keine Zulassung brauchen – auch wenn sie sie beantragen können - nur Gesellschaften, die nicht haftungsbeschränkt sind und in denen Gesellschafter und Geschäftsführer ausschließlich Anwältinnen und Anwälte oder sozietätsfähige Berufe sind.

Ab jetzt mit allen freien Berufen

Solche Berufe, die sich künftig mit Anwältinnen und Anwälte in Sozietäten zusammenschließen können, sind alle freien Berufe. Eine Rechtsanwaltsgesellschaft liegt nur vor, wenn unter den Gesellschaftern und Geschäftsführerinnen die Anwältinnen und Anwälte die Mehrheit stellen.

In bloßen Sozietäten dürfen sich Anwältinnen und Anwälte sogar mit praktisch allen anderen Berufen - außer Maklerinnen und Maklern o.ä. – zusammentun. Zudem dürfen sie jetzt alle deutschen Rechtsformen nutzen, auch die GmbH & Co. KG steht ihnen offen. Während Fremdkapitalbeteiligungen weiterhin nicht erlaubt sind, werden zudem sog. mehrstöckige Gesellschaften möglich.

Berufsrechtsfortbildung für alle 

Ausgeweitet auf der Pflichtenebene werden die Tätigkeitsverbote bei Interessenkollisionen, § 43a Abs. 4 bis 6 BRAO gilt für die Berufsausübungsgesellschaft, bei angestellten Anwältinnen und Anwälten sowie auch schon bei Referendaren und Referendarinnen und freien Mitarbeitenden.

Anwältinnen und Anwälte, die ab dem 1. August 2022 zugelassen werden, müssen innerhalb des ersten Jahres nach ihrer Zulassung an einer Fortbildung von mind. 10 Zeitstunden im anwaltlichen Berufsrecht teilnehmen, es zählen auch in den sieben Jahren vor der Zulassung absolvierte Veranstaltungen. Für Anwälte und Anwältinnen, die ihre Zulassung bereits haben, gilt die Fortbildungspflicht im anwaltlichen Berufsrecht nicht.

Detaillierte Informationen finden Sie hier:

Überblick zur großen BRAO-Reform:  Nitschke, BRAK-Mitt. 2021, 218

Berufsausübungsgesellschaften:

Schaeffer, BRAK-Mitt. 2022, 122

Dahns, BRAK-Magazin 3/2022, 14 – Schwerpunkt Versicherungspflicht

Zimmermann/Dörne, BRAK-Mitt. 2022, 74 – Schwerpunkt Versicherungspflicht, insb. von LLPs

von Seltmann, BRAK-Magazin 3/2022, 10 - beA für Berufsausübungsgesellschaften

Coming soon:  von Seltmann, BRAK-Magazin 4/2022, 10 (im Erscheinen) - beA für Berufsausübungsgesellschaften, 2. Teil

Fortbildung im Berufsrecht:  von Lewinski, BRAK-Mitt. 2021, 223

Coming soon: Heyder, BRAK-Mitt. 2022, 190 (BRAK-Mitt. 4/2022, im Erscheinen)