BAG zu Arbeitszeugnis

Zeugnis darf nicht wegen Änderungswünschen verschlechtert werden

Verschlechtert ein Arbeitgeber das Zeugnis, weil die Arbeitnehmerin Änderungen daran verlangt hat, verstößt er gegen das Maßregelungsverbot.

25.09.2023Rechtsprechung

Ein Arbeitgeber darf das Arbeitszeugnis nicht in der dritten Version verschlechtern und die zuvor darin enthaltene Dankesformel weglassen, nur weil die Arbeitnehmerin zuvor bereits zweimal Änderungswünsche daran hatte, so das Bundesarbeitsgericht (BAG). Zwar bestehe auf eine Dankesformel am Ende grundsätzlich kein Anspruch. Doch sie wegen der zulässigen Ausübung gesetzlicher Rechte letztlich zu streichen, verstoße gegen das Maßregelungsverbot nach § 612a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), welches auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiter gelte. Daher bestehe ein Anspruch auf die Dankesformel (Urt. v. 06.06.2023, Az. 9 AZR 272/22).

Der Arbeitgeber hatte hingegen vorgetragen, das Maßregelungsverbot gelte nur im laufenden Arbeitsverhältnis, nicht aber danach. Zudem habe die ehemalige Mitarbeiterin keinen Anspruch auf diese Dankesformel gehabt, weil darin lediglich subjektive Empfindungen zum Ausdruck kämen. Im Übrigen schließe der Grundsatz der Zeugniswahrheit die Aufnahme derartiger Schlusssätze aus, wenn sich das subjektive Empfinden des Arbeitgebers nach der Erteilung eines Arbeitszeugnisses geändert habe.

BAG: Arbeitgeber darf Ex-Mitarbeiterin nicht maßregeln

Diese Argumentation überzeugte weder die zwei Vorinstanzen noch das BAG. Die Weigerung, das dritte Arbeitszeugnis mit den für den weiteren beruflichen Weg förderlichen Sätzen zu versehen, verstoße gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Dieses gelte grundsätzlich und insbesondere im Bereich des Zeugnisrechts auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiter. Danach darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Das Maßregelungsverbot schütze die Willensfreiheit des Arbeitnehmers, so das BAG. Dieser solle ohne Angst vor einer Maßregelung durch den Arbeitgeber darüber entscheiden dürfen, ob er die zustehenden Rechte in Anspruch nimmt oder davon absieht. Die Meinungsfreiheit des Arbeitgebers müsse hier deshalb zurücktreten.

Ein Festhalten an dem von ihm selbst erstellten Zeugnis sei einem Arbeitgeber nur dann nicht zuzumuten, wenn sachliche Gründe vorlägen, die ein Abweichen als angemessen erscheinen ließen. Solche habe der Arbeitgeber hier aber nicht vorgetragen. Vielmehr sei nach den Feststellungen der Vorinstanzen davon auszugehen, dass die zweimaligen rechtmäßigen Änderungswünsche ausschlaggebend für die „Abstrafung“ gewesen waren.

Das BAG brauchte nicht zu entscheiden, ob die Klägerin bereits unter dem - alleinigen - Gesichtspunkt der Selbstbindung ihres ehemaligen Arbeitgebers einen Anspruch auf die begehrte Zeugnisformulierung hatte. Dennoch äußerte es dazu: Grundsätzlich sei der Arbeitgeber nach den Grundsätzen von Treu und Glauben an den Inhalt eines erteilten Zeugnisses gebunden. Von seinen Wissenserklärungen zum Verhalten oder der Leistung des Arbeitnehmers könne er nur dann abrücken, wenn ihm nachträglich Umstände bekannt würden, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigten. In gleicher Weise könnte der Arbeitgeber - soweit er ursprünglich eine Schlussformel erteilt hat - an den Ausdruck persönlicher Empfindungen, wie Dank, Bedauern oder gute Wünsche für die Zukunft, gebunden sein.