Nachrichten aus Berlin | Ausgabe 5/2022

Gewalt gegen Frauen und Mädchen: BRAK bewertet Reformvorschläge

Im Auftrag der Justizministerkonferenz hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe Vorschläge zur Anpassung strafrechtlicher und strafprozessualer Vorschriften erarbeitet, um Gewalt gegen Frauen und Mädchen besser bekämpfen zu können. Die BRAK nimmt hierzu kritisch Stellung.

09.03.2022Newsletter

Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Gewalt gegen Frauen und Mädchen wirksam begegnen“ wurde durch Beschluss der Konferenz der Justizministerinnen und -minister des Bundes und der Länder im November 2020 eingerichtet. Sie wurde vor dem Hintergrund geschaffen, dass Frauen und Mädchen überdurchschnittlich häufig von Sexualdelikten, häuslicher Gewalt und Nachstellung, aber auch von Hate Speech und Cyber Mobbing betroffen sind. Ihre Aufgabe ist es u.a., straf- und strafprozessrechtliche, aber auch zivil- und familienrechtliche Handlungsbedarfe zu prüfen. Die Arbeitsgruppe hat nunmehr Reformvorschläge im Bereich des Straf- und Strafprozessrechts vorgelegt.

In ihrer Stellungnahme setzt die BRAK sich eingehend mit den Vorschlägen auseinander. Sie begrüßt ausdrücklich, dass die anwaltliche Beratung bei der Nebenklage verbessert und erweitert werden soll, indem eine kostenlose Rechtsberatung nach § 397a StPO auf alle Tatbestände des § 177 StGB und auf Fälle von Partnerschaftsgewalt (häusliche Gewalt) erstreckt wird. Die vorgeschlagene Ausweitung des Schutzsystems des § 25 IVa AufenthG für Opfer von Partnerschaftsgewalt erachtet die BRAK für sinnvoll, ebenso das Vorhaben, die gesetzlichen Ausnahmeregelungen im AsylG und AufenthG so zu erweitern, dass Aufenthaltsbeschränkungen in Fällen von Gewalt in der Partnerschaft zum Schutz der betroffenen Frau und der Kinder aufgehoben werden können.

Auch die angestrebte Stärkung der psychosozialen Prozessbegleitung von Zeugen und Zeuginnen, die mutmaßlich Opfer von Gewalt- oder Sexualstraftaten geworden sind, hält die BRAK für sachgerecht – vorausgesetzt, die Neutralität der Beratung und Begleitung bleibt gewährleistet; dies müsse durch Ausbildung und Evaluierung sichergestellt werden.

Kritisch sieht die BRAK eine Reihe weiterer Reformvorschläge. Hierzu zählt insbesondere das erweiterte Beschleunigungsgebot. Die BRAK gibt zu bedenken, dass beim Vorwurf geschlechtsspezifischer Gewalt besondere Sorgfalt bei der Sachverhaltsaufklärung herrschen müsse, um zu verhindern, dass das Strafverfahren für die hier zumeist parallel laufenden familiengerichtlichen Auseinandersetzungen instrumentalisiert würden.

Auch zu weiteren Vorschlägen, etwa Schwerpunktstaatsanwaltschaften und -gerichten Verfahren wegen geschlechtsspezifischer Gewalt und Gewalt in Partnerschaften, den Ausschluss des Täter-Opfer-Ausgleichs bei häuslicher Gewalt oder die Streichung bestimmter Delikte aus dem Katalog der Privatklagedelikte, äußert die BRAK Bedenken, die sie im einzelnen in ihrer Stellungnahme erläutert.

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