Nachrichten aus Berlin | Ausgabe 6/2022

Bundesverfassungsgericht stärkt prozessuale Waffengleichheit

Vor dem Erlass einer einstweiligen Verfügung muss das Gericht der Gegenseite die Möglichkeit geben, auf den Antrag und weitere Schriftsätze zu erwidern und ihr an die Antragsteller-Seite gerichtete Hinweise zur Kenntnis bringen. Das gebiete die prozessuale Waffengleichheit, betonte das Bundesverfassungsgericht in einem aktuellen Beschluss.

23.03.2022Newsletter

In dem Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ging es um eine einstweilige Verfügung in einer presserechtlichen Unterlassungssache. Die Pressekammer des LG Berlin hatte nur der Antragstellerin einen Hinweis erteilt, woraufhin diese ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung teilweise zurücknahm. Anschließend erließ das Landgericht „wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung“ und untersagte der Gegenseite die beanstandete Wort- und Bildberichterstattung, ohne dass sie von dem Hinweis wusste und hierzu Stellung nehmen konnte.

Das BVerfG entschied, dass der Erlass der einstweiligen Verfügung durch das Landgericht die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht auf prozessuale Waffengleichheit aus Art. 3 I i.V.m. Art. 20 III GG verletzt habe.

Nicht zum ersten Mal musste das BVerfG auf die Bedeutung der prozessualen Waffengleichheit bei einstweiligen Anordnungen hinweisen. Bereits im Februar hatte es in einer äußerungsrechtlichen Sache hierauf hingewiesen, in der der Pressesenat des OLG Hamburg eine einstweilige Verfügung ohne vorherige Anhörung der Gegenseite erlassen hatte. In ungewohnt deutlichen Worten weist das BVerfG daher auch auf die rechtliche Bindungswirkung seiner Entscheidungen hin.

Weiterführende Links: