Haftentschädigung: BRAK begrüßt geplante Verbesserungen für zu Unrecht Inhaftierte
Wer zu Unrecht in Untersuchungs- oder Strafhaft war, soll nach Plänen des Bundesjustizministeriums künftig besser unterstützt werden. Ein Gesetzentwurf soll dazu unter anderem mehr Entschädigung und Rehabilitationsmaßnahmen bringen. Die BRAK begrüßt das als wichtigen Schritt zur Stärkung der Rechte von zu Unrecht Inhaftierten, fordert aber weitergehende Verbesserungen.
Mit dem im Juli vorgelegten Referentenentwurf für ein Gesetz zur Reform des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen will das Bundesministerium der Justiz Personen, denen eine Entschädigung wegen letztlich zu Unrecht erlittener Untersuchungs- oder Strafhaft zusteht, besser entschädigen und unterstützen.
Dazu soll die Haftentschädigungspauschale angehoben werden. Beim Ausgleich für Vermögensschäden durch die unberechtigte Haft sollen ersparte Aufwendungen künftig nicht mehr angerechnet werden. Zudem sollen Betroffene, für die eine Entschädigungspflicht des Staates dem Grunde nach feststeht, einen Anspruch auf kostenlose anwaltliche Erstberatung erhalten, die ähnlich wie die Beratungs- und Prozesskostenhilfe ausgestaltet sein soll; diese soll klären, ob über die Haftentschädigung hinaus Ersatzansprüche bestehen. Auch das Entschädigungsverfahren und das sich ggf. anschließende Rechtsbehelfsverfahren sollen vereinfacht werden. Dazu werden insbesondere die Antrags- und Klagefristen verlängert.
Der Entwurf greift Diskussionen zu einer Reform der Haftentschädigung aus dem Jahr 2020 auf. Damals wurden aus Beschleunigungsgründen wurde letztlich jedoch nur die Entschädigungssumme erhöht. Jedoch bestand fraktionsübergreifend Einigkeit, dass weitergehende Verbesserungen bei der Entschädigung und Rehabilitation zu Unrecht Inhaftierter nötig sind; diese sollen mit dem aktuellen Entwurf angeschoben werden.
In ihrer Stellungnahme begrüßt die BRAK die beabsichtigte Reform als wichtigen Schritt zur Stärkung der Rechte von zu Unrecht inhaftierten bzw. verfolgten Personen. Das Anliegen des Referentenentwurfs, Personen, die zu Unrecht inhaftiert wurden, materiell besser zu stellen und so auch zu deren Rehabilitation und Versöhnung mit dem Recht und Rechtsstaat beizutragen, unterstützt sie uneingeschränkt.
Insbesondere hält die BRAK die vorgesehene Staffelung der Entschädigungspauschale für sinnvoll. Denn bei längerer Freiheitsentziehung stiegen auch die psychischen und materiellen Belastungen und erschwere sich die Wiedereingliederung.
Auch die beabsichtigten Änderungen im Entschädigungsverfahren begrüßt die BRAK, da sie den Betroffenen die Geltendmachung ihrer Ansprüche erleichtern. Besonders die Verlängerung der Fristen im Betrags- und Klageverfahren hält sie für sinnvoll, um den Betroffenen und ihren Anwältinnen und Anwälten ausreichend Zeit zu gewähren, die Ansprüche umfassend prüfen und notwendige Angaben und Nachweise beibringen zu können.
Sie sieht jedoch über das Gesetzesvorhaben hinaus noch wesentlichen Verbesserungsbedarf, um die Rechte zu Unrecht Verfolgter oder Inhaftierter zu stärken und so zu ihrer vollständigen Rehabilitation beizutragen. Der Entwurf verpasse die Chance zur Normierung einer tatsächlich erforderlichen umfassenden Unterstützung zur Rehabilitation. Die BRAK regt unter anderem an, staatliche Beratungsstellen zu schaffen, die nicht nur über Entschädigungsansprüche aufklären, sondern auch bei alltäglichen Problemen unterstützen.
Auch hinsichtlich der geplanten Änderungen im Entschädigungsverfahren sieht die BRAK noch Verbesserungsmöglichkeiten. Insbesondere hält sie eine kostenlose anwaltliche Erstberatung gerade in Fällen erforderlich, in denen die staatliche Entschädigungspflicht nicht rechtskräftig festgestellt ist. Das betrifft vor allem Fälle, in denen die Staatsanwaltschaft das Verfahren eingestellt hat. Die BRAK regt an, dass in Fällen von Untersuchungshaft die Antragspflicht für Entschädigungen entfallen sollte. Stattdessen solle die Staatsanwaltschaft von Amts wegen eine gerichtliche Grundentscheidung über die Entschädigungspflicht einholen.
Für nicht ausreichend hält die BRAK zudem, dass der Referentenentwurf eine Beratungshilfe nur bei gerichtlich angeordneter Freiheitsentziehung vorsieht. Weshalb Betroffene von vorläufigen Freiheitsentziehungen keine Unterstützung erhalten sollen, sei nicht einzusehen, weil diese gleichermaßen schutzwürdig seien.
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