Satzungsversammlung beschließt Regelungsmodell für Ausscheiden aus Sozietät
In seiner Sitzung am 25.11.2024 hat das Anwaltsparlament eine neue Vorschrift in der Berufsordnung beschlossen, die eine Richtschnur für das Ausscheiden von Anwältinnen und Anwälten aus einer Berufsausübungsgesellschaft liefert. Daneben wurden ein grundlegende Reform der Fachanwaltschaften und zahlreiche weitere Reformvorhaben diskutiert.
In der dritten Sitzung ihrer 8. Legislaturperiode hat die Satzungsversammlung am 25.11.2024 Regelungen zum Ausscheiden einer Partnerin oder eines Partners aus einer Berufsausübungsgesellschaft beschlossen. Die bisherigen Regelungen in § 32 BORA waren nach Ansicht des federführenden Ausschusses 2 – Allgemeine Berufs- und Grundpflichten und Werbung – nicht mehr zeitgemäß und praxisgerecht. Zudem gibt es bislang keine Regelung für das Ausscheiden angestellter Anwältinnen und Anwälte, obwohl sich hier etwa in Bezug auf das Mitnehmen von Mandaten und Handakten dieselben Fragen stellen.
Die neue Regelung ist als „Gebrauchsanweisung“ gedacht, in der die wichtigsten und häufigsten Streitpunkte beim Ausscheiden aus einer Sozietät oder bei deren Auflösung adressiert sind. Sie ist dispositiv, vorrangig sollen die Beteiligten in ihren Sozietätsverträgen oder anlässlich des Ausscheidens bzw. der Auflösung sich auf eine Handhabung einigen oder zumindest mit Vermittlung der Rechtsanwaltskammer eine einvernehmliche Lösung erreichen. Die Regelungen sollen ferner beim Ausscheiden von Scheingesellschaftern sowie größtenteils auch von angestellten Anwältinnen und Anwälten gelten.
Beschlossen wurden außerdem redaktionelle Änderungen in §§ 26 und 35 BORA und § 26 FAO, die die sprachliche Fassung sowie das Inkrafttreten von Änderungen der FAO betreffen.
Die Beschlüsse der Satzungsversammlung müssen nun zunächst noch ausgefertigt und sodann vom Bundesministerium der Justiz geprüft werden. Eine Nichtbeanstandung unterstellt, treten diese Beschlüsse mit dem ersten Tag des dritten Monats in Kraft, der auf die Veröffentlichung auf der Website der BRAK folgt.
Wie in der vorangegangenen Sitzung der Satzungsversammlung beschlossen, hatte der Ausschuss 8 außerdem einen Vorschlag für Änderungen der Geschäftsordnung ausgearbeitet. Diskutiert wurden u.a. die Vertretungsregelung für die Leitung der Sitzung sowie die Regelungen für Wortbeiträge und für virtuelle Sitzungen der Satzungsversammlung. Außerdem wurden auch hier redaktionelle Änderungen vorgenommen. Da es sich bei der Geschäftsordnung um ein reines Internum der Satzungsversammlung handelt, ist hierfür eine Prüfung durch das Bundesjustizministerium nicht erforderlich.
Die Berichte aus den einzelnen Ausschüssen der Satzungsversammlung gaben außerdem Ausblick auf anstehende Reformvorhaben. Eine umfassende Reform der Fachanwaltschaften erarbeitet derzeit der Ausschuss 1 – Fachanwaltschaften. In insgesamt 17 Unterausschüssen werden einzelne Fachanwaltsgebiete und insbesondere die jeweils notwendigen Fallquoren und Prüfungen, die Fortbildungspflicht und die Voraussetzungen für neue Fachanwaltschaften im Detail unter die Lupe genommen. Auch die Einführung einer Fachanwaltschaft für Opferrechte steht, nach einem Fachgespräch mit dem Bundes-Opferbeauftragten, erneut auf dem Prüfstand.
Hintergrund der anvisierten Reform ist der zu verzeichnende Rückgang der Fachanwaltszahlen, der insbesondere die überwiegend weiblich besetzten Rechtsgebiete wie Sozialrecht und Familienrecht betrifft. Untersucht werden soll deshalb auch, weshalb weniger Frauen Fachanwaltstitel erwerben; hierbei spielen nach Ansicht des Ausschusses 1 u.a. die Nachweiszeiträume für Fälle eine Rolle, aber auch, dass der Nachweis gerichtlicher Fälle angesichts einer generellen Verschiebung hin zu mehr außergerichtlicher Tätigkeit zunehmend schwieriger wird. Der Ausschuss will alle diese Umstände aufarbeiten und Lösungsansätze dazu entwickeln.
Stillstand ist dagegen im Bereich Aus- und Fortbildung zu verzeichnen. Der dafür zuständige Ausschuss 5 hatte sich im Nachgang zu der Resolution der Satzungsversammlung, in der die Schaffung einer Satzungskompetenz für eine allgemeine und sanktionierte Fortbildungspflicht gefordert wurde, an das Bundesjustizministerium gewandt. Aufgrund der aktuellen politischen Situation muss hier derzeit abgewartet werden.
Änderungsbedarf prüfen die Ausschüsse der Satzungsversammlung derzeit außerdem u.a. in den Bereichen Beratungshilfemandate, Werbung, Einsatz künstlicher Intelligenz in der anwaltlichen Tätigkeit sowie Vertretung widerstreitender Interessen. Hier wurden für die kommenden Sitzungen konkretere Vorlagen angekündigt.
Weiterführende Links:
Hintergrund:
Die Satzungsversammlung ist ein unabhängiges Beschlussorgan, das organisatorisch bei der BRAK angesiedelt ist. Sie beschließt im Rahmen der Ermächtigung nach § 59b II BRAO die Regeln der Berufsordnung der Rechtsanwälte (BORA) und der Fachanwaltsordnung (FAO). Ihre rund 120 Mitglieder umfassen direkt gewählte Delegierte der regionalen Rechtsanwaltskammern, die Präsidenten der regionalen Rechtsanwaltskammern und den Präsidenten der BRAK. Stimmberechtigt sind jedoch nur die Delegierten der Rechtsanwaltskammern.
Die nächste Sitzung der Satzungsversammlung findet am 26.5.2025 in Berlin statt.