Jurastudium & Referendariat

Studie: erhebliche Unzufriedenheit mit juristischer Ausbildung

Mit dem juristischen Studium und Referendariat sind alle daran beteiligten Gruppen unzufrieden: Studierende, Referendar:innen, Praktiker:innen und Lehrende. Eine gerade veröffentlichte Studie zeigt, wo Reformbedarf gesehen wird. Zu den Ergebnissen der Studie hat die BRAK Eckpunkte für eine auch aus ihrer Sicht dringliche Reform formuliert.

30.05.2023Anwaltschaft

Die juristische Ausbildung hat sich seit rund 150 Jahren kaum verändert, obwohl praktische Probleme sowohl im rechtswissenschaftlichen Studium als auch im Referendariat bekannt sind und zahlreiche Reformvorschläge diskutiert wurden. Das Bündnis zur Reform der juristischen Ausbildung e.V. hat mit dem Projekt iur.reform im ersten Halbjahr 2022 eine breit angelegte Umfrage zur Reform der juristischen Ausbildung durchgeführt. Darin wurden die Einschätzungen von über 11.000 Juristinnen und Juristen aus allen Berufsgruppen und Ausbildungsstadien zu den wichtigsten Reformvorschlägen abgefragt, mit dem Ziel, einen gruppenübergreifenden Reformdiskurs anzustoßen.

Ende Mai veröffentlichte iur.reform die Ergebnisse der Studie. Einig sind sich die befragten Interessengruppen – Personen in Ausbildung, Praktikerinnen und Praktiker, Ausbildende – darin, dass Reformen nötig sind. Insgesamt sechs Thesen befürworten alle drei Gruppen, darunter etwa die Einführung einer unabhängigen Zweitkorrektur der Examensklausuren, die flächendeckende Einführung des e-Examens und die Verbesserung des Betreuungsschlüssels an den Hochschulen. Bei anderen Thesen stimmten nicht alle Gruppen zu. So sprachen sich die Befragten etwa mehrheitlich für die Einführung eines integrierten Bachelors aus, den die Professorenschaft jedoch mehrheitlich ablehnt. Ähnlich differenzierte Bilder gab es auch bei weiteren Thesen wie etwa zum (mehrheitlich befürworteten) Abschichten von Prüfungsleistungen oder zur (überwiegend abgelehnten) Umstellung auf das Bologna-System mit Bachelor und Master anstelle der Examina.

Aus den Ergebnissen leitet iur.reform ein Sofortprogramm mit unmittelbar umzusetzenden Veränderungen ab. Über die übrigen Thesen, die keine absolute Mehrheit in allen befragten Gruppen erhielten, lädt iur.reform zu einem ergebnisoffenen Diskussionsprozess ein.

Die BRAK erhielt vorab die Gelegenheit, sich zu den Ergebnissen der iur.reform-Studie zu äußern. In ihrer Stellungnahme hält sie für dramatisch, dass die große Mehrheit der Befragten mit dem Jurastudium unzufrieden ist. Dieser Entwicklung müsse angesichts von demographischem Wandel und Fachkräftemangel dringend entgegengesteuert werden. Damit auch auf längere Sicht ausreichend viel Nachwuchs für die reglementierten juristischen Berufe gewonnen werden kann, müssen Studium und Referendariat nicht nur qualitativ hochwertig, sondern auch attraktiv und zukunftsorientiert ausgestaltet sein. Denn gut ausgebildeter juristischer Nachwuchs ist unerlässlich für den Rechtsstandort Deutschland.

Sieben Thesen zur juristischen Ausbildung formuliert die BRAK in ihrer Stellungnahme näher aus:

  1. Am Einheitsjuristen als Qualitätsmerkmal ist festzuhalten.
  2. Der Integrierte Bachelor darf nur verbunden mit einer echten Prüfungsleistung eingeführt werden.
  3. Die Lehre muss in der Lage sein, eine effektive Vorbereitung auf die staatlichen Prüfungen mit dem wissenschaftlichen Anspruch einer Universität zu verbinden.
  4. Der Beginn des Studiums sollte eine Gesamtschau über das große Ganze ermöglichen, anstatt auf eine Vielzahl examensrelevanter Schwierigkeiten einzugehen, die der Student im ersten Semester nur schwerlich in Gänze verstehen kann.
  5. Das Universitätsstudium muss eine qualifizierte wissenschaftliche Ausbildung, flankiert durch die Schwerpunktbereiche, bieten.
  6. Softskills sollen durch Moot Courts und studentische Rechtsberatungen trainiert werden. Bestenfalls sind diese Formate so konzipiert, dass die Anwaltschaft in die juristische Ausbildung integriert wird.
  7. Die Juristischen Fakultäten müssen mit den notwendigen personellen und finanziellen Mitteln ausgestattet werden.

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