Ausgabe 04/2018 vom 23.02.2018
Binnenmarkt
Dienstleistungspaket – Ablehnung des Vorschlags zur Dienstleistungskarte im JURI
Der Rechtsausschuss des EP (JURI) hat sich am 22. Februar 2018 mit knapper Mehrheit gegen den Vorschlag der Europäischen Kommission zur Einrichtung einer Europäischen Elektronischen Dienstleistungskarte ausgesprochen und den federführenden Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) aufgefordert, die Vorschläge der Kommission abzulehnen. Die Kommission sollte nach Ansicht der Abgeordneten des JURI die Vorschläge nochmals auf ihre Zweckmäßigkeit und ihren Nutzen überprüfen. So könnten der Europäische Berufsausweis und die einheitlichen Europäischen Ansprechpartner nach geltendem Recht für die Zwecke eingesetzt werden, denen die Elektronische Europäische Dienstleistungskarte und die Koordinierungsbehörden nach dem Vorschlag der Kommission dienen sollen. Durch die Schaffung einer weiteren Einrichtung entstünde ein duales System, das zu Grauzonen und zu einer Steigerung der bestehenden Unsicherheit für Unternehmen führen könnte.
Der IMCO wird voraussichtlich im März über die Vorschläge der Kommission einen Bericht mit Änderungsvorschlägen verabschieden. Die am 21. Februar 2018 im IMCO geführte Aussprache über mögliche Kompromissänderungsanträge hat gezeigt, dass diese Gesetzgebungsinitiative auch im IMCO weiterhin umstritten ist.
Weiterführende Links:
- Änderungsanträge zum Stellungnahmeentwurf Richtlinienvorschlag (Dezember 2017)
- Änderungsanträge zum Stellungnahmeentwurf Verordnungsvorschlag (Dezember 2017)
- Stellungnahmeentwurf zum Richtlinienvorschlag (September 2017)
- Stellungnahmeentwurf zum Verordnungsvorschlag (September 2017)
- Richtlinienvorschlag zur Dienstleistungskarte (Januar 2017)
- Verordnungsvorschlag zur Dienstleistungskarte (Januar 2017)
- Siehe hierzu auch Nachrichten aus Brüssel 21/2017, 20/2017, 06/2017
Zivilrecht
Online-Fragebogen zur Überarbeitung der Verordnungen über die Zustellung von Schriftstücken und die Beweisaufnahme
Deloitte führt derzeit für die Europäische Kommission eine Studie über die Funktionsweise der Verordnungen (EG) 1393/2007 über die Zustellung von Schriftstücken und (EG) 1206/2001 über die Beweisaufnahme durch. Dazu wurde u.a. ein Fragebogen entwickelt, der von Praktikern beantwortet werden soll, mit dem die Bedürfnisse der Nutzer der beiden zu analysierenden Verordnungen identifiziert und Informationen in Bezug auf eine Modernisierung der justiziellen Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen gesammelt werden sollen. Der Fragebogen richtet sich auch an Rechtsanwälte und kann bis zum 2. März 2018 ausgefüllt werden.
Weiterführende Links:
- Online-Fragebogen (EN) (Februar 2018)
- Siehe hierzu auch Nachrichten aus Brüssel 22/2017
Steuerrecht
Antrag auf einen weiteren Steuer-Sonderausschuss im EP
Am 7. Februar 2018 hat die Konferenz der Präsidenten des EP dem Antrag auf Einrichtung eines weiteren Sonderausschusses zu Finanzdelikten, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung (TAXE3) zugestimmt. In seiner Plenarsitzung am Donnerstag, den 1. März 2018 wird das EP hierüber abstimmen. Im November letzten Jahres lief mit der Verabschiedung des Berichts und der Empfehlung des PANA-Ausschusses dessen Berufungszeit von 12 plus sechs Monaten ab. Die Forderungen nach einem weiteren Ausschuss, der sich mit dieser Thematik beschäftigt, kamen insbesondere nach den Enthüllungen der Paradise Papers am Ende der Berufungszeit des PANA-Ausschusses. Im Fokus des PANA-Ausschusses standen Steuerberater, Banken und Rechtsanwälte. In diesem Zusammenhang werden auch rechtsstaatliche Prinzipien und Strukturen wie die Verschwiegenheit und die Selbstverwaltung in Frage gestellt. Die BRAK hatte in Anhörungen sowie schriftlichen Äußerungen die Achtung dieser rechtsstaatlichen Prinzipien angemahnt. Der TAXE3-Ausschuss soll eine Berufungszeit von 12 Monaten haben und auf die Arbeiten der Sonderausschüsse TAXE1, TAXE2 und PANA aufbauen und diese weiterführen, insbesondere bezüglich der Implementierung der Empfehlungen dieser Ausschüsse. Der Sonderausschuss soll 45 Mitglieder haben.
Weiterführende Links:
- Tagesordnung des EP (Februar 2018)
- Bericht des PANA-Ausschusses (November 2017)
- Empfehlungen des EP (Dezember 2017)
- Siehe hierzu auch Nachrichten aus Brüssel 22/2017, 18/2017, 15/2017
Institutionen
Verstärkung der Führungsebene der Europäischen Kommission
Neben der Ernennung von fünf neuen Generaldirektoren und stellvertretenden Generaldirektoren hat die Europäischen Kommission am 21. Februar 2018 beschlossen, den deutschen Juristen Martin Selmayr zum 1. März 2018 zum Generalsekretär der Kommission zu ernennen. Selmayr, Kabinettchef des Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker, ist der erste Deutsche in diesem Amt und folgt auf den Niederländer Alexander Italianer, der in den Ruhestand tritt. Das Amt des Kabinettchefs wird bis zum Ende der Amtszeit von Jean-Claude Juncker 2019 die Spanierin Clara Martinez Alberola übernehmen.
Die Ernennungen der neuen Generaldirektoren betreffen die Bereiche Klimaschutz (Mauro Petriccione, IT), Forschung (Jean-Eric Paquet, FR), Bildung, Jugend und Kultur (Themis Christophidou, CY) und soziale Angelegenheiten und Beschäftigung (Joost Korte, NL). Mit den Neubesetzungen wird die Frauenquote in Führungspositionen der Kommission deutlich angehoben: von 11% (im November 2014) auf 36%.
Weiterführender Link:
- Pressemitteilung der Europäischen Kommission (Februar 2018)
Modernisierte Verhaltensregeln für die Mitglieder der Europäische Kommission
Am 1. Februar 2018 ist der neue Verhaltenskodex der Europäischen Kommission in Kraft getreten. Mit den modernisierten Regeln verlängert die Kommission beim Wechsel eines Kommissionsmitglieds in eine neue Tätigkeit die sogenannte Karenzzeit von 18 auf 24 Monate für Kommissare und auf 36 Monate für Kommissionspräsidenten. Des Weiteren definiert der Kodex erstmalig den Begriff „Interessenkonflikt“ und legt grundsätzlich fest, dass Kommissionsmitglieder nicht nur Interessenkonflikte, sondern auch Situationen, die den Eindruck eines Interessenkonflikts erwecken könnten, vermeiden sollen. Bezüglich der finanziellen Interessen der Kommissionsmitglieder werden die Regeln verschärft: angegeben werden muss nun jede Investition über 10.000 EUR. An die Stelle des bisherigen Ad-hoc-Ethikausschusses tritt ein ständiger unabhängiger Ethikausschuss, der künftig seine Entscheidungen und einen Jahresbericht veröffentlichen wird.
Weiterführender Link:
Sonstiges
ERA-CCBE Young Lawyers Contest
Am 6. und 7. September 2018 findet in Trier ein von der Europäischen Rechtsakademie Trier (ERA) und dem CCBE ausgerichteter Wettbewerb für junge Rechtsanwälte statt. In einem Teamwettstreit sind junge Rechtsanwälte aus verschiedenen EU-Ländern aufgefordert, ihre Kenntnisse im EU-Recht anhand praktischer Fallbeispiele unter Beweis zu stellen. Die Wettbewerbsteilnehmer werden von den Rechtsanwaltskammern der CCBE-Mitgliedsländer vorgeschlagen. Den Gewinnern winkt eine Mitgliedschaft im Förderverein der ERA und damit die Chance, Teil eines Netzwerks von gleichgesinnten Rechtspraktikern und Organisationen in ganz Europa zu sein, die sich für eine bessere Praxis des europäischen Rechts einsetzen. Informationen zum Wettbewerb und den Teilnahmebedingungen gibt es auf der Webseite des Young Lawyers Contest 2018.
Weiterführender Link:
Impressum
Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK)
Büro Brüssel, Avenue de Nerviens 85/9, 1040 Brüssel,
Tel.: +32 (0)2 743 86 46, Fax: +32 (0)2 743 86 56, E-Mail: brak.bxl(at)brak(dot)eu
Redaktion und Bearbeitung:
RAin Dr. Heike Lörcher, RAin Hanna Petersen LL.M., RAin Doreen Barca-Cysique LL.M., RAin Katrin Grünewald LL.M., Natalie Barth
© Bundesrechtsanwaltskammer
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