Digitalpakt, Zugang zum Recht und RVG-Anpassung
Hauptversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer befasst sich mit Zukunft der Anwaltschaft und der Justiz
Am 24.09.2021 trafen sich die Präsidentinnen und Präsidenten der 28 Rechtsanwalts-kammern zu ihrer halbjährlichen Hauptversammlung (HV) in Nürnberg. Die 161. HV befasste sich insbesondere mit Zukunftsthemen der Anwaltschaft. Im Mittelpunkt standen Diskussionen zu den Themen Digitalisierung der Justiz, Entwicklung des Rechtsdienstleistungsmarktes und Pakt für den Rechtsstaat.
Neben der Erörterung des aktuellen Standes der Digitalisierung der Justiz auf Bundes-, Länder- und europäischer Ebene stand auch die bereits erhobene Forderung nach einer Neuauflage des Pakts für den Rechtsstaat auf der Tagesordnung. Dieser muss nach Auffassung der BRAK künftig nicht nur die Anwaltschaft mit einbeziehen, sondern auch um einen Digitalpakt erweitert werden. In der HV herrschte Konsens, dass sich die BRAK weiter aktiv in den Digitalisierungsprozess einbringen soll und nachdrücklich für einen Digitalpakt eintreten wird.
„An einem Digitalpakt führt kein Weg vorbei. Wir brauchen flächendeckend zunächst die technische Infrastruktur, um alle Akteure in die Lage zu versetzen, digital zu arbeiten. Das mit der Digitalisierung verbundene Potential muss dafür genutzt werden, den Zugang zum Recht für alle gleichermaßen zu sichern und zu stärken. Dies setzt die Einbindung der Anwaltschaft in die Umstrukturierungsprozesse und keinen weiteren Abbau von Gerichten voraus.“ betont BRAK-Präsident Rechtsanwalt und Notar Dr. Ulrich Wessels.
Die HV war sich auch darin einig, dass in der neuen Legislaturperiode an die „kleine“ RVG-Reform im KostRÄG 2021 dringend angeknüpft werden und endlich eine regelmäßige Gebührenanpassung sichergestellt werden muss. Wessels hält die bisherige Regelung für nicht weitreichend genug: „Die vergangene RVG-Anpassung war lediglich ein erster wichtiger Schritt, der allerdings lediglich eine Anpassung an die wirtschaftlichen Entwicklungen der letzten sieben Jahre beinhaltete. Es sollte daher in jeder Legislatur eine RVG-Anpassung erfolgen, so etwa durch eine Indexierung, vergleichbar mit der Koppelung der Diäten der Bundestagsabgeordneten an die Entwicklung des Nominallohnindexes. Nur so werden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte wirtschaftlich dauerhaft in der Lage sein, den Zugang zum Recht zu garantieren. Die BRAK wird sich im Interesse der Anwaltschaft nach Kräften für eine neue Anpassung einsetzen.“
Diskussionsbedarf zeigte sich auch beim Thema Bundesliste für Insolvenzverwalter. Obwohl sich die Politik aufgrund der EU-Richtline über Restrukturierung und Insolvenz und auch gemäß dem Koalitionsvertrag der großen Koalition in Zugzwang befindet, hat das BMJV weitere Schritte in die nächste Legislaturperiode gleiten lassen. Derweil hat die von der Berliner Senatsverwaltung für Justiz neu gegründeten Länderarbeitsgruppe „Vorauswahlliste Insolvenzverwalter/innen“ vorgeschlagen, dass eine zentrale nach bundeseinheitlichen Kriterien geführte Vorauswahlliste geschaffen wird, die von einer Bundesbehörde geführt werden soll. Die HV steht diesem Vorschlag kritisch gegenüber, denn er greift in die anwaltliche Selbstverwaltung ein, obwohl hierfür weder Anlass noch Rechtfertigung besteht. Die BRAK hatte zudem bereits in der Vergangenheit konkrete Vorschläge zur Regelung des Berufsrechts der Insolvenzverwalter unterbreitet, an denen sie festhält, da allein die Aufnahme der Insolvenzverwalter in die BRAO sachgerecht und sinnvoll erscheint.
Einen Angriff auf die Selbstverwaltung sieht die Hauptversammlung bei den seitens der EU geplanten neuen Geldwäschevorschriften. Die Rechtsanwaltskammern sind sich der Bedeutung der Geldwäscheaufsicht bewusst und nehmen diese gewissenhaft und mit Sorgfalt wahr. Anlass für neuerliche Maßnahmen sieht die HV nicht.
Die BRAK wird sämtliche Entwicklungen auch in der neuen Legislaturperiode kritisch begleiten und sich im Interesse der Anwaltschaft mit Nachdruck dort einbringen, wo es geboten scheint.
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