Strafverteidiger unter polizeilicher Beobachtung?
Sabine Fuhrmann: „Das ist nicht weniger als ein Frontalangriff auf die freie Advokatur!“
Ein Strafverteidiger unter polizeilicher Beobachtung... klingt irgendwie nach Türkei oder USA, passierte aber leider in Leipzig.
Zwei ranghohe Polizeibeamte der Kriminalpolizeiinspektion Leipzig haben sich schriftlich bei zwei Strafkammern des Landgerichts Leipzig angemeldet für Verhandlungstage, in denen ihre Kollegen als Zeugen aussagen sollen – nicht als Zuschauer, sondern ausdrücklich als Prozessbeobachter. Zu welchem Zweck? Die Prozessbeobachtung sei „angezeigt, aufgrund von unzutreffenden Drohungen und Unterstellungen durch den Verteidiger gegenüber einem Beamten im vorausgehenden Verhandlungsverlauf“. Außerdem kündigten sie an:„Bei einem erneuten Auftreten würden sie ein derartiges Verhalten dokumentieren“.
An einer öffentlichen Verhandlung teilnehmen und damit das Prozessgeschehen beobachten kann grundsätzlich jeder – allerdings nicht mit der Message: „Wir passen auf, was der Anwalt sagt.“
Wenn die Exekutive als Kontrolleur der Anwaltschaft auftritt, dann wird der Verteidiger unter Generalverdacht gestellt. Das beschädigt die Waffengleichheit – und damit einen Grundpfeiler rechtsstaatlicher Verfahren.
Die Ankündigung einer solchen Prozessbeobachtung ist mehr als ungewöhnlich. Das ist ein stiller Einschüchterungsversuch – mitten im Gerichtssaal. Ereignisse, über die wir dringend sprechen und die wir sichtbar machen müssen.