BGH zu beA

Berufung ging an falsches Gericht – Fristversäumnis verschuldet

Anwältinnen und Anwälte sind verpflichtet, selbst zu überprüfen, ob beim beA-Versand auch das richtige Gericht adressiert wurde, so der BGH.

08.06.2023Rechtsprechung

Anwältinnen und Anwälte müssen Schriftsätze vor Absendung über das beA sorgfältig auf Vollständigkeit und damit auch auf die richtige Bezeichnung des Gerichts hin überprüfen. Das gilt auch, wenn sie die Anfertigung der Rechtsmittelschrift Angestellten übertragen haben. Passieren hier Fehler, haben sie das Fristversäumnis zu verschulden. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden (Beschl. v. 26.01. 2023, Az. I ZB 42/22).

Der Anwalt in diesem Fall hatte eine Mitarbeiterin angewiesen, eine Berufungsschrift für ihn in der elektronischen Anwaltsakte zu erstellen. Diese delegierte die Aufgabe jedoch an eine Auszubildende. Die wiederum machte einen Fehler und adressierte die Schrift statt ans Oberlandesgericht (OLG) an das Landgericht (LG). Der Anwalt kontrollierte den Schriftsatz zwar, übersah jedoch den Fehler in der Adressierung. Daher versandte er den so vorbereiteten Schriftsatz schließlich am 28.12.2021 per beA – um 18:50 Uhr, einen Tag vor Fristablauf am 29.12.2021. Das LG leitete ihn nicht rechtzeitig weiter, sodass die Frist versäumt war. Einen Antrag auf Wiedereinsetzung wies das Berufungsgericht zurück, wogegen sich seine Rechtsbeschwerde wandte.

BGH: Fristversäumnis ist dem Anwalt anzulasten

Vor dem BGH trug der Kläger vor, es überspanne die Sorgfaltspflichten seines Rechtsanwalts, wenn von ihm verlangt würde, alle beA-Schriftsätze vor dem Absenden selbst noch einmal auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Es existiere außerdem eine zentrale gemeinsame Briefannahmestelle der beiden Gerichte und es könne vermutet werden, dass dies auch noch nach Einführung des beA der Fall sei, sodass ein beA-Schriftsatz zugleich an das OLG als zugegangen gelte. Selbst wenn dies nicht der Fall sei, hätte das Gericht die Berufungsschrift noch am 29.12.2021 ans OLG weiterleiten können.

Der BGH ließ sich von diesen Argumenten jedoch nicht überzeugen und verwies stattdessen auf seine bisherige Rechtsprechung, die sich mit dem beA nicht geändert habe. Zwar dürfe der Rechtsanwalt solche Aufgaben seinen Mitarbeitenden übertragen. Er sei dann aber verpflichtet, das Arbeitsergebnis und damit einhergehend auch die Adressierung selbst sorgfältig zu überprüfen. Weil hier die Kontrolle offensichtlich nicht gründlich genug war, habe er den Fehler zu verschulden.

Auch habe der Anwalt nicht darauf vertrauen dürfen, dass der beim LG eingereichte Schriftsatz noch rechtzeitig an das OLG weitergeleitet werde. Falsch adressierte Gerichte seien lediglich verpflichtet, den Schriftsatz im ordentlichen Geschäftsgang an das Rechtsmittelgericht weiterzuleiten. Gehe der Schriftsatz aber erst einen Tag vor Fristablauf beim unzuständigen Gericht ein, sei eine solche Geschwindigkeit von den Gerichten aber nicht zu erwarten und könne – unabhängig von eventuellen technischen Möglichkeiten - auch nicht verlangt werden. Auch habe das LG den Kläger bzw. seinen Anwalt nicht sofort über den Fehler unterrichten müssen.